Unternehmen geben für externe Services zirka 60 Prozent ihres IT-Budgets aus. Tendenz steigend. Daraus resultieren wachsende Anforderungen an das Management und die Steuerung von komplexen und vielschichtigen Sourcing-Szenarien. In der Vergangenheit lag die Verantwortung zur Provider-Steuerung häufig bei Spezialisten mit technischem Hintergrund.
Das reicht heute nicht mehr aus, um die ganze Bandbreite an Delivery-Modellen vom Outsourcing über Managed Services bis hin zu Cloud Computing zu verstehen, bewerten und erfolgreich zu lenken. Nur mit einem professionellen Vendor und Sourcing Management (VSM) und speziell ausgebildeten Mitarbeitern stellen IT-Verantwortliche sicher, dass sie Verträge und Vertragserfüllung im Griff haben.
Sourcing-Landschaft erfordert breiter aufgestellte Skills
Viele Unternehmen nutzen heute Multi-Sourcing Szenarien. Allerdings sind die Kosten für das Management oftmals deutlich höher als bei klassischen Outsourcing-Verträgen. Zudem erfordern kürzere Vertragslaufzeiten personelle Ressourcen für kontinuierliches Risk Management, Due Dilligence und Reporting. IDC empfiehlt, die Skills in folgenden Segmenten zu entwickeln: Vertragsgestaltung, Technologie und Soft Skills.
Skills mit einem Vendor und Sourcing Management Office entwickeln
Eine Verbesserung der Skills muss unbedingt mit organisatorischen Maßnahmen einhergehen, damit auch langfristig und vor allem zielgerichtet Fähig- und Fertigkeiten verbessert werden können. Das Vendor und Sourcing Management Office (VSMO) ist eine solche organisatorische Einheit, mit der Unternehmen den Reifegrad ihres Providermanagements erhöhen können. Das VSMO wird aus Mitarbeitern der Bereiche IT, Procurement, Finance, Legal, strategisches Projektmanagement, Audits sowie Risk und Compliance gebildet. Ziel des VSMO mit den klassischen Methoden von Lebenszyklus- und Reifegrad-Modellen das Vendor und Sourcing Management kontinuierlich und nachhaltig zu verbessern.
Auf diese Skills kommt es an
Wir wollen uns in diesem Kontext die drei Bereiche Vertragsgestaltung, Technologie und Soft Skills näher anschauen. Skills sind in vielen Unternehmen zweifelsohne vorhanden. Aber häufig dürfte es den Unternehmen schwerfallen, das Wissen regelmäßig zu verbessern und vertiefen und auf einem aktuellen Stand insbesondere in Bezug auf neue Lösungsansätze und Delivery-Modelle zu halten. Das VSMO bietet hier umfassende Hilfestellung.
Skills zur Vertragsgestaltung
Sourcing-Entscheidungsfindung: Hier geht es um die Frage, in welchem Umfang Sourcing die Business Strategie prägen soll. Die mögliche Bandbreite ist sehr groß und kann immer nur im Einzelfall entschieden werden.
Vendor Relationship Management: Basiert im Wesentlichen auf den relevanten und spezifischen Tools, Metriken und Kennzahlen für die verschiedenen Stakeholder im Unternehmen.
Sourcing Market Intelligence: Wissen über Sourcing-Trends im Markt und bei den Providern ermöglicht das Auffinden von Alternativen und somit besseren Vertragsbedingungen und Leistungserbringung.
Risiko Management: Die Komplexität des Themas erfordert prozessspezifische Risk Management Vorgehensweisen unter Berücksichtigung von Compliance, geografischen Rahmen-bedingungen, Technologie, Datensicherheit, Disaster Recovery und Cloud Computing.
Technische Skills
Vendor Integration: Aus Technologieperspektive ist sicherzustellen, dass Service Delivery von einer Vielzahl vom Providern kohärent und stringent in den Business Workflow eingebunden werden.
Performance Management: Alle Beteiligen benötigen auf sie zugeschnittene Zahlen- und Analysewerke. Während Projektmanager und LOB-Verantwortliche eher Wert auf Monitoring-Zahlen aus den operativen Prozessen legen, sind auf dem Executive Level eher integrierende Dashboards relevant.
Soft Skills
Influencing: Ein Unternehmen muss in der Lage sein alle Sourcing-relevanten Informationen intern den entsprechenden Verantwortlichen zuzustellen. Das VSMO muss hier zielgerichtet und proaktiv vorgehen.
Verhandlungs- und Konflikt-Management: Projektmanager benötigen umfassende Fähigkeiten im Verhandlungsmanagement. Das gilt insbesondere für Multi Sourcing. Hier kommt es mitunter zu ungenügendem Austausch zwischen Providern, die im Wettbewerb miteinander stehen. In diesem Fall muss das Projektmanagement als Schnittstelle fungieren.
Collaboration: Die enge Zusammenarbeit zwischen Provider und Servicenehmer muss gelebt werden und darf nicht nur auf dem Papier bestehen. Auch hier müssen Sie proaktiv agieren.
Governance und Relationship-Management: Während es bei der Collaboration eher auf weiche Faktoren ankommt stehen hier definierte Prozesse und Policies im Vordergrund. Achten Sie auf die, Einhaltung derselben und stellen Sie die Umsetzung sicher.
Wissensmanagement und Training: Sourcing Management ist nur dann erfolgreich, wenn alle Stakeholder immer auf die relevanten und aktuellsten Informationen und Ressourcen zugreifen können. Ermöglichen Sie also diesen Zugriff und "pushen" sie die Information gezielt in die entsprechenden Kanäle.
Die geforderten Fähig- und Fertigkeiten sind also sehr vielfältig und komplex. Eine koordinierte und gezielte Vorgehensweise bei der Speicherung und Bereitstellung von Informationen und Unterlagen verbessert und beschleunigt den Informationsfluss zwischen allen Beteiligten und bietet somit sehr gute Rahmenbedingungen für das Erwerben und Verbessern der Skillsets.
Umsetzung in 3 Phasen
IDC empfiehlt, die Entwicklung und Optimierung von Skills für das Vendor und Sourcing Management in Etappen zu umzusetzen. Aus unserer Sicht haben sich folgende Zeiträume und Maßnahmen bewährt:
Kurzfristig (0-6 Monate)
Identifizieren Sie den Reifegrad Ihrer Vendor und Sourcing Management Kenntnisse, Fähigkeiten und Ressourcen.
Evaluieren Sie vorhandene Formen des Wissensmanagements und -transfers und von Trainings. Holen Sie Vorschläge zur Verbesserung ein.
Starten Sie effiziente Aktivitäten zur Verbesserung der Skills, z.B. durch Workshops.
Greifen Sie auf Führungskräfte und Spezialisten zurück, um High Level Wissen besser in die Organisation streuen zu können.
Definieren Sie langfristig ausgerichtete Anforderungen für Schulungen und Qualifizierungen.
Entwickeln Sie Personen konkret, die Interesse für das anspruchsvolle Themengebiet zeigen.
Mittelfristig (6-18 Monate)
Starten Sie mit den Planungen für ein VSMO, um alle Aktivitäten in Programme und abgestimmte Vorgehensweise zu gießen.
Entwickeln Sie ein neues Wissensmanagement-System, in dem alle Informationen zusammenlaufen
Prüfen Sie, welchen Wert ihnen externe Outsourcing-Experten und Organisationen liefern können.
Überprüfen Sie technische Rahmenbedingungen bei System-Architektur und Provider-Steuerung.
Starten Sie mit formalen Programmen für Schulung und Zertifizierung.
Langfristig (2-3 Jahre)
Installieren Sie ein VSMO als "Center of Excellence", in dem alle weiteren Aktivitäten zur Schulung und Wissensvermittlung gesammelt und gestreut werden.
Schaffen Sie domänenspezifische Kanäle und Communities zum Informationsaustausch.
Entwickeln Sie Fachwissen und Fähigkeiten (Technologie, Prozesse, Vorgehensweisen) kontinuierlich weiter.
Fazit
Sourcing und somit Sourcing-Management verlangen von allen involvierten Bereichen und Personen ein hohes Maß an Professionalität. Dieses gründet sich auf Fachwissen und weitere Skills. Nur wenn Unternehmen hier Prozesse zu Wissenserwerb und Wissensverbesserung implementieren und diese überwachen, werden Sie langfristig mit ihren Providern auf Augenhöhe interagieren können.
Matthias Zacher ist Senior Consultant bei IDC in Frankfurt.