Praktika, Auslandserfahrung, Soft Skills. Wer in die Führungsetagen will, muss das alles mitbringen. Die Vorstände der DAX-Unternehmen haben diese Anforderungen seinerzeit jedoch nicht erüllt.
Praktika während des Studiums, Auslandserfahrung und Soft Skills - all das erwarten Unternehmen heute von Hochschulabsolventen und ganz besonders von Nachwuchsführungskräften. Eine Studie des Beratungsunternehmens Roland Berger und der Universität Innsbruck untersuchte die Ausbildungswege von 181 DAX-Vorständen und verglich sie mit den Anforderungen der Konzerne an künftige Führungskräfte. Dabei zeigte sich, dass die Qualifikationen der Top-Manager in starkem Kontrast zu den Profilen stehen, die Unternehmen von ihren Nachwuchs-Managern erwarten.
Die Mehrheit der befragten Vorstände verfügt über ein Universitätsstudium, Promotion und Forschungserfahrung. 84 Prozent der deutschen DAX-Vorstände haben ein Universitätsstudium abgeschlossen, rund jeder Fünfte von ihnen an einer Elite-Universität. Fast die Hälfte hat im Anschluss an das Studium promoviert. Über einen MBA verfügen nur elf Prozent der Umfrageteilnehmer. Von Nachwuchskräften erwarten Unternehmen heute andere Fähigkeiten: Während nur 20 Prozent der Vorstände von Nachwuchs-Managern eine Promotion erwarten, stufen beinahe 70 Prozent von ihnen den Diplom- oder Masterabschluss als sehr wichtig ein. Damit sind die Vorstände selbst besser ausgebildet als sie es vom Nachwuchs erwarten.
Vorstände können kaum Praktika vorweisen
Auch bei beruflicher Praxis während des Studiums klaffen Vorstandslebensläufe und Erwartungen an den Nachwuchs weit auseinander. Denn praktische Erfahrungen aus Studienzeiten können nur rund 14 Prozent der DAX-Vorstände vorweisen. Gerade auf diese beruflichen Erfahrungen legen Unternehmen bei der Rekrutierung heute viel Wert. Mehr als 80 Prozent der Manager erachten genau solche Erfahrungen als vorteilhaft und erwarten sie von den heutigen Bewerbern, heißt es in der Studienauswertung.
karriere-Irrtümer
In Sachen Bewerbung ... ... kann man viele Fehler machen, wie Karrierecoach Martin Wehrle in seinem "Lexikon der Karriere-Irrtümer" zeigt. Klicken Sie sich durch weiterverbreitete Fehleinschätzungen.
1. Je mehr Bewerbungen man schreibt, desto höher der Erfolg Blinde Schüsse mit der Schrotflinte, auch „Blindbewerbung“ genannt, bringen wenig. Eine Topbewerbung ist ein maßgeschusterter Aschenputtel-Schuh: Sie darf nur an den Fuß dieser einen Firma passen.
2. Wenn gewünscht, sollte ich meine Gehaltsvorstellung im Anschreiben nennen. Wer eine Gehaltsspanne von 30.000 bis 40.000 Euro angibt, verrät dem Unternehmen zweierlei: Erstens wären Sie bereit, den Job für 30.000 Euro zu machen- warum sollte man Ihnen dann mehr bieten? Zweitens scheinen Sie im Vorfeld schlecht recherchiert zu haben; sonst wären Sie in der Lage, ein konkretes Gehalt zu nennen.
3. E-Mails dürfen formlos sein E-Mails vermitteln Botschaften unübertroffen schnell – auch die Botschaft, dass der Absender keine Manieren hat! Unhöflichkeit bleibt Unhöflichkeit, Fehler bleibt Fehler. Und wie steht es damit, kleine Schludrigkeiten durch Smilies zu entschuldigen? Keine gute Idee, denn die Emoticons haben in Geschäftsmails nichts verloren.
4. Ständige Erreichbarkeit wird als Zeichen für hohes Engagement gewertet „Wenn der Chef mich anruft, stehe ich dreißig Sekunden später bei ihm auf der Matte.“ Gut, Sie sind schnell zur Stelle. Aber daraus lassen sich auch andere Schlüsse ziehen. Zum Beispiel der, dass Sie nicht viel zu tun haben, womöglich den ganzen Tag auf Kommandos des Chefs warten.
5. Fortbildungswillige Mitarbeiter sind gern gesehen Der Bewerber war so oft auf Fortbildung, dass seine Qualifikation nur eine winzige Frage offen lässt: Wann hat der Kerl eigentlich gearbeitet? Fortbildungswille ist äußerst gern gesehen, aber nur nach Feierabend, wenn er die Firma keinen Cent und keine Minute kostet. Ansonsten werden Weiterbildungen oft nach den Notarzt-Prinzip vergeben: Man operiert erst, wenn es nicht mehr anders geht.
6. Der autoritäre Führungsstil hat ausgedient Doch unter dem demokratischen Deckmantel verbergen sich oft die Ellbogen autoritärer Führung. Zwar dürfen die Mitarbeiter den Speiseplan in der Kantine und den Bildschirmschoner ihres Computer bestimmen – aber keiner fragt sie, wenn wesentliche Entscheidungen anstehen, etwa ein Umzug, eine Fusion, eine Änderung der Geschäftsstrategie.
7. Manager haben einen sichern Job Was haben Militärpiloten und Topmanager gemeinsam? Den Schleudersitz! CEO´s sind nicht nur Meister im Entlassen sondern auch im Entlassenwerden! Im Jahr 2006 räumte weltweit fast jeder siebte CEO seinen Sessel, in Europa sogar jeder sechste – eine Hälfte „unfreiwillig“, die anderen im gegenseitigen Einvernehmen.
Viele Arbeitgeber suchen Querdenker mit Unternehmergeist und wünschen sich deshalb Nachwuchskräfte mit Soft Skills wie Entrepreneurship (27 Prozent) und Kreativität (23 Prozent). Nur vier Prozent der DAX-Vorstände haben in ihrem Leben schon einmal eine Geschäftsidee umgesetzt. Alle Top-Manager haben sich über ihr Studium hinaus engagiert, etwa an der Universität oder im sozialen Bereich. Allerdings haben sie dies weit weniger stark getan, als man es heute von ihnen erwarten würde.
Lieber breites Studium als MBA
Auch bei der Auslandserfahrung unterscheidet sich der Vorstandslebenslauf von den Wünschen an die Nachwuchs-Manager. Mehr als ein Drittel der DAX-Vorstände hat nie im Ausland studiert oder gearbeitet, obwohl 97 Prozent der Befragten einen Auslandsaufenthalt bedeutend finden, um Management-Anforderungen zu erfüllen.
soft skills
1. Kommunikative Kompetenz Ihre Kommunikationsfähigkeit hilft Ihnen, Konsens herzustellen und Verständnis für Ihre Ziele und Wünsche zu erzeugen.
2. Selbstbewusstsein Selbstbewusst bedeutet unter anderem, sich selbst bewusst wahrzunehmen, die eigenen Stärken und Schwächen zu kennen.
3. Einfühlungsvermögen Wer empathisch ist, kann andere leichter von seiner Sache überzeugen.
4. Teamfähigkeit In jeder Stellenanzeige ist Teamfähigkeit gefordert. Teamfähig zu sein bedeutet unter anderem, seine Rolle im Team zu erkennen und sich entsprechend der an diese geknüpften Erwartungen zu verhalten.
5. Kritikfähigkeit Kritikfähig zu sein bedeutet nicht nur, Kritik zu üben (fair, sachlich), sondern auch Kritik annehmen, reflektieren und entsprechend umsetzen zu können. Besonders in Teams, Projekten und in Führungssituationen spielt der Umgang mit Kritik eine entscheidende Rolle.
6. Analytische Kompetenz Wenn Sie Ihre analytischen Fähigkeiten trainieren, sind Sie in der Lage, Situationen rasch zu erfassen und entsprechend schnell zu reagieren.
7. Vertrauenswürdigkeit Vertrauen ist die Erwartung, sich in kritischen Situationen auf den anderen verlassen zu können.
8. Selbstdisziplin/Selbstbeherrschung Wer sich nicht selbst beherrscht, bleibt immer Knecht. Nur wer sich selbst im Griff hat, kann andere überzeugen.
9. Neugierde Neugierde ist die Voraussetzung für Kreativität.
10. Konfliktfähigkeit Nur wenn Sie andere Auffassungen akzeptieren können und sich offen mit Ihren Mitmenschen auseinander setzen, leben Sie ein selbstbestimmtes Leben.
11. Durchsetzungsvermögen Sich angemessen durchzusetzen bedeutet zu überzeugen, statt zu überreden - oder zu zwingen. Überzeugt folgen Ihnen andere gern auf Ihrem Weg.
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Die für die Studie befragten DAX-Vorstände fürchten, dass High Potentials einander immer ähnlicher werden, auch wenn sie formal besser würden. Sie wünschen sich ein breites, konzeptionell fundiertes Studium anstelle einer Konzentration auf Fallstudien wie bei der MBA-Ausbildung. Die Studienautoren raten Unternehmen, ihre Rekrutierungsstrategie und ihr Anforderungsprofil zu überdenken und nicht von einem Extrem ins andere zu fallen. "MBA-Abschlüsse mit ihrem starken Praxisbezug haben zweifellos einen sehr hohen Stellenwert für die Ausbildung künftiger Führungskräfte. Aber das akademische Vollstudium sollte nicht vergessen werden", warnt Studien-Autor Torsten Oltmanns von Roland Berger. Um die Stärke und den Wettbewerbsvorteil in Deutschland zu erhalten, den die Studienautoren vor allem in der breiten akademischen Ausbildung der Vorstände sehen, müssten das Bildungssystem und die Rekrutierungsstrategien flexibler gestaltet werden.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation CIO. (sjf)