Der Grund dafür ist auch klar: Messen eignen sich nicht zur Informationsvermittlung. Wer auf eine Messe wie die Systems geht, um sich inspirieren zu lassen, der wird untergehen. Obwohl die Zahl der Aussteller auf eine überschaubare Größe von 1300 gesunken ist, so kann sich immer noch kein IT-Verantwortlicher leisten, an den verbleibenden Ständen vorbei zu schlendern und sich neue Produkte vorführen zu lassen. Der Nutzen eines solchen Vorgehens ist ohnehin zweifelhaft.
Früher gab es einmal EDV-Leiter, die sich genau so ihre Marktübersicht verschafft haben: Großer Messestand - toll. Schicke IT-Lösung - prima, ein Problem dafür finden wir auch noch. Gott sei dank haben derlei Strategen mittlerweile ihre Verantwortung abgegeben. Die letzten davon sollen im Jahr 2000 auf der Cebit gesichtet worden sein. Wer heute auf eine Messe geht, ist anders motiviert. Geld für technische Spielereien hat er eh nicht mehr. Und für die Probleme seines Unternehmens hat er die Lösungen bereits im Internet vorsondiert. Die nötige Marktübersicht liefern einschlägige Zeitschriften - CIO, zum Beispiel.
Anbieter wie HP haben dieses veränderte Verhalten längst erkannt. Anstelle von Messeauftritten will die Hardware- und Services-Company künftig mit Fachausstellungen und Anzeigen in Zeitschriften werben. Microsoft geht vorsichtig in die gleiche Richtung: Zwar ist am Montag auf der Systems das neue Office 2003 präsentiert worden. Der offizielle Launch findet jedoch erst am Dienstag in Wiesbaden statt. Darin zeigt sich ein Trend: Wer ein großes Medienereignis braucht, initiiert sich eines. Wo, ist einerlei; Veranstaltungsorte verlieren an Bedeutung.
Bernhard Rohleder, Vorsitzender der Geschäftsführung des Bitkom, hat anlässlich der schlappen Veranstalterzahlen auf der Systems auf die Zukunft der ITK-Branche (Informationstechnik und Telekomunikation) verwiesen: "Bis Ende 2003 werden die Umsätze in Westeuropa voraussichtlich um ein Prozent auf rund 590 Milliarden Euro steigen. Im nächsten Jahr soll sich das Nachfragewachstum mit einem Plus von 3,1 Prozent weiter beschleunigen." Dieses Wachstum wird sich jedoch nicht in Messeständen ausdrücken. Wenn dem so wäre, hätte die Systems in diesem Jahr bereits ein Prozent Zuwachs haben müssen und nicht 20 Prozent Minus.
Aber das Wachstum der IT-Branche kann in ein besseres Networking investiert werden. Wenn die Messen diesen Wandel nicht verschlafen, können sie durchaus davon profitieren. Beispiel: Die Executive Lounge von Computerwoche und CIO taucht in der Statistik der Systems zwar nur als ein Stand auf. Tatsächlich profitiert die Messe jedoch weitaus mehr davon als von einem einzelnen Anbieter mit Messerepräsentanz. In der Executive Lounge ist gewährleistet, dass IT-Verantwortliche nicht von der Masse an Information zu einem Anbieter erschlagen werden, sondern gezielt Wissen zu einem Thema erlangen. Dies ist der Weg, auf dem Messen ihr Dasein rechtfertigen können - wenngleich sie kein Wachstum damit erzielen werden. Die Ära der Großmessen, wie wir sie kennen, geht eben dem Ende zu.