Wer einen komplett neuen Standort plant, kann sich von Beginn an alle Vorteile integrierter Sprach- und Datennetze zunutze machen. Ein Beispiel dafür ist die Hauptniederlassung von Siemens' Netzwerksparte ICN im kalifornischen San Jose (siehe Foto auf der folgenden Seite): Etwa 1000 Menschen arbeiten hier in den Bereichen Produktmanagement, Entwicklung, Test, Verkauf, Marketing oder Personalmanagement. Sie alle sollten in den neu entstehenden Gebäuden über ein extrem benutzerfreundliches, integriertes IP-Netz miteinander kommunizieren. Neben dem Anspruch, alle Vorteile von VoIP nutzbar zu machen, sollte das System den Kundendienst dauerhaft vereinfachen und verbessern, und das alles bei einem schnellen Return on Investment.
Herz der Anlage sind zwei „HiPath 5000“-Softswitches, die die Sprachanwendungen sämtlicher User steuern. Auf deren Schreibtischen stehen IP-Telefone, oder auf den PCs sind Soft Clients installiert, Programme, die Telefone vollständig nachbilden. Entscheidend ist, dass in beiden Fällen zu jedem Schreibtisch nur noch ein Kabel führt, über das sowohl Datenverkehr als auch Telefonie abgewickelt werden. Besonders die eingesetzten Soft Clients sorgen für Mobilität: Mitarbeiter greifen von unterwegs mit dem Laptop auf das Firmennetz zu und können mit dem Soft Client alle Telefonfunktionen des HiPath-Systems nutzen.
Voraussetzung für die fehlerfreie Nutzung all dieser Features ist eine leistungsfähige Netzwerkarchitektur. Siemens verwendete dabei Standardkompenenten und kreierte damit ein modulares System: Die Kommunikation aller Büros und Konferenzräume läuft über ein Local Area Network (LAN) im Ethernet-Standard. Dabei bildet jedes Stockwerk eine eigenständige Netzeinheit. Über IP-Switches sind diese Unternetze miteinander und gleichzeitig mit dem LAN-Backbone verbunden. Das Zusammenschalten von Sprache und Daten wurde für jede Etage einzeln vorgenommen, die dabei gemachten Erfahrungen verbesserten den Prozess Schritt für Schritt.
Telefonieren auch bei Stromausfall
Der modulare Aufbau der Infrastruktur sollte zudem zur Ausfallsicherheit beitragen: Ziel war es, die übliche
99,999-prozentige Zuverlässigkeit herkömmlicher Telefonanlagen zu erreichen. Voraussetzung dafür ist erstens eine sichere Stromversorgung: Im Siemens Skyport verband man über das LAN-Netzwerk sämtliche Apparate mit einer Notstromanlage, die dafür sorgt, dass Telefonieren auch dann noch möglich ist, wenn ansonsten das gesamte Gebäude ohne Strom ist. Der Praxistest dieser Technik ließ nicht lange auf sich warten: Während der ersten drei Monate in der neuen Niederlassung fiel wegen technischer Probleme des regionalen Versorgers zweimal die Energieversorgung total aus, Telefonieren blieb aber weiterhin möglich.
Zweitens hängt die Zuverlässigkeit der Anlage von der Ausfallsicherheit des Datennetzes ab. Der viel zitierte Satz, dass maximal zehn Minuten Downtime immer akzeptabel sind, durfte nicht mehr gelten. Und das Herunterfahren von Servern zu üblichen Bürostunden musste der Vergangenheit angehören - selbst wenn es sich dabei nur um eine Minute handelte.
Die Wartung der Anlage wird auf Dauer dadurch erleichtert werden, dass die gesamte Sprach- und Datentechnik in einem einzigen Raum zusammengefasst ist.
Nicht alle Einsparungen sind messbar
Allerdings soll die Schaffung einer integrierten Infrastruktur nicht nur dazu dienen, den Siemens-Managern oder Servicetechnikern die Arbeit zu erleichtern. Ziel ist es auch, damit die Produktivität zu steigern, etwa in den Bereichen Kundenservice und Helpdesk, die ebenfalls in der neuen Hauptniederlassung am Flughafen von San Jose beheimatet sind. Um hier die Performance zu verbessern, braucht es nicht unbedingt die Integration von Sprache und Daten: Schon einige im HiPath-Umfeld gebotene Lösungen vereinfachen die Kommunikationsprozesse erheblich. Das Unified-Messaging-Programm „HiPath Xpressions“ etwa führt alle Arten von Nachrichten - Faxe, E-Mails und Anrufe - auf einer einzigen Plattform zusammen und kann sie auf einer vertrauten Oberfläche wie Microsoft Outlook darstellen.
Bei weitem nicht alle Einsparungen, die sich durch den Aufbau eines solchen Netzes ergeben, lassen sich im Rahmen einer normalen ROI-Rechnung quantifizieren (siehe Artikel dazu). Oder jedenfalls nicht vorab. Im Siemens Skyport kann zum Beispiel jeder Mitarbeiter ohne Unterstützung von Technikern den Schreibtisch wechseln. Er nimmt einfach sein Telefon mit und stöpselt es am neuen Arbeitsplatz in das Netzwerk. Das Gerät wird erkannt, die zugewiesene Nummer und alle individuellen Einstellungen bleiben erhalten.
Kurzfristig gehen die Skyport-Macher davon aus, dass das IT-Helpdesk den Mitarbeitern verstärkt dabei helfen muss, sich mit der neuen Technik vertraut zu machen. Auf der anderen Seite wird das Support-Team aber von vielen simplen Alltagsarbeiten entlastet werden, zum Beispiel dadurch, dass keine separaten Voice- und E-Mail- Server mehr notwendig sind. Die mittelfristig entstehenden Freiräume sollen verstärkt für Planung und Konzeption genutzt werden.
Der Weg zu neuen Business-Modellen
Insgesamt gab das Skyport-Projekt Siemens auch im Sinne seiner Kunden die Möglichkeit, sämtliche Features, die eine Konvergenzarchitektur bieten kann, ausführlichen Praxistests zu unterziehen. Dazu gehören auch die aktuellsten Innovationen wie schnurlose IP-Telefone oder von Siemens weiterentwickelte Internet-basierte Kommunikationsanwendungen wie Messaging oder Video Conferencing.
Aus Sicht des Unternehmens ist die IP-Architektur im Skyport-Center der erste Schritt auf dem Weg zum „Business over IP“. Es geht darum, eine Technik weiter zu perfektionieren, die schon heute sämtliche Arbeitsabläufe eines Unternehmens revolutioniert und auch dadurch den Weg zu ganz neuen Business-Modellen ebnet.