Zu Zeichnungen auf Papier vertritt Aberdeen eine klare Meinung: "Sie waren der Lebenssaft für die Produkt-Entwicklung im vergangenen Jahrhundert." Tempi passati, seit sich IT in allen Aspekten des Lebens durchgesetzt hat.
Wer nach wie vor mit derart veralteten Techniken arbeitet, braucht sich über die Einordnung als "laggard" von Seiten der Analysten nicht zu wundern. Die "Best-in-Class"-Firmen, also die Musterschüler, haben diese Nachzügler um Längen überholt und erreichen für mindestens 91 Prozent der Produkte die Ertrags-, Kosten- und Qualitäts-Ziele. Den rückständigen Unternehmen gelingt das nur zu einem Drittel.
Beträchtliche Unterschiede tun sich bereits in der Entwicklung von Prototypen auf. Aberdeen unterscheidet hier verschiedene Komplexitätsstufen. Bei der niedrigsten geht es um Produkte mit weniger als 50 einzelnen Teilen, deren Entwicklung zwischen einer Woche und einem Jahr dauert. Hier benötigen die digitalen Vorreiter im Schnitt 13 Tage und 7.600 US-Dollar weniger als die Konkurrenz, bis der Prototyp existiert.
Die höchste Kategorie besteht aus 1.000 bis 100.000 Teilen und reift zwischen einem und 20 Jahren heran. Die Musterschüler sparen gegenüber den Nachzüglern 99 Tage und 1,2 Millionen Dollar ein.
In den weiteren Etappen der Produkt-Entwicklung geht die Schere immer weiter auseinander. Vollständige Digitalisierung der Prototypen bedeutet ja auch die Möglichkeit, Modelle recht problemlos überarbeiten zu können. Die Vorreiter können Veränderungen flexibler umsetzen, die Fehlerquote ist ohnehin niedriger. Sie gelangen im Schnitt um 51 Tage früher vom Prototypen zur Marktreife als Nachzügler. Bei komplexen Produkten macht das bei den Kosten der Produkt-Entwicklung noch einmal einen Unterschied von 32.000 Dollar, bei schlichter Ware stehen immerhin 8.000 Dollar auf dem Spiel. Ein Viertel der Best-in-Class-Firmen nutzt Modelle bereits in der Konstruktionsphase als Grundlage für den Herstellungsprozess. Von den Laggards tun das nur fünf Prozent.
Vorreiter informieren ihre Kunden mit elektronischen Formularen
Im Zusammenspiel von Entwicklung und Fertigung setzen 31 Prozent der Musterunternehmen ausschließlich auf elektronische Kommunikation, aber nur 23 Prozent der Nachzügler. Gleich hoch liegt in beiden Gruppen erstaunlicherweise der Anteil derer, die immer noch ausschließlich dem Papier vertrauen: jeweils knapp zwei Fünftel. Das heißt, dass auch mit konservativen Methoden Erfolg möglich ist. Nicht zu funktionieren scheint allerdings eine Mischung aus aufgeschriebener und digitaler Kommunikation. Von den besten Performern arbeitet damit kein einziger.
Digitale Potenziale schlummern ferner in der Information der Kunden. Bei den Vorreitern hat klassische Mund-zu-Mund-Propaganda völlig ausgedient. Sie bevorzugen beispielsweise elektronische Formulare (33 Prozent) oder Workflows (19 Prozent) und verfügen entsprechend über Systeme zum Product Data Management (PDM) oder Product Lifecycle Management (PLM). Als Kommunikationsmittel scheint sich hier E-Mail weniger zu bewähren. Mit 36 Prozent ist es das bevorzugte Medium der Laggards.
Aberdeen empfiehlt fünf Dinge, um die Produkt-Entwicklung digital zu optimieren:
in der Design-Phase digitale Modelle mit automatisierten Darstellungen verwenden,
physische Prototypen durch digitale ersetzen,
Vorlagen ausschließlich digital an die Fertigung geben,
von Beginn an die produktionstechnische Machbarkeit mit einkalkulieren,
den Kunden das neue Produkt auf elektronischem Wege vorstellen und dadurch Verzögerungen vermeiden.
Aberdeen präsentiert seine Analysen in der Studie "The Digital Product Development Benchmark Report".