Bernd Schlömer und sein Team wollen in Sachsen-Anhalt die Verwaltungsprozesse für die Bürger digital optimieren. Schüler und Studenten konnten davon bereits in einem Pilotprojekt profitieren.
CIO des Jahres 2023
Finalist, Kategorie Public Sector
Etwa 80 Prozent der Bevölkerung Sachsen-Anhalts lebt in ländlichen Räumen. Da kann der Weg zum nächsten Bürgeramt schon mal zum Tagesausflug werden. In sieben Jahren soll das endgültig der Vergangenheit angehören. "Wir wollen bis zum Jahr 2030 flächendeckend digitalen Bürger- und Unternehmensservice und Dienstleistungen medienbruchfrei, interoperabel sowie nutzerorientiert zur Verfügung stellen können" sagt Bernd Schlömer, Staatssekretär für Digitales und CIO von Sachsen-Anhalt.
Für die Umsetzung dieser Mammutaufgabe arbeitet der IT-Chef mit rund 100 IT-Mitarbeitenden zusammen. Sein Budget beträgt 232 Millionen Euro für das Jahr 2023. Bis zum Jahr 2027 stehen ihm außerdem 500 Millionen Euro als Sonderbudget zur Verfügung, die er vorwiegend dafür verwenden kann, digitale Infrastruktur, Netze und IT aufzubauen und zu aktualisieren. "In den kommenden Jahren werden unsere Kommunen zu 'smarten' Regionen zusammenwachsen und in einem intelligenten, digitalen Sachsen-Anhalt daten- und nutzergetrieben miteinander vernetzt sein. Davon profitieren unsere ländlich geprägten Regionen", formuliert der CIO seine Vision.
Zeitdruck durch politische Entscheidungen
Die Modernisierung betrifft die internen Systeme und Abläufe, auf denen die Angebote für die Bürger aufsetzen. Dabei muss Manches schneller umgesetzt werden als vielleicht im ersten Schritt geplant. Vor allem, wenn es um finanzielle Unterstützung oder Hilfen des Staates an die Bürger geht. "Die gesellschaftlichen Erwartungen bei der Verwaltungsdigitalisierung sind hoch, die Umsetzungserfolge stellen sich demgegenüber schleppend ein", konstatiert Schlömer in diesem Zusammenhang.
"Wir haben alles da, was für erfolgreiche Digitalisierung notwendig ist: die Technologie, das Know-how - was ein wenig fehlt: Mut bei den Führungskräften, Digitalprojekte anzunehmen und zu verantworten." Bernd Schlömer
Eines dieser Beispiele war die Einmalzahlung der Energiepreispauschale an Studierende und Schüler in Höhe von 200,00 Euro, die im vergangenen Jahr von Bund und Ländern vereinbart wurde. Geplant war, dass die Auszahlungen an die berechtigten Personen im Winter 2022/23 starten sollte.
Die IT-Chefs der Bundesländer
Denis Alt, CIO von Rheinland-Pfalz Denis Alt ist neuer Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung. Der bisherige IT-Chef des Landes, Feodor Ruhose, wird Chef der Staatskanzlei.
Markus Richter, Bundes-CIO BAMF-Vizepräsident Markus Richter ist Bundes-CIO. Er löste Klaus Vitt ab, der Ende April 2020 in den Ruhestand ging.
Christian Pfromm, CDO von Hamburg Christian Pfromm ist seit Januar 2018 neuer CDO der Stadt Hamburg Sein genauer Titel lautet: "Chief Digital Officer / Leiter des Amtes für IT und Digitalisierung". Der CDO berichtet an den 1. Bürgermeister der Stadt Hamburg und an den Chef der Senatskanzlei. Zuvor war Pfromm von Juni 2011 bis Dezember 2017 Group CIO der BHF-Bank AG. CIO Jörn Riedel berichtet an ihn.
Bernd Schlömer, Landes-CIO von Sachsen-Anhalt Bernd Schlömer ist seit Oktober 2021 CIO des Landes Sachsen-Anhalt. Er folgte auf Rüdiger Malter, der das Amt seit April 2020 innehatte.
Hartmut Schubert, CIO in Thüringen Hartmut Schubert ist seit Dezember 2014 Staatssekretär im Thüringer Finanzministerium. Der Titel CIO kommt in der „Richtlinie für die Organisation des E-Government und des IT-Einsatzes in der Landesverwaltung des Freistaats Thüringen“ nicht vor. Dennoch erfüllt Schubert, der Beauftragte des Freistaats Thüringen für E-Government und IT, genau die Aufgaben und die Funktion des CIO. Mit dem Kabinettbeschluss der Richtlinie vom 7. Juli 2015 erhält Thüringen deshalb als letztes Bundesland einen Landes-CIO.
Thomas Popp, Staatssekretär für Digitale Verwaltung und Verwaltungsmodernisierung als Mitglied der Sächsischen Staatsregierung (CIO) Im Januar 2020 ernannte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) CIO Thomas Popp zum Staatssekretär für Digitale Verwaltung und Verwaltungsmodernisierung als Mitglied der Staatsregierung (CIO). Popp war bisher Landes-CIO in Sachsen.
Ina-Maria Ulbrich, Staatsekretärin, Mecklenburg-Vorpommern Ina-Maria Ulbrich ist seit November 2016 Staatsekretärin im neu geschaffenen Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern. Aus "Landesentwicklung" wurde nun "Digitalisierung". Die Juristin wurde 2002 Regierungsrätin und Referentin im Umweltministerium, beim Landkreis Ostvorpommern und im Wirtschaftsministerium. Von 2006 bis 2008 leitete sie das Büros des Ministers für Verkehr, Bau und Landesentwicklung, von 2008 bis 2011 war Ulbrich Leiterin des Büros des Ministerpräsidenten. Ulbrich vertritt das Land auch im IT-Planungsrat.
Ralf Stettner, CIO in Hessen Ralf Stettner ist Chief Information Officer und Bevollmächtigter der Hessischen Landesregierung für E-Government und Informationstechnologie (CIO) und folgt damit Patrick Burghardt, der im Januar 2024 das Amt des Oberbürgermeisters von Rüsselsheim übernahm. Stettner hatte von Ende 2018 bis Anfang 2024 die Position des Chief Information Security Officers (CISO) in der hessischen Landesverwaltung inne und war Leiter der Abteilung Cyber- und IT-Sicherheit und Verwaltungsdigitalisierung im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport.
Stefan Krebs, CIO in Baden-Württemberg Seit dem 1. Juli 2015 leitet Stefan Krebs die IT-Geschicke des Landes Baden-Württemberg als Beauftragter der Landesregierung für Informationstechnologie (CIO/CDO). Der Diplom-Verwaltungswirt kennt sich mit Banken und IT-Sicherheit aus. Zu seinen ersten Aufgaben gehörte die Feinplanung für die schrittweise Bündelung der bisher dezentralen IT-Einheiten der Landesverwaltung.
Daniel Sieveke, CIO in Nordrhein-Westfalen Nachdem Andreas Meyer-Falcke Ende 2023 in den Ruhestand ging, hat Nordrhein-Westfalen nun wieder einen IT-Verantwortlichen. Am 14. Mai 2024 entschied das Landeskabinett, die Funktion des Beauftragten der Landesregierung für Informationstechnik (CIO) an Daniel Sieveke zu übertragen.
Sven Thomsen, CIO von Schleswig-Holstein Seit Mitte Juli 2013 lenkt Sven Thomsen als CIO des Landes Schleswig-Holstein die Geschicke des Zentralen IT-Management Schleswig-Holstein (ZIT-SH). Im ZIT-SH sind die Aufgaben der ressortübergreifenden IT- und Finanzensteuerung für alle Fragen der Informations- und Kommunikationstechnologie zentralisiert. Wie auch in Hamburg ist Sven Thomsen nicht Staatssekretär und gehört nicht dem IT-Planungsrat an. Im IT-Planungsrat wird Schleswig-Holstein durch Knud Büchmann, Beauftragter der Landesregierung Schleswig-Holstein für Zentrale IT-, Organisations- und Personalentwicklung vertreten. Seit Mitte 2017 ist Thomsen an das neue Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND) angedockt.
Elena Yorgova-Ramanauskas, CIO im Saarland Elena Yorgova-Ramanauskas, ist seit Juni 2022 Chief Digital Officer (CIO) im Saarland. Seit 2022 ist sie Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie.
Judith Gerlach, Staatsministerin für Digitales in Bayern Die Landtagsabgeordnete und Rechtsanwältin Judith Gerlach (CSU) ist seit November 2018 Staatsministerin für Digitales in Bayern. Das Ministerium wurde neu geschaffen. Das neue Staatsministerium übernimmt die Grundsatzangelegenheiten und die Koordinierung der Digitalisierung Bayerns, die bisher bei der Staatskanzlei angesiedelt waren. Das Ministerium soll sich außerdem um die strategischen Fragen der digitalen Verwaltung kümmern.
Jörn Riedel, CIO von Hamburg Seit 2008 hat Hamburg einen CIO. Den Posten hat seitdem Jörn Riedel inne. Angesiedelt ist er bei der Finanzbehörde der Hansestadt. Beim dortigen Amt für Organisation und Zentrale Dienste ist Riedel Abteilungsleiter für E-Government und IT-Steuerung. Anders als in anderen Bundesländern ist CIO Riedel nicht Staatssekretär - und gehört nicht dem IT-Planungsrat an. Hamburg vertritt in dem Bund-Länder-Gremium der Staatsrat der Finanzbehörde, Jens Lattmann. CIO Jörn Riedel verantwortet derzeit gleich mehrere übergreifende IT-Projekte in Hamburg.
Cornelius Everding, CPIO von Brandenburg In Brandenburg fließen die Fäden in IT-Angelegenheiten nicht bei einem CIO zusammen sondern beim CPIO - dem Chief Process Innovation Officer. Mit dieser Bezeichnung soll die Orientierung an Prozessen betont werden, sagte gegenüber CIO.de Cornelius Everding, der das Amt seit seiner Schaffung im August 2008 innehat. Everding sieht sich nicht als alleine für IT zuständig an, sondern setzt auf einen Dreiklang: Mit dem CPIO kümmern sich um IT-Themen der zentrale IT-Dienstleister von Brandenburg und der sogenannte RIO-Ausschuss, die Runde der Ressort Information Officers. Aktuelles Thema ist das Forschungsprojekt "Stein-Hardenberg 2.0". Der Bund, Hamburg und Berlin, der öffentlich-rechtliche IT-Dienstleister Dataport und das Potsdamer Institut für E-Government bearbeiten die Frage, wie sich das Gemeinwesen mit modernen Werkzeugen organisieren lässt. Den CPIO hat Brandenburg beim Innenministerium angesiedelt. Amtsinhaber Everding ist nicht Staatssekretär, weshalb er - wie Kollegen aus anderen Ländern - nicht im IT-Planungsrat sitzt. Dort spricht Innenstaatssekretär Rudolf Zeeb für das Bundesland.
Hans-Henning Lühr, Staatsrat im Bremer Finanzressort In Bremen ist die CIO-Funktion beim Staatsrat des Finanzressorts angesiedelt, Hans-Henning Lühr. Ihm direkt zugeordnet ist die Stabsstelle "Zentrales IT-Management und E-Government", die von Martin Hagen geleitet wird. Ein aktuelles Projekt der Bremer IT ist der einheitliche "Verwaltungs-PC": Ziel ist eine Standardisierung und die Professionalisierung des IT-Supports über alle Dienststellen hinweg. Im IT-Planungsrat vertritt Lühr Bremen.
Horst Baier, CIO von Niedersachsen Das Land Niedersachsen hat am 20. März 2020 Horst Baier zum IT-Bevollmächtigten ernannt. Formal agiert der 57-Jährige als IT-Bevollmächtigter und leitet die Stabsstelle "Informationstechnik der Landesverwaltung".
Anfang Dezember 2022 haben Bernd Schlömer und sein Team das Projekt EPPSG (Energiepreispauschale für Studierende und Schüler) offiziell übernommen, dessen Lösungen allen Bundesländern und auch dem Bund entgeltfrei zur Verfügung stehen. Zu Beginn lagen allerdings weder eine Übersicht über die zu beteiligenden Ausbildungsstätten noch Listen der Zuwendungsberechtigten vor. Die Hochschulen verlangten zudem für die Abwicklung den Aufbau einer zentralen Auszahlungsplattform. Diese sollte eine manuelle Prüfung der Anträge weitestgehend vermeiden und gleichzeitig Betrugsversuche verhindern.
Bewährtes nutzen, statt Neues zu erfinden
Um die technische Umsetzung von der Beantragung bis zur Auszahlung möglichst rasch gewährleisten zu können, hat das Projektteam auf eine bereits vorhandene Plattform aufgesetzt, welche zuvor zur Auszahlung von Corona-Hilfen verwendet wurde. Gleichzeitig waren die mehr als 4.500 Ausbildungsstätten aufgefordert, Berechtigtenlisten zu generieren. Diese Listen, mit Daten von rund 3,5 Millionen Menschen, wurden dezentral plausibilisiert, verschlüsselt und anschließend zentral bereitgestellt.
Um die Auszahlungen in die Wege zu leiten, erhielten die Berechtigten anschließend ein Token oder einen PIN-Brief. Damit musste sich die Person mittels ihrer persönlichen BundID auf einer zentralen Plattform authentifizieren, um die Auszahlung zu veranlassen. Für berechtigte Schüler und Studierende, die keine deutsche oder europäische Staatsbürgerschaft hatten - und daher auch keine BundID - standen zusätzliche PINs zur Verfügung.Insgesamt hat es ab Projektstart etwa 14 Wochen gedauert, bis die erste offizielle Auszahlung am 15. März 2023 erfolgte. Somit bietet dieses Projekt erstmals einen digitalen Weg, (Einmal-)Zahlungen staatlicher Instanzen an natürliche Personen umzusetzen.
Stolperstein Datenschutz
Der Datenschutz spielt neben den technischen Herausforderungen in diesem Projekt eine große Rolle. Schlömer befand sich dazu in tagelangen kontroversen Diskussionsrunden mit der Konferenz der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern sowie den Vertretern der Landesministerien. "Betrug und Missbrauch bei Nutzung der Plattform sind verschwindend gering. Die wenigen erfolgreichen Versuche - unter zehn Fälle - konnten geklärt und Lücken geschlossen werden. Wir mussten zudem sehr offensiv mit den vergaberechtlichen Herausforderungen umgehen und in wenigen Tagen 'Vertragstatsachen' schaffen. "Versuche der politischen Einflussnahme seitens der Gremien der Kultusministerkonferenz haben aus Sicht des CIOs eine zeitgerechte Projektrealisierung nicht einfach gemacht.
Das sagt die Jury vom "CIO des Jahres 2023"
"Ein erstaunlich rationales Verhalten für eine Behörde und hoher Automatisierungsgrad in einem komplexen Umfeld eines föderalen System", urteilt die Jury vom CIO des Jahres und wählt Schlömer unter die Finalisten in der Kategorie Public Sector. Juror Jens Schulze, CIO vom Universitätsklinkikum Frankfurt, lobt: "Ein interessantes Projekt, an dem man erkennen kann, wie praxisbezogen ein neues Gesetz in die Realisierung gebracht werden kann." Jurorin Sandra Rauch, CIO und CDO von Omnicare, wünscht sich: "Die digitale Auszahlung an Privatpersonen sollte Vorreitermodell in Deutschland sein und Unternehmen von Sonderauszahlungen entlasten." (kf)