CIOs zum digitalen Umbau

Digitaler Aktionismus hilft nicht weiter

12.12.2017 von Alexandra Mesmer
Unter welchen Bedingungen gelingt die digitale Transformation? Einblicke gaben die IT-Chefs des Automobilzulieferers Webasto, des Stahlhändlers Klöckner und der Container-Reederei MSC im Vorfeld der Gala zum "CIO des Jahres 2017".

Digitalisierung ist für Thomas Mannmeusel kein Wert an sich. Schlecht strukturierte Prozesse würden durch Automatisierung schneller, aber nicht besser. "Dumm bleibt dumm", warnte der CIO des Automobilzulieferers Webasto. Er appellierte insbesondere an die Beratungshäuser, die zu oft etwas verkauften, ohne sich vorher die Rahmenbedingungen beim Kunden genau anzusehen. Das beschere Unternehmen vielleicht gute technische Lösungen, nur fehle ihnen das passende Problem dazu.

Thomas Mannmeusel, Webasto: "Mein Job ist es, Wirksamkeit zu erzeugen. Nicht die Technologie, sondern die Geschäftsfähigkeit muss im Vordergrund stehen."
Foto: Foto Vogt

Webasto setzt auf Experimente

Mannmeusel interpretiert seine CIO-Rolle ­anders: "Mein Job ist es, Wirksamkeit im Unternehmen zu erzeugen. Nicht Technologie, sondern Geschäftsfähigkeiten müssen im Vordergrund stehen." Der Automobilzulieferer, der weltweit 12.000 Mitarbeiter an 30 Produktionsstandorten beschäftigt und einen Jahresumsatz von 3,2 Milliarden Euro erwirtschaftet, ver­zichtet auf ein vom Management aufgesetztes Digitalisierungsprogramm. Stattdessen gebe es viele Experimente, die dann gegebenenfalls zu Lösungen reifen, ein Bottom-up-Vorgehen und einen engen Austausch mit den Fachabteilungen.

Letztere müssten früh ins Boot geholt werden, wenn man ein neues Geschäftsfeld schnell erschließen wolle, riet Mannmeusel: "Wir haben im April angekündigt, Ladestationen zu produzieren, und hatten zur IAA im September alle Systeme und Prozesse bereit - vom Webshop, Produktion und Logistik bis zur Installation und Service."

Voneinander lernen sollten auch die weltweiten Produktionsstätten, wenn­gleich hier die Herausforderungen eher in kulturellen Gepflogenheiten als in der Technik zu suchen sind. Traue sich etwa ein Mitarbeiter im japanischen Werk nicht, den deutschen Kollegen, der die gleiche Tätigkeit ausübt, um Rat zu fragen, nütze die beste Übersetzungssoftware nicht.

Dass tradiertes Verhalten nicht von heute auf morgen geändert werden kann, demonstrierte CIO Hubert Hoffmann. Sein Unternehmen MSC Germany transportiert mit 490 Schiffen jährlich 3,2 Millionen Container rund um den Globus. Die zügige Be- und Entladung der Container auf Binnenschiffe, Lastwagen und Güterzüge sei eine hohe Kunst der Logistik. Bis vor Kurzem wurde dies noch mit Frachtpapieren geleistet, die seit 1937 im Prinzip nicht groß verändert wurden.

Hubert Hoffmann, CIO von MSC Germany, erklärte Moderatorin Andrea Thilo, warum er auch Ausbildungsleiter ist: So könne er den Spirit der Digital Natives in allen Abteilungen verbreiten.
Foto: Foto Vogt

Mit großen Widerständen hatte darum Hoffmann zu kämpfen, als er die Kommunikation zwischen MSC und seinen Logistikpartnern Schritt für Schritt zu digitalisieren begann - weg von per Mail verschickten PDFs und hin zu Frachtpapieren in einer Cloud-Sharing-Plattform, die den Partnern einen umfassenden Zugriff erlaubt.

Die neue Art der Zusammenarbeit funktioniert auch deshalb, weil Hoffmann das neue Denken über "Botschafter" im Unternehmen ausbreitet. Zusätzlich zu seiner CIO-Position übernahm er den Posten als Leiter der 100 Auszubildenden: "Hier kann ich angehenden Schifffahrtskaufleuten zeigen, dass man in der IT denken darf." Begeistert verbreiten die Digital Natives diesen Spirit in allen anderen Abteilungen.

Digitallabor entwickelt Industrieplattform

Auch Michael Hilzinger, CIO von Klöckner, hat mit etablierten Strukturen zu kämpfen. In einem Digitallabor in Berlin entwickelt er mit sei­ner inzwischen 70-köpfigen Mannschaft eine offene Industrieplattform für den Stahlhandel, die Kunden, Lieferanten und auch Wettbewerber einbinden will. Volle Rücken­deckung hat er von seinem CEO Gisbert Rühl, der sich sehr offen für Veränderung zeigt. Schwieriger war es jedoch, den Vertrieb vom neuen Portal zu überzeugen. Mittlerweile hat man sich darauf geeinigt, den Umsatz, der über den Webshop generiert wird, den Vertriebsmitarbeitern zuzuschreiben.

Michael Hilzinger, CIO von Klöckner, schilderte, wie sich der Stahlhändler mit Hilfe eines Digitallabors in Berlin neu erfindet.
Foto: Foto Vogt

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