Rechtsberatung und Prozessführung sind traditionell papierlastig, viele Arbeitsprozesse in einer Kanzlei analog. Ein Beispiel für einen solchen Prozess mit hohem Personal- und Papiereinsatz: die Analyse großer Mengen an (unstrukturierten) Daten in Textdokumenten bei der Prüfung einer Unternehmensübernahme, der Aufdeckung von Kartellrechts- oder Compliance-Verstößen.
Dabei müssen große Mengen an Textdokumenten und Korrespondenz auf relevante Informationen gesichtet, ausgewertet und bewertet werden. Diese Arbeit wurde herkömmlich durch den Einsatz einer großen Zahl von Anwälten und Wirtschaftsprüfern in tage- und oft auch nächtelanger Arbeit geleistet. Um sich zu digitalisieren, hat die Wirtschaftskanzlei Noerr, die in ihren 16 Büros in Deutschland, Europa und den USA mehr als 500 Anwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater beschäftigt, 2017 ein Legal Tech Strategy Team gegründet.
Die Hauptaufgabe des Teams: neue Technologien und Trends für die Rechtsberatungsbranche (Legal Tech) zu identifizieren, zu evaluieren und deren Einsatz bei Noerr zu begleiten. Das Team besteht aus IT-Experten, Anwälten, Experten für Knowledge Management und sogenannten Legal Engineers.
Es berät und berichtet in dieser Funktion direkt an das Management der Kanzlei. In den vergangenen 18 Monaten konnten bereits mehrere Projekte umgesetzt werden: etwa zur automatisierten Erstellung von Verträgen und Schriftsätzen sowie der KI-gestützten Analyse großer Dokumentenmengen.
Noerr entwickelt Werkzeuge zur Kollaboration mit Mandanten und evaluiert aktuell den Einsatz einer Legal-Self-Assessment-Plattform in Kooperation mit der AI-basierten SaaS-Plattform BRYTER. Zudem hat die Kanzlei zur Fortbildung ihrer mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen eCampus ausgerollt, die Personalprozesse digitalisiert und ein modernes Dokumentenmanagementsystem eingeführt.
Diese Veränderungen machen sich bereits in den Umsatzzahlen der Kanzlei bemerkbar. Noerr hat zuletzt für 2018 einen Rekordumsatz von rund 250 Millionen Euro erreicht. Ein wesentlicher Faktor für die Umsatzsteigerung ist nach Ansicht der Kanzlei die gestiegene Produktivität - auch vorangetrieben durch die neuen digitalen Prozesse.