Keine Innovation ohne Kollaboration

Digitalisierung muss kollaborativ sein

21.05.2015 von Ima Buxton
Innovationsfähigkeit ist nicht nur eine Frage des technischen Know-hows, sondern auch der Kollaboration. Unternehmen müssen die Voraussetzungen schaffen, verteiltes Wissen effektiv zusammenzuführen. Die Implementierung einzelner kollaborativer Lösungen ist dafür nicht ausreichend.

Die besten Mitarbeiter eines Unternehmens sitzen nicht am selben Standort, oft nicht mal im selben Land oder auf demselben Kontinent. Das Know-how eines Unternehmens verteilt sich vielmehr so weiträumig wie die Standorte, an denen es tätig ist. Die Digitalisierung öffnet für die Zusammenarbeit dieser verstreuten Mitarbeiter ganz neuartige Potenziale, stellte der Münchner Kreis - eine unabhängige Plattform für Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft - bereits 2013 anlässlich des IT-Gipfels fest.

Danach ermöglichen digitale Tools und Technologien vor allem Wissensarbeitern zeitlich, örtlich und inhaltlich erheblich mehr Flexibilität. Zeitverschiebungen und unterschiedliche örtliche Gegebenheiten verlieren dadurch an Bedeutung. Überdies lassen sich bestehende Arbeitsprozesse durch den Einsatz digitaler Tools effektiver und effizienter organisieren und ausführen oder auch gänzlich neu gestalten. Verteilte Teams rücken näher zusammen und können nahezu genauso effektiv zusammenarbeiten als gäbe es die räumliche Distanz nicht - auch ganz ohne Dienstreisen.

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Mattias Ulbrich, CIO AUDI AG

"Wir haben im Bereich der Mobilitätslösungen neue Konzepte entwickelt, die nur mit digitaler Technik möglich sind."

In der digitalisierten Arbeitswelt lässt sich verteiltes Know-how bündeln wie dies mit analogen Arbeitsmitteln niemals denkbar war. Wir nennen dies heute Kollaboration und haben längst erfahren, dass diese moderne Form der Zusammenarbeit einen unverzichtbaren Mehrwert für Unternehmen darstellt. Für Mattias Ulbrich etwa, CIO beim Ingolstädter Automobilhersteller Audi, ist Innovation ohne soziale Kollaboration kaum denkbar: "Wir fördern ganz bewusst die Innovationskultur im gesamten Unternehmen, beispielsweise haben wir einen Innovationspreis für digitale Projekte ausgerufen, um die Kreativität interdisziplinär und international zu fördern", erläutert Ulbrich im Interview mit CIO.de. "Ein sehr schönes Beispiel dafür ist die Social-Media-Plattform, die wir im letzten Jahr eingeführt haben und die diesen Austausch international fördert. Dort werden neue Ideen gemeinsam weiterentwickelt, die dann vielfach in neue Projekte münden, die wir gemeinsam umsetzen."

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Guus Dekkers, CIO Airbus, Interview

"Wir bringen Dinge zum Fliegen"

Und Airbus-CIO Guus Dekkers erläutert, worin er die Bedeutung von Kollaboration für sein Unternehmen sieht: "Wir stellen unseren Ingenieuren Lösungen zur Verfügung, die es ermöglichen, Produkte mit modernsten kollaborativen Methoden zu entwickeln", so Dekkers. "Auf diese Weise verschaffen wir uns einen Wettbewerbsvorteil."

Kollaborative Lösungen haben sich vom nützlichen Tool für die Zusammenarbeit über räumliche und zeitliche Grenzen hinweg längst zu einer strategischen Voraussetzung für Innovation im Unternehmen entwickelt. In dem Analysepapier "Transformation zum kollaborativen Unternehmen" der IDG Business Media GmbH gehen die Autoren daher zu Recht davon aus, dass der Unternehmenserfolg eng mit dem erfolgreichen Wandel zum kollaborativen Unternehmen zusammenhängt: Dabei geht es jedoch um mehr als die Implementierung einzelner sozialer Werkzeuge.

Transformation zum kollaborativen Unternehmen in vier Schritten

Die Autoren des Papiers mahnen daher, dass die erforderliche Transformation nur mithilfe eines ganzheitlichen konzeptionellen Ansatzes gelingen könne. Dafür empfiehlt IDG den Weg über vier strategische Schritte:

Wie weit die Integration realisierbar ist, hängt dabei nicht zuletzt von Kosten, Nutzen und Komplexität ab. Sicher sei jedoch, dass eine nahtlose Kollaboration nur möglich sein, wenn alle Daten schnell, sicher und geräteunabhängig bereit stünden.

Kommentar: Faktor Mensch im Mittelpunkt

von Wilfried Beeck, Gründer und CEO epages GmbH

Nicht nur die Globalisierung, sondern auch der Fachkräftemangel bringt immer mehr Unternehmen dazu, zusätzliche Standorte zu betreiben. Aufgaben werden dezentral verteilt, um die verfügbaren Ressourcen optimal zu nutzen und den wertvollen Mitarbeitern die Freiheit der Standortwahl zu geben. Auch kulturelle Unterschiede zwingen Unternehmen dazu, sich zu öffnen, wenn sie neue Märkte und Kundengruppen erschließen wollen. Selbst innerhalb der nationalen Grenzen kann man diesen Trend sehen, wenn deutsche Weltmarktführer aus der Provinz ihre kreativen Ableger in der hippen Berliner Startup-Szene gründen. Kein Unternehmen kann sich diesem Trend verschließen und weiter eine monolithische Headquarter-Politik betreiben.

Als globaler Anbieter von cloudbasierten E-Commerce-Lösungen haben wir es täglich mit kollaborativen Aufgabenstellungen zu tun. Wir arbeiten verteilt über internationale Standorte in Europa und den USA, um die Anforderungen der Kunden vor Ort zu bedienen. Wenn man die lokalen Facetten mit den Skaleneffekten der Digitalisierungsökonomie in Einklang bringen will, ist es unabdingbar, eine Kultur des Austauschs zu fördern und diese mit Kommunikations- und Groupware-Tools wie Skype, Jira oder Github zu unterstützen. In den standortübergreifenden Teams laufen den ganzen Tag große Video-Screens, so dass man sich im gleichen Büro wähnt wie die Kollegen, die tausende Kilometer entfernt arbeiten.

Gleichwohl erleben wir, dass trotz aller Digitalisierung der Faktor Mensch mit seinem Kommunikationsbedarf nach wie vor im Mittelpunkt steht. Es macht eben doch noch einen Unterschied, ob man den Kollegen etwas über den Schreibtisch hinweg zurufen kann oder sie nur am Bildschirm sieht. Daher versuchen wir in der agilen Entwicklung, die Themen soweit es geht in lokalen Teams zu clustern. Das verbessert den Austausch im täglichen Miteinander und damit die Effizienz. Man kann eben über Skype doch noch nicht gemeinsam zum Mittagessen gehen.