Arvato, Gruner + Jahr, RTL

Digitalisierung steht bei Bertelsmann auf der Agenda

03.04.2016
Europas größter Medienkonzern ist stark mit TV-Sendern oder Büchern. Um insgesamt stark zu bleiben, muss Bertelsmann digitaler werden. Ein guter Anfang sei gemacht, sagt der Konzernchef. Doch der Umbau hat seinen Preis.

Ein dickes, begehbares B wie Bertelsmann steht im Foyer der Berliner Repräsentanz des Medienunternehmens. Die zwei Meter hohe und vier Meter breite Werbeskulptur soll den Journalisten zeigen, wie gut es voran geht mit dem Konzernumbau. Schließlich hat sich Bertelsmann auf den Weg gemacht, hin zu einem starken und vor allem auch digitalen Spieler in der Medienwelt des 21. Jahrhunderts.

Aus dem B dröhnen über Kopfhörer Hits von Künstlern wie Robbie Williams oder Mick Jagger, deren Rechte die Bertelsmann-Tochter BMG seit kurzem sogar in China vermarktet, per Touchscreen gibt es Einblicke in die wachsende und beliebter werdende Online-Videowelt der RTL-Group - auch wie Print und Digital bei Bertelsmann zusammenwachsen, soll der Besucher erfahren: Wer vor einem Bildschirm die ausliegenden Hochglanzmagazine von Gruner + Jahr ("Stern", "Beef", "Brigitte") oder Bestseller des Publikumsverlags Penguin Random House ("Fifty Shades of Grey") aufschlägt, sieht am Bildschirm aufpoppen, was sich im Internet rund um die Titel tut. 1,4 Tonnen schwer ist dieses Symbol für den neuen Bertelsmann-Konzern, an dem Konzernspitze und Töchter des internationalen Medienriesen bauen.

Wie schwer die Umstrukturierungen für Bertelsmann wiegen, zeigt die Vorstellung der Jahresbilanz 2014 am Dienstag. Es gehe voran, und zwar mit größeren Schritten als er bei seinem Amtsantritt 2012 gedacht habe, sagt Vorstandschef Thomas Rabe: "Die strategische Neuausrichtung trägt erste Früchte". Doch er weiß auch: "Es ist noch ein weiter Weg" - im Transformationsprozess habe das Unternehmen etwa 50 Prozent erreicht.

Der halbe Weg, das bedeutet zunächst Abschied von unrentablen Sparten zu nehmen: In Italien und den USA zog sich Bertelsmann aus Druckereien zurück. In Deutschland hat der letzte Buchclub geschlossen. Das Modell war einst prägend für die Marke Bertelsmann.

Gleichzeitig machen sich die Konzerntöchter auf den Weg in die digitale Welt. 1,6 Milliarden Euro investierte Bertelsmann 2014: Mehr als die Hälfte davon entfalle auf Digital- und Wachstumsgeschäfte. Ihr altes Kerngeschäft wollen sie dabei nicht brach liegen lassen, wie ihre Vorstände betonen.

Die RTL-Group brachte einerseits neue Sender an den Start, mauserte sich andererseits inzwischen zum weltweit viertgrößten Anbieter von Videos im Internet: 36,4 Milliarden Mal riefen Nutzer 2014 Clips der Gruppe ab, etwa über Plattformen wie Youtube. Bei Bertelsmanns Dienstleistungstochter Arvato boomt das Geschäft mit dem Onlinehandel. Der Publikumsverlag Penguin Random House konnte mehr als 100 Millionen E-Books verkaufen.

Die 2014 zu 100 Prozent in den Besitz von Bertelsmann übergegangene Zeitschriftentochter Gruner + Jahr kämpft mit zurückgehenden Auflagen, kann aber im Online-Geschäft Boden gut machen: So sei das Digitalgeschäft in den Kernländern um 26 Prozent gewachsen. 17 Prozent des Umsatzes macht das Medienhaus nun nicht mehr Magazinen wie bisher, sondern mit digitalen Vertriebssystemen für Werbung und journalistischen Webangeboten.

Die Umstrukturierungen kosten allerdings Geld: Trotz eines Sieben-Jahres-Hochs beim Umsatz (16,7 Milliarden Euro) und operativem Geschäft (Ebitda: 2,37 Milliarden Euro) muss Bertelsmann für 2014 einen deutlichen Rückgang beim Gewinn vermelden: Um mehr als ein Drittel ging das Konzernergebnis zurück - auf 573 Millionen Euro.

Das dicke B - mitsamt Webinhalten und guten altem Bücherregal - wandert bald weiter: In der Gütersloher Konzernzentrale sollen dann die Mitarbeiter sehen, was ihr Unternehmen erreicht hat - und noch erreichen muss. (dpa)