Die Deutsche Kreditbank will neue Services schneller zu den Kunden bringen. Dazu setzt das Finanzinstitut auf eine dreigeteilte IT-Landschaft.
"Wie schaffen wir uns die Freiheitgrade, um markt- und kundenorientiert digitale Produkte zu entwickeln?" Diese Frage steht laut Arnulf Keese hinter der Digitalstrategie der Deutschen Kreditbank AG (DKB) mit Sitz in Berlin. Der IT- und Digitalvorstand kam 2018 als CDO in das Unternehmen und wurde 2020 zusätzlich in das Board der Direktbank berufen.
Die Lösung war ein dreigeteilter Technologie-Stack. Im Backend bleiben die Systeme, wie sie sind. "Hier setzen wir auf etablierte Produkte, die stabil laufen," so Keese. Diese Kernbanksysteme seien bei allen Finanzinstituten von der Größenordnung der DKB ähnlich, so dass sich die Bank dort nicht durch IT differenzieren könne.
Jenseits des Backends schlummern laut Keese jedoch Potentiale: "Durch Produkte und Prozesse für Kunden können wir uns von den Marktbegleitern abheben." Also trennte die DKB-IT Back- und Frontend und zog eine dritte Schicht aus Schnittstellen (APIs) zwischen den beiden ein.
"Die Cloud ist technologisch alternativlos"
Ein weiterer Baustein der IT-Strategie ist für Keese die Cloud. "Die Cloud ist technologisch alternativlos. Die Skalierung, Innovationskraft und standardisierte Tools sind unmöglich im klassischen Rechenzentrum nachzubilden," so der Vorstand. Cloud Computing habe gleiche Voraussetzungen für alle geschaffen, da Unternehmen jeder Größe von den Infrastrukturen, Tools und Features der Hyperscaler profitieren könne. Daher lautet die Frage für Keese nicht mehr "Wer kann was in der Cloud machen?", sondern "Worauf wollen wir uns konzentrieren?", um sich von der Konkurrenz abzuheben.
Die DKB verfolgt einen Multi-Cloud-Ansatz. Office 365, Azure-Dienste und Arbeitsplatz-Services bezieht die Bank von Microsoft. Amazon Web Services (AWS) nutzt sie hauptsächlich für Tools, um etwa neue Lösungen zu entwickeln oder Künstliche-Intelligenz-Modelle zu trainieren. Hinzu kommen weitere Anbieter von Software-as-a-Service (SaaS).
Bei all dem hat Keese immer eine Exit-Strategie im Blick. "Wir verteilen die Lasten auf verschiedene Anbieter und nutzen portable Architekturen," sagt er. Die Bank soll jederzeit in der Lage sein, ihre Systeme ohne größere Probleme von einer Umgebung in eine andere zu verschieben. Dieser 'Plan B' wird auch von den Aufsichtsbehörden verlangt.
Die Top-CIOs der Banken
Rainer Neske Rainer Neske, Vorsitzender des Vorstands der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), hat im Januar 2018 die Zentralbereiche Finanzen und Informationstechnologie mitübernommen. Zuvor hatte zuletzt Alexander von Uslar die CIO-Funktion inne.
Heiko Burdack Der CIO der Signal Iduna Gruppe, Heiko Burdack, wechselte zum 1. Februar 2023 als Chief Technology Officer zur Commerzbank.
Gerhard Grebler Seit Januar 2018 ist Grebler bei der Landesbausparkasse (LBS Bayern) für die Bereiche IT, Personal und Revision verantwortlich.
Melanie Kehr IT-Verantwortliche bei der staatlichen Förderbank KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) ist seit April 2018 Melanie Kehr. Seit 2014 leitete sie als Bereichsleiterin Group IT den Bereich Informationstechnologie der BayernLB. Zunächst war Kehr Generalbevollmächtige der KfW, seit März 2019 ist sie auch Vorstandsmitglied der Bank.
Tobias Schmitt Tobias Schmitt ist CIO der NRW.Bank Düsseldorf/Münster. Im Jahr 2010 wählte ihn die Jury vom Wettbewerb "CIO des Jahres 2010" zu einem der besten IT-Verantwortlichen in der Kategorie Mittelstand.
Mike Dargan Head of Information Technology bei der Schweizer Bank UBS ist seit Mitte September 2016 Mike Dargan. Er arbeitet in Zürich und gehört dem Group COO Executive Committee der Bank an. Dargan war zuletzt CIO des Corporate and Institutional Banking der Standard Chartered Bank und dort für die End-to-End-Technologie und Betriebsprozesse dieser Geschäftsfelder zuständig.
Simone Bock Der Finanzdienstleister State Street Bank International GmbH hat Simone Bock zum Head of IT ernannt. Seit dem 1. Dezember 2022 leitet Bock von München aus die IT der State Street Bank International GmbH (SSBI). Die erfahrene IT-Managerin kommt von der BNP Paribas Group.
Bernd Leukert Bernd Leukert wurde am 1. Januar 2020 Vorstand für Technologie, Daten und Innovation der Deutschen Bank. Von 2014 bis 2019 war Leukert Technikvorstand bei SAP, wo er 1994 seine Karriere begann.
Stephan Tillack Stephan Tillack (49) verantwortet seit 2014 den IT-Bereich der Norddeutschen Landesbank (NORD/LB). Unter seiner Verantwortung wurden in den letzten Jahren diverse Modernisierungs- und Standardisierungsmaßnahmen vorgenommen, u.a. wurde die IT-Plattform für das Wholesale-Kreditgeschäft ausgetauscht, die Integrationsarchitektur für die dispositiven Daten erneuert und eine neue Core-Banking Plattform für die ausländischen Niederlassungen eingeführt. Die komplette Client/Server-Architektur inkl. Bürokommunikation wurde auf Microsoft-Standard überführt, die bestehenden Rechenzentren konsolidiert, das IT Risikomanagement grundlegend modernisiert, ein Innovations- und ein Datenlabor aufgebaut und die gesamte IT der Bremer Landesbank in die NORD/LB integriert. Stephan Tillack ist seit 1999 in diversen Führungsaufgaben bei der NORD/LB tätig.
Hans-Jürgen Plewan Hans-Jürgen Plewan ist seit 2013 Head of Group IT in der DekaBank. Zuvor führte der promovierte Informatiker die Geschäfte der Finanz Informatik Solutions Plus (FISP), einer Tochter der Finanz Informatik (FI). Die FI ist zentraler IT-Dienstleister der Sparkassen. Die DekaBank ist das Wertpapierhaus der Sparkassen. Im Vorstand vertritt seit Mai 2019 COO Daniel Kapffer die IT.
Aysel Osmanoglu Aysel Osmanoglu ist seit Januar 2016 IT-Vorstand bei der GLS Bank in Bochum (vormals Ökobank), zuständig für Infrastruktur/IT. Die BaFin muss der Berufung noch zustimmen. Osmanoglu stieg 2006 als Trainee ein und wurde 2013 zur Bereichsleiterin Basisgeschäft Marktfolge ernannt. Sie absolvierte ein Studium der Volks- und Betriebswirtschaftslehre, zugleich ist sie diplomierte Bankbetriebswirtin Management der Akademie Deutscher Genossenschaften.
Rudolf Hoyer Der Diplom-Informatiker Rudolf Hoyer ist seit September 2012 Leiter des Unternehmensbereiches Informationstechnologie und Organisation bei der Hamburger Sparkasse (Haspa). Seit 2009 leitet Hoyer bei der Haspa den Unternehmensbereich „Produktivität und Prozesse“. Davor war er im Stabsbereich der NRS Norddeutsche Retail-Service AG (ein Unternehmen der HASPA-Gruppe) tätig. Bis 2005 arbeite Hoyer bei der HypoVereinsbank in Hamburg und München, wo er die Integration der Vereins- und Westbank begleitete. Von 2005 bis 2007 verantwortete er in der VR Kreditwerk AG das Kreditprocessing in Norddeutschland.
Dorothée Appel Seit Oktober 2020 arbeitet Dorothée Appel als Chief Information Officer für Retail Banking, Commercial Banking und Functions (RCBF) in der Abteilung Innovation & Technology der ABN Amro.
Michael Clijdesdale Seit dem 1. April 2022 ist Michael Clijdesdale Chief Information Officer im Vorstand der ING Deutschland.
Volker Stadler Volker Stadler ist seit September 2017 Geschäftsführer der Volkswagen Bank GmbH und dort verantwortlich für Operations und Informationstechnologie. Stadler war zuvor Abteilungsleiter Steering & Strategy IT der Volkswagen Financial Services AG.
Christian Brauckmann Nach der Fusion von DZ Bank (Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank) und WGZ Bank (Westdeutsche Genossenschafts-Zentralbank) zum August 2016 ist Christian Brauckmann neuer Vorstand für IT und Organisation. Er war bei der WGZ Bank zuvor zuständig für die Bereiche Financial Markets Operations, Zahlungsverkehr und Organisation und Betrieb.
Christiane Vorspel Christiane Vorspel ist seit Oktober 2024 COO im Vorstand der Commerzbank und verantwortet damit auch die IT. Sie kommt von der LBBW.
Joachim Wuermeling Der Jurist Joachim Wuermeling ist seit Anfang November 2016 offiziell Mitglied im Vorstand der Deutschen Bundesbank. Der Vorstand der Deutschen Bundesbank hat auch die Ressortzuständigkeiten neu verteilt. Wuermeling übernahm die Verantwortung für die Bereiche Informationstechnologie und Märkte. Wuermeling war von 1999 bis 2005 Europaabgeordneter der CSU und von 2005 bis 2008 beamteter Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Dann wechselte er in die Hauptgeschäftsführung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, danach wurde er Vorsitzender des Verbandes der Sparda-Banken in Frankfurt.
Alexander Neumann Bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall hat im November 2016 Alexander Neumann die Position des Leiters IT-Steuerung übernommen. Neumann kommt aus dem eigenen Haus: Zuletzt arbeitete er bei der Schwäbisch Hall Kreditservice AG, ein Finanzdienstleister im Kredit-, Bauspar- und Förderkreditgeschäft, als Bereichsleiter IT-Lösungen und Projekte.
Axel Schnuck Axel Schnuck ist seit Dezember 2016 Head of Information Technology bei der Deutsche Pfandbriefbank AG (pbb) in Unterschleißheim bei München. Schnuck war zuvor 13 Jahre in der zur DZ-Bank gehörenden Schwäbisch Hall Gruppe tätig.
Manuela Bieß Manuela Bieß (Foto) und Jürgen Wiedmann leiten seit Januar 2018 gemeinsam den Bereich "Informationstechnologie" der Helaba. Der Bereich "Organisation und Informatik" wurde zum 1. Januar 2018 in die zwei eigenständigen Bereiche "Organisation“ und „Informationstechnologie" geteilt.
Wolfgang Ludwig Wolfgang Ludwig ist seit Juli 2018 neuer Bereichsleiter Group IT/CIO der BayernLB. Der CIO berichtet an den CFO/COO der Bank. Ludwig arbeitet bereits seit 1996 für die BayernLB. Er hat im Zuge seiner Laufbahn verschiedene Fach- und Führungsfunktionen in München inne. Einige Jahre war er auch in der Niederlassung London tätig.
Andreas Fahrni Als Nachfolger von Urs Monstein übernahm Andreas Fahrni formal ab Juni 2018 die Rolle als Global Head IT der Bank Julius Bär. Nebst der Führung der globalen IT-Organisation der Bank mit Entwicklungs- und Betriebszentren in Zürich, Singapur und Luxembourg, haben für ihn die agile Transformation, die Digitalisierung des Bankkundengeschäfts und die Harmonisierung des globalen Betriebsmodels Priorität. Zuvor war Fahrni seit 2008 in der Bank Julius Bär in verschiedenen Funktionen tätig. Nach dem Master als Dipl. El.-Ing. ETHZ er zudem in verschiedenen Software-Entwicklungsprojekten bei der Firma Accenture in führenden Funktionen tätig.
Ulrich Reidel Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler Ulrich Reidel ist seit Juli 2019 Chief Information Officer der Baader Bank mit Sitz in Unterschleißheim bei München. Zuvor war Reidel als CIO und CDO für die Südleasing und Südfactoring tätig, Töchter der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Reidel hatte seine berufliche Laufbahn bei der Excelsis Business Technology begonnen. Weitere Stationen führten ihn über die Börse Stuttgart (Abteilungsleiter Projekt- und IT-Controlling / Bereichsleiter IT Service Management) und die MBtech Group (Leiter Software Standards and Integration).
Sandra Kagerer Sandra Kagerer besetzt seit 1. April die neu geschaffene Position des Head of IT der Airbus Bank in München. Sie berichtet an Matthias Jacobs, Head of IT & Operations. Zuvor war Kagerer IT Governance Manager der Kapitalverwaltungsgesellschaft BayernInvest. Bis 2018 war die Finanzmathematikerin bei der Beratungsgesellschaft KPMG Deutschland unter anderem im Risk-Management tätig.
Jürgen-Hendrik Kuhn Seit April 2024 ist Jürgen-Hendrik Kuhn IT-Chef der FNZ Bank SE und Fondsdepot Bank GmbH. Er kommt von HSBC Germany.
Francine Zimmermann Francine Zimmermann hat im September 2017 die Leitung Auftragsmanagement bei der Finanz Informatik Technologie Service (FI-TS) mit Sitz in Haar bei München übernommen. Sie war zuvor 4,5 Jahre CIO bei der Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK).
David Mathers Der Brite David Mathers ist seit Anfang Mai 2012 in Personalunion CFO und CIO bei der Credit Suisse. Die Schweizer Großbank hat ihre Bereiche Finance, Operations und IT zusammengelegt. Im Zuge dessen verließ der vormalige CIO Karl Landert die Bank.
Klaus Bremges Seit Juli 2013 arbeitet Klaus Bremges als CIO der Portigon AG, diese ist die Rechtsnachfolgerin der WestLB. Die Portigon will zudem eine Service-Gesellschaft gründen, um Outsourcing-Dienstleistungen am Markt anbieten zu können. Bremges leitet auch die IT der Portigon Financial Services GmbH.
Laut Keese schützen die SaaS-Dienste die IT zudem davor, sich zu verzetteln. "Anstatt nach dem SAP-Modell eine einzige Plattform mit tausend kleinen Anpassungen zu bauen, konzentrieren wir uns darauf, eine Anforderung durch einen Standard-Service abzubilden. Erst danach machen wir uns Gedanken, ob weitere Features nötig sind." Das halte die Lösungen schlank und die IT fokussiert.
Ausgelagerte Innovation
Auf dieser technischen Basis baut die DKB neue Produkte für das Frontend. Auch organisatorisch setzt Keese auf eine Trennung: "Entwicklungen, die nicht originär in der Bank stattfinden müssen, mit Kundendaten oder dem Kernbanksystem zusammenhängen, finden in unserer 'Code-Factory' statt." Dabei handelt es sich um eine hundertprozentige Tochter der DKB, die organisatorisch nicht direkt an die Kernbank angeschlossen ist, aber inhouse ausschließlich für die Muttergesellschaft arbeitet.
Impulse für neue Produkte kommen laut Keese auch aus der Factory und werden dort entwickelt, insbesondere Frontends. Die Entwickler in der Bank kümmern sich um Backends und die API-Schicht. Die Developer sind in agilen Einheiten nach Chaptern sowie Domänen aufgestellt und arbeiten sowohl an Frontend-Produkten und der API-Schicht.. Steht ein Produkt, wird es über die API-Schicht mit den Kernbanksystemen verzahnt. Anschließend passen die Entwickler die Lösungen nach dem DevOps-Prinzip auf Basis von Kundenfeedbacks laufend an.
"Das ist der ideale Dienstleister. Wir haben die Agilität und Triebkraft eines Tech-Startups, gepaart mit viel Werkstolz für die DKB," sagt Keese. 124 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 29 Nationen sind in der Code-Factory tätig. Gesprochen wird Englisch. Dieses Flair, gepaart mit Fintech-Kooperationen und dem Standort Berlin sei attraktiv für den Nachwuchs und helfe der DKB-IT, neue Talente zu finden, so der IT-Chef.
Einfacherer und offener
Neben neuen Produkten will er auch die Prozesse verbessern. In der Entwicklung setzt das Team daher auf Automatisierung. Über automatisierte Tests, Infrastructure as Code und GitOpssoll mehr Arbeit in weniger Zeit geschafft werden. "Mehr Features und Produkte bedeuten jedoch mehr Komplexität im Inneren. Die interessiert unsere Kunden aber nicht," so Keese. Also soll zugleich das Kundenerlebnis schlanker werden.
Als Beispiel nennt der Vorstand die neue Banking-App der DKB. Diese könne viele verschiedene Funktionen bereitstellen. "Es würde aber unübersichtlich, wenn wir alle auf einmal anzeigen. Die meisten Kunden brauchen im Wesentlichen die Konto- und Transaktionsübersicht, also finden sie diese Features dort als erstes," sagt Keese. Seltener genutzte Features werden dann auf der Webseite angeboten.
Auch bei Partnerschaften pocht Keese auf Einfachheit: "Die API-Schicht hilft uns, Kooperationspartner für Services, die wir nicht selbst erbringen, anzubinden." Für Versicherungsvergleiche oder Kontowechsel etwa könne die Bank schnell den besten Partner an der richtigen Stelle integrieren und so den Kunden bessere Services bieten.
Der IT-Vorstand kann sich vorstellen, dass die DKB eines Tages selbst zum Dienstleister wird. "Nicht jeder kann alles machen. Über Kooperationsnetzwerke könnten wir Services anbieten, die sich ähnlich einfach bei Branchenbegleitern integrieren lassen, wie wir es gerade über unsere API-Schicht bei uns tun."