Die digitalisierte Medizin revolutioniert das Verhältnis von Patienten und Ärzten. Musste man früher ständig in ärztlicher Behandlung sein, wenn es um Kontrolle von Allergien, Bluthochdruck, Diabetes oder Übergewicht ging, so reicht heute oft ein Blick auf das Smartphone und ein Klick zum Internet. Das ist zumindest die Phantasie einiger Experten.
So meint zum Beispiel Ralf-Gordon Jahns, Forschungschef von "research2guidance": "Die lange erwartete mobile Revolution im Gesundheitswesen findet nun statt. Konsumenten und Organisationen des Gesundheitswesens haben beide das Smartphone entdeckt, um die individuelle Gesundheit zu verbessern."
Gemeint sind neue Formen der Beobachtung und Kontrolle der Patienten. Daten werden direkt am Körper gemessen – so wie zum Beispiel bei der klassischen Kontrolle des Blutdrucks –, aber dann anschließend gleich per Smartphone an eine Datenbank übermittelt. Wird dort eine einschneidende Veränderung oder Anormalität durch den individuellen Datenvergleich festgestellt, erhält der Patient direkt auf sein Handy eine Rückmeldung und im Bedarfsfall konkrete Handlungsanweisungen.
In den USA sind bereits Firmen wie Entra Health Systems am Markt mit speziellen Angeboten, darunter mit dem Portal "MyGlucoHealth". Microsoft bietet mit "HealthVault" etwa 170 verschiedene Applikationen an. Sie decken eine Bandbreite von Trainings- und Diätunterstützung für Sportler bis hin zu Software für die Diabetes-Kontrolle ab. MyGlucoHealth wird auch in Deutschland angeboten.
Die Datenbanken mit den persönlichen Daten eines Patienten können auch einem Arzt des Vertrauens oder einem Service-Unternehmen zugänglich gemacht werden. Dann können weitere Behandlungsschritte geprüft und in Gang gesetzt werden. Ein Arztbesuch wird sich also doch nicht ganz vermeiden lassen.
Können mobile Gesundheitsdienste den Arztbesuch ersetzen?
Einige der Anbieter der neuen mobilen Health-Dienste versuchen allerdings, diesen Eindruck zu erwecken. Es wird suggeriert, dass sich unter Benutzung von Apps und nicht ganz kostenfreien mobilen Betreuungsangeboten eine komplette Alternative zur bisherigen Praxis ergeben könne. Dem Patient wird eine aktivere Rolle zugeschrieben, der Arzt tritt in den Hintergrund.
Ob man auf diese Weise tatsächlich Kosten im Gesundheitswesen einsparen kann, wie ebenfalls behauptet wird, müsste erst einmal empirisch nachgewiesen werden. Es ist vielleicht kein Zufall, dass die neuen mobilen Dienste ausgerechnet in jenen Ländern besonders propagiert werden, in denen das öffentliche Gesundheitswesen nicht den besten Ruf hat – so in einigen asiatischen Staaten und in den USA.
Ob die Do-it-yourself-Medizin mehr leisten kann als die wohlfeilen Ratschläge zum Beispiel einer Apotheken-Rundschau bleibt abzuwarten.