Lieferverzögerungen

DocMorris kämpft gegen IT- und SAP-Umstellung

15.06.2012 von Hartmut  Wiehr
Schnelle Auslieferung wird heute von den Online-Kunden erwartet. Mit neuer SAP-Lösung trat bei DocMorris das Gegenteil ein: keine Päckchen, dafür Rezept zurück.

2005 hatte die Versandapotheke 500.000 Kunden, heute sind es über 1,6 Millionen. Die bisherige IT-Lösung "reichte einfach nicht mehr aus", berichtet Olaf Heinrich, CEO Mail Order bei DocMorris. Man entschied sich für "eine komplette Umstellung der IT", um mit dem Wachstum Schritt halten zu können. Der Dienstleister ComSol AG Commercial Solutions aus Frechen sollte dabei die neue SAP-Software anpassen. Doch es kam anders als geplant.

Olaf Heinrich, CEO Mail Order bei DocMorris, hält sich bedeckt, was den Grund für die Lieferengpässe bei DocMorris angeht.
Foto: DocMorris

Auf Anfrage von CIO.de Healthcare-IT sagte Heinrich von DocMorris: "Während bei der neuen IT der komplexe pharmazeutische Teil direkt problemlos funktionierte, 'stolperte' die Lösung anfangs über die Auftragsweitergabe. Einzelne Aufträge blieben im System hängen. Trotz einer langfristigen, detaillierten Planung und mehrerer Testläufe über zwei Jahre kam es dann zu Lieferverzögerungen."

In der Regel, so Heinrich, erhielten die Kunden ihre Lieferung schon am Folgetag. Doch mit dem ersten Auftreten der Lieferprobleme und den Diskussionen in Internet-Foren geriet das Unternehmen sofort unter weiteren Druck: Die enttäuschten Kunden versuchten, sich direkt bei DocMorris zu melden, oder sie machten ihren Unmut öffentlich bekannt. Vor allem die Quote der Anrufe, die sich nach dem Status ihrer Bestellung erkundigten, schnellte laut Heinrich sofort in die Höhe.

Erreichbarkeit per Telefon und Mail eingeschränkt

Der Verantwortliche räumt denn auch ein: "Die Folge: Auch die Erreichbarkeit per Telefon und E-Mail war entsprechend eingeschränkt. Kunden, bei denen die Bestellung länger dauerte als üblich, wurden über die Verzögerung informiert und gegebenenfalls das Rezept zurückgesendet, damit sie es in einer anderen Apotheke einlösen konnten. In der Zeit haben wir zusätzlich auf allen Kanälen über die Situation informiert." Es habe einen Hinweis an prominenter Stelle auf der Website gegeben, sowie Rundschreiben an alle Kunden und eine entsprechende Bandansage in der Telefon-Warteschleife.

Die Frage, warum es trotz Planung und Tests nicht klappte, wollte Heinrich nicht en Detail beantworten. Seine Aussage lautet lediglich: "Die Ursache für das Problem wurde mittlerweile erkannt." Es seien "entsprechende Maßnahmen" eingeleitet worden. SAP reagierte nicht auf eine Anfrage von CIO.de.

Problem sei erkannt, Maßnahmen würden ergriffen

Nicht ins Konzept gepasst hat die die ganze Sache mit Sicherheit dem Besitzer von DocMorris, dem Pharmagroßhändler Celesio. Er hatte sich erst Ende März entschieden, die Versandapotheke wieder zu verkaufen. Im Frühjahr 2007 war es zu der Übernahme der niederländischen Online-Apotheke gekommen, die vor allem durch ihre internationalen Einkaufspraktiken Rabatte von 15 Prozent pro Rezept gibt.

Da können deutsche Apotheken nicht mithalten, weshalb die Stimmung zwischen dem Arzneimittelgroßhändler und den hiesigen Apothekerverbänden mehr als vergiftet war. Denn mit der Übernahme von DocMorris hatte sich Celesio mit einem Schlag zum Wettbewerber seiner wichtigsten Kunden gemacht.