Mit einer automatischen Prognose- und Bestell-Software können Händler voraussehen, was ihre Kunden morgen, in einer Woche oder in drei Monaten kaufen werden. Douglas, Deutschlands größte Parfümeriekette, implementierte daher Anfang 2010 in allen 450 deutschen Filialen die Software SuperStore der SAP-Tochter SAF. Seitdem ist man in der Lage, den tatsächlichen Warenbedarf in den Läden zu prognostizieren und zuverlässig bereit zu stellen. Lagerbestände konnten so abgebaut werden, und die Mitarbeiter haben zudem mehr Zeit für die Kunden.
Orientalisch und verführerisch, holzig-herb oder doch lieber ein blumiger und zarter Duft? Die Kunden der Douglas-Parfümkette haben die Qual der Wahl. Das Unternehmen verkauft seit 1862 Träume und keine Produkte, die für den täglichen Bedarf zwingend erforderlich sind. Dass sich die Kunden diese Träume auch wirklich erfüllen können, dafür sorgt auch das neue Konzept für das Supply-Chain-Management. Teil dieses Konzepts ist eine intelligente IT-Infrastruktur, die alle Beteiligten der Lieferkette miteinander vernetzt.
Auf der Supply Chain Conference im Oktober 2010 in Berlin stellte das Unternehmen seine Strategie und Ergebnisse vor. Als letzten Baustein dieser Strategie integrierte die Parfümeriekette 2010 eine automatische Prognose- und Bestellsoftware in allen deutschen Filialen. Mit diesem Tool professionalisiert Douglas die Disposition und erzielt so nach eigener Aussage einen entscheidenden Vorteil: Der Kunde bekommt bei Douglas fast zu 100 Prozent, was er sucht - und zwar ohne dass die Parfümeriekette wie früher große Lagerbestände aufbauen muss.
Drogerie- und Parfümeriewaren haben ihre Besonderheiten. So ist eine Creme, die mehr als zweimal im Monat abverkauft wird, für Douglas schon ein Renner. Dieses spezielle Sortiment mit fast ausschließlich ultra-langsam drehenden Artikeln, deren Bedarf schwer vorherzusagen ist, stellt besondere Herausforderungen an den Bestellprozess.
Hinzu kommt, dass die Parfümeriekette auch viele modische Artikel und Accessoires anbietet, die ebenfalls schwer zu disponieren sind. Gleiches gilt für so genannte "one-shot"-Artikel, die einmalig und nur für kurze Zeit ins Sortiment aufgenommen werden – beispielsweise ein Kosmetik-Täschchen mit fünf Creme- oder Duschgelproben oder ein Parfüm mit passender Bodylotion.
Lagerbestände - kaum vorauszusehen
Und ganz wichtig: Das Geschäft von Douglas lebt von Werbung – zum Beispiel Sonderaktionen, Gutscheinaktionen oder Themenwochen. Das Problem für die Disponenten: Aktionen und die damit verbundene Bewerbung der Produkte kannibalisieren die Vermarktung gleichartiger Artikel. Wird dies bei der Disposition nicht berücksichtigt, treten schnell Überbestände auf.
Außerdem kann die Bewerbung einer Nachtcreme dazu führen, dass auch die Tagescreme derselben Marke stärker als normal nachgefragt wird und sich so Regallücken auftun, wenn nicht im Vorfeld mehr bestellt wird. Auch die Berücksichtigung von Feiertagen oder saisonalen Schwankungen, die den Bedarf der Kunden ebenfalls beeinflussen, machen die Disposition bei Douglas zu einem hochkomplexen Prozess.
Aufgrund dieser Vielschichtigkeit kam es vor der Einführung der automatischen Disposition bei Douglas immer wieder zu Engpässen. Zudem verschlang der manuelle Bestellprozess sehr viel Zeit, die den Mitarbeitern für kundenorientierte Maßnahmen fehlte.
Die automatische Prognose- und Bestellsoftware SuperStore stellt Möglichkeiten zur Gegensteuerung bereit. Das Programm analysiert die Abverkaufsdaten für jedes Produkt und berechnet weitgehend exakt voraus, was die Kunden in den nächsten Tagen oder Monaten zu kaufen beabsichtigen. Berücksichtigt werden dabei saisonale Schwankungen, Werbung oder Kalenderereignisse wie Valentinstag, Ostern oder Weihnachten.
Dank der Prognosen bestellen die Disponenten bei Douglas über die Software weitgehend das, was die Kunden in den Filialen nachfragen. Mit diesen Informationen gelingt Douglas der Spagat, der lange unmöglich erschien: Lagerabbau bei gleichzeitiger Erhöhung der Produktverfügbarkeit und -vielfalt im Verkaufsraum.
Dank IT nur noch Out-of-Stock-Rate von 1,5 Prozent
Vor der flächendeckenden Einführung der automatischen Prognose- und Bestellsoftware führte Douglas eine umfangreiche Pilotphase durch. Die Ergebnisse überzeugten auch die internen Skeptiker: Die Parfümeriekette reduzierte ihre Out-of-Stock-Rate auf 1,5 Prozent und baute Überbestände ab. Gleichzeitig sank der Bestellaufwand für die Mitarbeiter in den Pilotfilialen um mehr als die Hälfte.
Bereits wenige Monate nach dem Roll-out in sämtlichen Douglas-Läden in Deutschland steht fest: Die Ergebnisse aus der Pilotphase haben sich bestätigt. Die Out-of-Stock-Rate konnte über alle Filialen hinweg auf 1,5 Prozent gesenkt werden. Der Warenbestand wurde annähernd in den Plan gebracht, und damit konnten die Überbestände abgebaut werden.
Der Bestellaufwand reduzierte sich in kurzer Zeit durchschnittlich um 25 Prozent – dies bedeutet eine Reduzierung von rund einem Tag pro Woche, welcher für die Erhöhung der Verkaufsbereitschaft eingesetzt wird. Die restlichen 25 Prozent - in der Pilotphase sank der Bestellaufwand um 50 Prozent - will Douglas in den nächsten Monaten erreichen.
Doch die Software kann nicht alles allein regeln. Das wäre eine falsche Vorstellung in so einem komplexen Ladengeschäft wie bei Douglas. Derzeit werden über alle Filialen hinweg gesehen noch etwa 20 bis 25 Prozent der Bestellvorschläge der Software durch die Mitarbeiter vor Ort manuell korrigiert. Ein Wert, der durch organisatorische und technische Optimierung in Zukunft verringert werden soll.
Eine gewisse Anpassung durch die Mitarbeiter vor Ort wird es bei Douglas jedoch immer geben, da jede Filiale für sich entscheidet, wie zum Beispiel eine Promotion umgesetzt wird – ob für eine Marke die Düfte, Pflegeprodukte oder dekorative Produkte in den Vordergrund gerückt werden. Diese Entscheidungen sollen, so die Maxime des Unternehmens, die Mitarbeiter vor Ort treffen, da sie am ehesten wissen, was ihre Kunden wünschen.
SAP-Tochter SAF an der langen Leine
Ende letzten Jahres übernahm SAP die Aktienmehrheit von SAF. Laut Udo Meyzis, seit April CEO der SAF AG, läuft die Zusammenarbeit mit der Muttergesellschaft folgendermaßen ab: Bei Bedarf evaluiert SAF bei potentiellen SAP-Kunden im Vorgespräch, in welchem Ausmaß die SAF-Technologie innerhalb der SAP-Lösung Erfolgschancen haben könnte.
Und auch neue Märkte erschließen sich durch die Aktienmehrheit der SAP. So konnte SAF beispielsweise auf einem SAP-Forum für Kunden in Lateinamerika die eigene Technologie präsentieren. Ein Markt, in dem SAF bisher nicht präsent war. Gleichzeitig setzt das formell eigenständige Software-Unternehmen nach wie vor auf die eigenen Vertriebsressourcen.
Im ersten Halbjahr 2010 hat sich im Neugeschäft der Umsatzanteil der SAF im Direktvertrieb besser entwickelt als im Geschäft mit der Muttergesellschaft. Für Meyzis hängt dies stark damit zusammen, dass SAF "eine eigene Marke ist und auch so wahrgenommen wird". In Zukunft wird SAF den Markenauftritt noch ausbauen. Dabei geht es auch um inhaltliche Aspekte der Software-Entwicklung. Eine Herausforderung ist zum Beispiel die Vertiefung des Informationsaustausches zwischen Händlern und Zulieferern. Der Vorteil: Die produzierenden Unternehmen können dann langfristiger planen, wodurch Engpässe vermieden und Just-in-Time-Lieferungen möglich werden.
Und die Händler? Sie könnten so weiter Lagerbestände abbauen und von Preisnachlässen der Lieferanten profitieren. "Um diesen Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten zu unterstützen und so eine Supply Chain zu ermöglichen, die die großen Herausforderungen der Zukunft meistert", arbeitet SAF an einer Weiterentwicklung der eigenen Lösung, betont Meyzis.