Anschauen, Haptik oder Ausprobieren – das sind Vorteile eines direkten Einkaufserlebnisses. Zumal dann, wenn man auf persönliche Beratung viel Wert legt. Doch es geht auch anders. Mode, Schuhe, Brillen oder Schmuck – die Liste jener Artikel, die sich ohne direktes Betatschen online erwerben lässt, wird immer länger.
Das war übrigens schon in der Vergangenheit so, als man im klassischen Versandhandel bei Neckermann oder Quelle so gut wie jeden Artikel des persönlichen Lebensstils inklusive Möbeln oder Bettwäsche per Postpaket erwerben konnte.
Das berühmte amerikanische Versandunternehmen Sears hat sogar bis in die 50er Jahre komplette Privathäuser aus Holzelementen verschickt. Der Käufer musste sie dann "nur noch“ vor Ort in der vorgeschriebenen Weise zusammenschrauben. (Die perfekt geplanten Häuser gelten übrigens heute noch als echte Perlen am US-Immobilienmarkt.)
Prognose von Frost & Sullivan
Wie das Beratungsunternehmen Frost & Sullivan ermittelt hat, zeichnet sich nun ein dramatischer Wandel im Einzelhandel für Autos ab. Automobilunternehmen würden in der Zukunft verstärkt eine Omni-Channel-Strategie anwenden, um ihre Fahrzeuge zu vermarkten und an ihre Kunden zu verkaufen: "Etwa vier Prozent aller zukünftigen Neuwagenverkäufe, was ca. 4,5 Millionen Einheiten entspricht, könnten bis 2020 komplett über den Online-Kanal abgewickelt werden.“ Im Vergleich: Im Jahr 2011 wurden erst etwa 5000 Neuwagen ausschließlich online verkauft.
Die Neuwagenverkäufe werden laut Frost & Sullivan zunächst parallel über vielfältige Kanäle abgewickelt werden. Hierfür kommen neben dem bestehenden Händlernetz neue Flagship-Stores zum Einsatz, aber auch Online-Kanäle. Ganz am Anfang stehen auch mobile Kanäle, bei denen das Verkaufspersonal nach Kontaktaufnahmen zu den Kunden fährt, um die Fahrzeuge digital zu präsentieren.
Online geht alles - so lauten die Prognosen
Im Jahr 2009 wurden generell weltweit nur vier Prozent aller Handelsumsätze online abgewickelt. Im Jahr 2011 erfolgten bereits etwa elf Prozent aller Verkäufe über das Internet, berichtet Frost & Sullivan. In bestimmten Branchen, wie dem Verlagswesen und der Unterhaltungsbranche, würden die führenden Einzelhändler bereits mehr als 50 Prozent ihres Umsatzes online erwirtschaften. Die Folgen sind bekannt: Große Ladengeschäfte wie Borders in den USA wurden gezwungen, ihre Türen zu schließen, weil sie den Online-Trend falsch eingeschätzt hatten.
Ein weiteres Beispiel: In Großbritannien eröffnete der Elektronikhändler Best Buy elf neue Mega-Stores, in denen Artikel in der Bandbreite von 10 bis 100.000 Dollar verkauft wurden: "Aber bereits 18 Monate nach der Eröffnung mussten die Geschäfte wieder schließen, denn ein Viertel der Kunden nutzte die Mega-Stores lediglich, um nach elektronischen Produkten zu suchen, kaufte diese jedoch letztendlich online.“ Diese Tendenz wird durch die jüngst erfolgte Pleite von HMV bestätigt, einer ehemals in UK äußerst erfolgreichen Musikladen-Kette.
Um eine solche Entwicklung zu vermeiden, muss sich die Autoindustrie neu aufstellen. Händler müssten, so Frost & Sullivan, deshalb ihre Angebote erneuern. Die meisten Wiederverkäufer haben in der Tat bereits damit begonnen, mit Online-Zugängen zu experimentieren. So verkauft Ford UK Neuwagen über seine Website. Auch Dacia sei hauptsächlich über seine Online-Verkaufskanäle in den britischen Markt eingedrungen und nutzt die Autohäuser lediglich als Back-up-Lösung.
General Motors startet Website Shop-Click-Drive
Die demnächst startende Website Shop-Click-Drive ist die neue Geschäftsinitiative von General Motors, um Autos in Zusammenarbeit mit seinen teilnehmenden Chevrolet-Händlern online zu verkaufen. Frost & Sullivan berichtet ferner: "Neue Autohersteller wie Tesla (für die Modelle S, X) und Fisker (für das Modell Atlantic) ermöglichen bereits durchgängig online abgewickelte Kaufprozesse und unterstützen ihre Kunden in verschiedenen Regionen.“
Der rasche Erfolg von Subaru, Fiat, Smart und Volkswagen mit automatisierten Online-Kanälen (zum Beispiel über eBay, Taobao, Jindong, Alibaba, Gilt.com) gilt für die Marktbeobachter als Weg in die Zukunft. Autohersteller würden vermutlich stärker mit unabhängigen Plattformen und Händlern zusammen, um ihre Produkte abzusetzen.