Drei Viertel aller Unternehmen, die offene Stellen haben, suchen Spezialisten für Software und Services", sagt Bitkom-Präsident Dieter Kempf. Software-Know-how sei unverändert eine Kernkompetenz im IT-Arbeitsmarkt. Absolventen wie auch erfahrenen Spezialisten ständen gleichermaßen die Türen weit offen. Das gilt für Festangestellte genauso wie für Freiberufler. Vor allem Letztere profitieren von der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und den neuen IT-Trends - vorausgesetzt, die IT-Selbständigen bringen das nötige Know-how mit.
Ingenieurmäßige Herangehensweise
"Unternehmen sind auf externes Fachwissen angewiesen", erklärt Thomas Müller, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters Solcom. Früher seien externe IT-Experten hauptsächlich bei Belastungsspitzen beziehungsweise zur Überbrückung von Engpässen in Anspruch genommen worden, nun sind sie laut Müller in den meisten Unternehmen ein wichtiger Bestandteil für die Projektplanung. Allerdings warnt der Solcom-Manager vor Euphorie: "Die Nachfrage könnte sich in diesem Jahr aufgrund der Weltwirtschaftslage etwas abschwächen."
Zudem beobachtet Müller einen wachsenden Druck auf Freelancer und Vermittler: "IT-Projekte müssen sich immer schneller amortisieren." Die Unternehmen stellten höhere Ansprüche an Geschwindigkeit, Qualität und Kosten. "Sie setzen bei der Softwareentwicklung auf eine immer stärker ingenieurmäßig geprägte Herangehensweise." Dazu gehöre nicht mehr nur die Programmierung, sondern auch die richtige Bedarfsanalyse im Vorfeld genauso wie eine stärkere Ergebniskontrolle im Nachlauf. Darauf müssten sich die Externen einstellen.
"Die höchsten Wachstumsraten verzeichnet unser Unternehmen in den Sektoren Cloud und Mobile Computing sowie im Bereich CRM-Systeme", berichtet Müller. Und aufgrund der stärkeren Spezialisierung steigen die Ansprüche an die klassischen Softwarefachleute: "Das alte Klischee vom allein arbeitenden Softwareentwickler gehört längst der Vergangenheit an." Schließlich sei eine intensivere Zusammenarbeit aller Beteiligten erforderlich, da die in einem Projekt benötigten Skills oft auf mehrere Personen verteilt sind.
Für Hochschulabgänger hat Müller folgenden Tipp parat: "Jedem Newcomer, der im IT-Sektor über eine Spezialisierung verfügt, sich für eine selbständige Tätigkeit interessiert und auch das Talent und die Ausdauer dafür hat, rate ich, seine Karriere als Freiberufler zu starten." Der Bedarf steige schneller, als die Hochschulen "liefern" könnten.
Entscheidend für den beruflichen Erfolg ist nach Müllers Meinung, dass die Externen fachlich immer auf dem neuesten Stand sind: "Die besten Chancen haben spezialisierte Softwareexperten, die betriebswirtschaftlich und prozessorientiert denken."
Freelancer Adam Lipina ist so ein Beispiel. Seit 2002 ist er in der Softwareentwicklung als Architekt und Coach tätig. Nach längerer Festanstellung bei T-Systems hat er sich im Jahr 2007 für die Selbständigkeit entschieden. "Ich finde es beeindruckend, dass Softwareprofis heute nicht mehr alles selbst entwickeln müssen, sondern auf ein großes Framework-Angebot zurückgreifen können", freut sich der IT-Freelancer.
Auftraggeber bestehen auf Wissenstransfer
Dass die Auftraggeber immer höhere Anforderungen an die Freelancer stellen, erlebt er täglich. Dazu gehöre beispielsweise, sich rasch in ein Team einzugliedern oder Anforderungen aus dem Kunden herauskitzeln zu können. Großen Wert legten die Auftraggeber auf den Wissenstransfer. Aus diesem Grund coacht Lipina Mitarbeiter: "Wenn ein Freelancer das Unternehmen verlässt, will der Auftraggeber einen Know-how-Zuwachs in den eigenen Reihen erreicht haben." Da die Auftraggeber immer öfter mit Aufgaben für mobile Systeme auf ihn zukommen, erweitert Lipina nun seine Kompetenzen in diese Richtung. Am wichtigsten ist für ihn der Austausch zwischen Freelancern und internen Mitarbeitern: "Wenn Probleme auftreten, erhält man hier das entscheidende Feedback."
(CW)