Henry Mintzberg soll einmal folgenden Satz gesagt haben: "Management consultants and business planners share a dirty little secret. Ninety percent of all strategies fail to get implemented."
Wohl jeder der mehr als fünf bis zehn Jahre in einem Unternehmen arbeitet, konnte das grandiose Scheitern einer neuen Strategie schon einmal selbst miterleben. Dabei war vielfach die Strategie gar nicht mal verkehrt. Es scheiterte an der Umsetzung. Und dazu tragen vielfach genau diejenigen bei, die über die Strategie entschieden haben. Einige Beispiele gefällig?
Da führt ein Unternehmen eine auf Ziel- und Jahresgesprächen basierende variable Vergütung ein und die Bereichsleiter warten nach zwei Jahren noch immer auf das erste Gespräch mit ihrem zuständigen Vorstand.
Da betont der Vorstand auf einer Führungskräftetagung wie wichtig die Kunden und Erträge für das Unternehmen sind, um nur 2 Monate später das größte Kostenreduzierungsprogramm in der Geschichte des Unternehmens zu beschließen.
Da wird vom Unternehmen A eine neue Vertriebsstrategie beschlossen und der Vorstand ermahnt alle Führungskräfte, nur mit ja keinem Mitarbeiter darüber zu sprechen, damit die Konkurrenz keinen Wind davon bekommt. Abgesehen davon, dass eine unbekannte Strategie sowieso nichts bringt, traf sich drei Wochen später ein Bereichsleiter dieses Unternehmens zum Lunch mit einem ehemaligen Studienkollegen, der bei einem Wettbewerber arbeitet. Dieser zeigt ihm eine Kopie des Strategiepapiers, die sein Vorstand "informell" von einem Vorstandmitglied des Unternehmens A erhalten hat.
Sie glauben es nicht? Alles selbst erlebt!
Während meines Studiums hatte ich einmal die Gelegenheit, einem damaligen Vorstand der Deutschen Bank bei einem Vortrag über Work-Life-Balance zuhören zu dürfen. Das hieß damals zwar noch irgendwie anders, aber der genaue Titel ist mir entfallen. Im Gedächtnis geblieben ist mir der Hinweis, dass man von Seiten des Vorstands sehr viel Wert darauf legen würde, dass auch Führungskräfte ihren Urlaub regelmäßig und vollständig nehmen sollten.
Auf meine Frage, wie es denn der Vorstand selber damit hielte, bekam ich folgende Antwort: "Der Wegweiser bleibt am Weg stehen und geht nicht in Richtung Ziel". Heute weiß ich nicht mehr, ob es meine damalige Sprachlosigkeit, meine an diesem Tag möglicherweise mangelhaft ausgeprägte Schlagfertigkeit oder einfach nur Höflichkeit war, dass ich nicht spontan geantwortet habe: "Und der Fisch stinkt vom Kopf".
Das Vorbild sind Sie
Ein ehemaliger Kollege von mir war ganz begeistert, als er seine erste Führungsposition übernommen hatte: "Die Leute hören mir nicht nur zu, die tun sogar, was ich ihnen sage". Manche wollen es nicht glauben, aber die meisten Mitarbeiter sind tatsächlich gutmütig veranlagt. Darin liegt die große Chance für alle Führungskräfte: Sie können etwas bewegen. Erst recht gilt dies für Vorstände.
Vorstände werden, wie alle Führungskräfte, immer dabei beobachtet, was sie tun und wie sie es tun, auch in großen Unternehmen. Am meisten bewegen sie daher durch das persönliche Vorbild - im Positiven (das dauert meist länger) wie im Negativen (das geht meist sehr schnell).
Wollen Sie, dass Ihre Mitarbeiter mehr Vertrieb machen, gehen Sie selbst zum Kunden!
Wenn Sie wollen, dass gespart wird, sollten Sie sich nicht gerade dann Ihren neuen Dienstwagen bestellen!
Wollen Sie, dass Ihre Führungskräfte mehr Mitarbeitergespräche führen, dann tun Sie es selbst auch!
Management by Walking around ist zwar keine neue Erfindung, aber immer noch aktuell. Die wenigsten Vorstände nehmen sich tatsächlich die Zeit, regelmäßig ohne feste Agenda durch das eigene Unternehmen zu laufen und dabei nicht nur mit den "einfachen" Mitarbeitern zu sprechen, sondern ihnen auch ehrliche Wertschätzung entgegenzubringen. Das wirkt manchmal Wunder.
Bevor Sie mir nun entgegenhalten, dass Sie gar kein Vorstand sind: Alles Gesagte lässt sich mehr oder weniger auf jede Führungsebene übertragen. Das Vorbild sind Sie! Warten Sie also nicht auf Ihr persönliches Vorbild sondern leben Sie es!