An der Internet of Things-Front (IoT) geht es aus CIO-Sicht derzeit chaotisch zu. "Die noch in den Kinderschuhen steckende Anbieterlandschaft ist bereits überfüllt von Anbietern, Service-Providern und Systemintegratoren, die Software-Lösungen platzieren", heißt es in einer aktuellen Forrester-Studie. "Die Lösungen sollen den Unternehmen die Aufgabe erleichtern helfen, durch IoT ermöglichte Produkte zu vernetzen, einzusetzen und zu betreiben."
Die Botschaft der Analysten von Forrester Research: Es stehen Umbruchjahre bevor. Bis etwa 2020 müssen sich IT-Chefs in einem Dickicht von Silo-Lösungen zurechtfinden, die zum Teil auch Enterprise-Funktionalitäten aufweisen. Erst nach dieser Phase sind integrierte IoT- und Enterprise-Plattformen auf dem Markt, was Stabilität in diesem Bereich bringen wird.
In 5 Jahren sind die Angebote ausgereift
Dabei trägt die Forrester-Studie einen Titel, der durchaus zuversichtlich stimmt: "Internet-of-Things Software Platforms Simplify Transformation of Business Operations". Gleichwohl wird eine momentan durchaus schwierige Gemengelage beschrieben, die insbesondere Hersteller von mit dem Internet verbundenen Produkten betreffen. An sich fehlt es dem jungen Markt eben noch rund fünf Jahre an Reife. Aber so lange können sich die CIOs in diesen Branchen eben nicht Zeit lassen. Sie müssen ihrem Business schon jetzt die für IoT benötigten spezifischen Systeme bereitstellen.
Die Entwicklung und der Einsatz smarter und vernetzter Produkte und das Neuerfinden alter Geräte sei in hohem Maße herausfordernd, schreiben die Autoren Michele Pelino und Frank E. Gillett. Es erfordere die Koordination von Netzwerkkonnektivität, Application Protocols, Data Analytics und System Management. "Um hierbei erfolgreich zu sein, werden sich CIOs einer neuen Kategorie von Software zuwenden: IoT-Plattformen", so die Analysten weiter.
Definition von IoT-Plattformen
IoT-Plattformen vereinfachen die Prozesse der Entwicklung, der Vernetzung, der Kontrolle und der Erfassung von Informationen, die Connected Products liefern. Sie ermöglichen es den Firmen, schneller auf sich verändernde Kundenanforderungen zu reagieren. Forrester liefert diese Definition: "Software-Lösungen, die mit Smart Devices und Infrastruktur verbunden sind und diese managen - mit dem Ziel, operative Daten und Kontrolle in Business- und Kundenprozesse zu integrieren."
Zwei Drittel der High-Tech-Firmen investieren
66 Prozent der Entscheider in der High-Tech-Industrie planen laut Studie in den kommenden beiden Jahren die Einführung von IoT-Systemen. Betrachtet man alle Branchen, so ist es die Hälfte aller Unternehmen. Bei der Integration mit den vorhandenen digitalen Initiativen werden sich CIOs um Sicherheit, Daten- und Software-Integration und Business Analytics kümmern müssen. Eine enge Zusammenarbeit mit den Fachbereichen erscheint dabei unabdingbar.
Eine zentrale Aufgabe ist es, die Entwicklung neuer IoT-Produkte zu ermöglichen und sie mit bestehenden Systemen zu verzahnen. Forrester merkt dazu an, dass die Produktdesigner nur wenige Erfahrungen mit Themen wie Sicherheit oder Datenschutz haben. Genau an dieser Stelle sei die Expertise der IT-Abteilungen gefragt.
IT-Abteilungen müssen helfen
Das gilt ebenso für die Einbindung von Legacy-Produkten und -Systemen in das IoT-Framework. "Das Team des CIOs wird beim Ausloten der Optionen helfen, so dass auf überkommene Weise vernetzte Produkte und Güter ein Upgrade bekommen und mit modernen Business-Applikationen vernetzt werden können", heißt es in der Studie. Dafür nötig sei eine koordinierte Strategie, die das Business miteinschließt.
5 Hürden beim IoT-Ausbau
Beim IoT-Ausbau sind laut Forrester Research insbesondere fünf Hürden zu überwinden:
Erstens die Verbindung von Geräten über Netzwerkgrenzen hinweg
Zweitens die Sicherung von eingebetteten IoT-Geräten mit Fernzugriff vor Eindringlingen
Drittens die Beschaffung und Steuerung mannigfaltiger Typen von Sensoren und Geräten
Viertens die Analyse und Transformation massiver Mengen an Sensordaten in verarbeitbare Erkenntnisse und Handlungen
Fünftens schließlich der Aufbau von durch IoT ermöglichter Prozess-Software und ihre Integration mit den anderen Anwendungen.
5 Leistungsmerkmale von IoT-Plattformen
Genau an dieser Stelle wird nach Einschätzung der Analysten eine weitere neue Software-Plattform nötig. Warum braucht es das? "Weil IoT Computing auf ein neues Gebiet physischer Geräte und Infrastruktur ausweitet und die Kunden mit einer Vielzahl neuer operativer Szenarien und neuer Geschäftsstrategien verbindet", antworten die Autoren der Studie. "Das erfordert spezialisierte Software-Tools." Fünf Leistungsmerkmale werden demnach von den neuen Plattformen abgedeckt:
1. Connect - Herstellung und Steuerung einer Verbindung vom Gerät ins Internet: Forrester nennt als Anbieter Aeris, Japser Technologies, Kore Telematics und M2Mi. Für IoT-Geräte mit weitreichender Carrier-Konnektivität böten deren Plattformen Funktionalitäten zur Steuerung multipler Carrier-Beziehungen an; ebenso Device Management "over-the-air" und spezielles Billing Management. Für IoT-Geräte, die lokale Konnektivität verwenden, bieten die Plattformen Support und Management für diverse besondere Netzwerk-Protokolle wie etwa M-Bus für Metering-Lösungen.
2. Secure - Schutz für Daten, Software, Konnektivität, Identität und Betrieb: Dieser Bereich umfasst unter anderem auch sichere Software-Upgrades, Zugangsmanagement und Data Loss Prevention (DLP). Laut Forrester sind die Funktionalitäten typischerweise in Intrusion Detection Systems und ins Zugangsmanagement eingebaut.
3. Manage - Kontrolle von Beschaffung, Wartung und Betrieb der IoT-Geräte: IoT-Plattformen wie Axeda und Dado Labs erlauben es den Unternehmen, den Betrieb von vernetzten Produkten und Gütern leicht zu konfigurieren und zu starten - auch wenn einer Vielzahl an Geräten im Einsatz sind.
4. Analyze - Transformation von Daten in relevante Informationen und Handlungen: "Analytics für IoT ist ein neues Spielfeld mit Funktionen wie Data Filtering, Streaming Analytics zur Datenbeobachtung in Echtzeit und Advanced Analytics zum Herausschälen versteckter Erkenntnisse", so Forrester Research. Plattformen wie Predix von GE und Maximo von IBM böten darüber hinaus Predictive Analytics.
5. Build - Schaffung einer Applikations- und Datenintegrationsplattform für IoT: Forrester nennt als Beispiel die Agile IoT-Plattform von Ayla. Sie mache es Entwicklern leicht, Codes, Business Rules und Data Management zu kreieren. Zugleich sei eine Integration mit IoT-spezifischer Konnektivität, Sicherheit und Manageability gegeben. Derartige Plattformen bieten auch Entwicklungs- und Scripting-Tools sowie API-Links und API-Schnittstellen zu Enterprise-Anwendungen von IBM, Microsoft, SAP und Oracle an.
In der momentanen, chaotischen Phase entwickeln Anbieter wie Axeda oder Devicify ihr IoT-Plattform-Angebot gezielt für Produktentwickler und Business-Einheiten. Eine Vielzahl an Funktionalitäten ist laut Forrester in die einzelnen Produkte eingebaut, so dass die Zielgruppe sie ohne Einbindung der IT-Abteilung nutzen kann. Diese Features seien ähnlich aufgebaut wie bekannte Security-, Reporting-, Analytics- und Anwendungsentwicklungs-Tools. Zum Teil sind es sogar schlichte Verdopplungen. Es kommt also derzeit zu einer Reihe an Überschneidungen von IoT- und Enterprise-Plattformen.
Für die kommenden Jahre erwartet Forrester, dass die bekannten Anbieter von Enterprise Software in ihre Systeme IoT-Funktionalitäten einbauen. Gleichzeitig sei damit zu rechnen, dass die IoT-Spezialisten ihren Support für APIs und Interconnects ausbauen. Bis 2019 ist vor diesem Hintergrund von einer Periode überlappender Angebote und sich schnell entwickelnder Architekturen auszugehen.
Strategie für CIOs
CIOs sollten deshalb sorgfältig die Evolution der Systeme planen, rät Forrester. Heißt: Kurzfristig die Stärken und Vorzüge der spezialisierten IoT-Plattformen mitnehmen; aber zugleich langfristig die Weiterentwicklung der Enterprise-Anbieter bei Anwendungsentwicklung, Integration und Analytics einkalkulieren.
Ab 2020 ist nach Einschätzung der Analysten mit Stabilität zu rechnen. Die Überkomplexität der Angebote wird sich reduzieren, integrierte Plattformen werden auf dem Markt sein. Forrester geht davon aus, dass sich dann auch Oracle, Google und Pegasystems um das IoT-Feld kümmern, so wie es IBM, Microsoft, SAP und Salesforce bereits begonnen haben.
IBM, SAP & Co entwickeln IoT-Funktionen
Aktuell ist die Lage bei den Branchenriesen also heterogen. IBM habe IoT schon längere Zeit als Teil seiner Smarter Planet-Strategie im Fokus, so Forrester Research. Ende 2014 seien IoT-Funktionen in IBM Bluemix eingebaut worden. Microsoft habe ebenfalls Ende vergangenen Jahres die Entwicklung von Azure Intelligent Systems angekündigt; SAP wolle IoT-spezifische Funktionalitäten in die SAP HANA Cloud einbauen. Salesforce biete bereits den Wear Developer-Pack an - ein spezifisches Angebot für das Feld der Wearable Devices.
3 Kategorien von IoT-Plattformen
Neben den großen Software-Anbietern unterteilt Forrester das IoT-Plattform in drei Kategorien:
Es gibt unter den Anbietern Generalisten, die eine breite Palette an Funktionalitäten bereitstellen
Außerdem gibt es Anbieter von Wireless Management-Plattformen, die eine breite Nutzung von Netzwerkoperatoren ermöglichen.
Schließlich adressieren Anbieter mit Branchenfokus die Anforderungen spezifischer Märkte und Use Cases.
Hinzu kommen Pakete, die von Mobilfunkanbietern und Systemintegratoren geschnürt werden. In hochgradig dynamischen und unvorhersehbaren Zeiten sieht Forrester Research in ihnen natürliche Verbündete der CIOs. Diesen empfehlen die Analysten, offen für IoT-Plattformen zu sein - auch wenn viele Anbieter kleine und junge Firmen seien. Es sei ratsam, eine IoT-Strategie zu entwickeln, um mit der Road Map der eigenen Software-Partner im Gleichschritt marschieren zu können. Und man sollte sich darauf einstellen, mit einem massiven Volumen an neuen Daten konfrontiert zu werden.