"Elektronik statt Papier". Unter diesem Motto hat das Bundesfinanzministerium Ende 2008 die Einführung der E-Bilanz beschlossen, um die Steuerbürokratie abzubauen. Künftig sollen in Deutschland bilanzierende Unternehmen ihre Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung oder eine Überleitungsrechnung auf Basis des XBRL-Standards (eXtensible Business Reporting Language) an die Finanzbehörden übersenden.
Das betrifft immerhin 1,37 Millionen Firmen. Doch 90 Prozent der Betriebe glauben, dass die Finanzverwaltung sie bisher unzureichend oder nur bruchstückhaft über die Anforderungen der E-Bilanz informiert hat. Drei Viertel der Unternehmen haben daher noch keine Maßnahmen zur Umstellung auf die elektronische Übertragung von Bilanzdaten initiiert.
Zu diesen Kernergebnissen kommt die E-Bilanz-Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO. Für die schlechte Vorbereitung der Firmen auf das elektronische Verfahren gibt es laut Untersuchung neben der schlechten Informationspolitik der Finanzverwaltung eine Reihe von weiteren Gründen.
Hick-hack bei der Umstellung
Ursprünglich geplant war die Einführung E-Bilanz für alle Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2010 beginnen. Diese musste verschoben werden, weil die Finanzverwaltung mit der inhaltlichen Ausgestaltung in Verzug war. Hinzu kamen Einwände von Verbands- und Unternehmensseite. Für das Jahr 2011 gibt es eine Pilotphase, in der Firmen die neuen Anforderungen zur elektronischen Datenübertragung auf ihre Praxistauglichkeit testen können.
Laut Bundesfinanzministerium nehmen die Finanzbehörden die Jahresabschlüsse für das Wirtschaftsjahr 2012 nur noch in elektronischer Form an. Es gibt jedoch eine Übergangs- und Nichtbeanstandungsregelung (§ 5b EStG). Dadurch sind Unternehmen erst für das Wirtschaftsjahr 2013 verpflichtet, die amtlich vorgeschriebenen elektronischen Datensätze an die Finanzbehörden zu schicken.
E-Bilanz per Knopfdruck dauert noch
Das alles sorgt bei den Unternehmen mehr für Verwirrung als für Klarheit. So haben die Finanzbehörden immer noch nicht das angekündigte finale Schreiben mit den wesentlichen Inhalten zur Umsetzung der E-Bilanz veröffentlicht. 85 Prozent der befragten Firmen stufen dieses Dokument als wichtig oder gar sehr wichtig für die weitere Planung ein, denn sie erwarten wesentliche Informationen für die Umstellungsvorbereitungen.
Deshalb wird es noch eine Weile dauern, bis Firmen ihre Bilanzen per Knopfdruck an die Finanzverwaltung schicken können. Bisher tappen die meisten Betrieb auch bei der Frage im Dunkeln, wie viel Zeit sie benötigen, um die E-Bilanz umzusetzen und wie hoch die Kosten dafür sein werden.
Kosten in Millionenhöhe
Sieben Prozent der Studienteilnehmer gehen davon aus, dass die Umstellung mehr als eine Million Euro kosten wird. 22 Prozent schätzen den finanziellen Aufwand auf bis zu 670.000 Euro ein, rund zehn Prozent auf 155.000 Euro. Die Hälfte der Befragten traute sich überhaupt keine Kostenabschätzung zu.
Zum Zeitaufwand wollten knapp 42 Prozent der befragten Unternehmen keinerlei Angaben machen. Von den Betrieben, die sich hierzu äußerten, gehen rund 23 Prozent davon aus, dass die Umstellung mindestens 20 Arbeitstage, wenn nicht sogar 30 Tage und mehr dauern wird.
Über die Hälfte ist der zudem der Meinung, dass die Anforderungen der E-Bilanz gezielte Personalschulungen erfordern.
Katastrophale Informationspolitik
Aufschlussreich ist, dass die Mehrzahl der bilanzierenden Unternehmen von der Umstellung auf die E-Bilanz nicht durch die Finanzbehörden erfahren hat. Vielmehr erhielten sie diese Information von ihrem Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater (62 Prozent), durch die Medien (40 Prozent) wie auch durch Seminar- und Systemanbieter (39 Prozent). Das Urteil der Studienautoren über diese katastrophale Informationspolitik fällt denn auch vernichtend aus: "Die Finanzverwaltung hat es damit anderen überlassen, ihre eigenen Kunden zu informieren, ohne dabei ausreichende Fakten zu schaffen."
Für die Studie hatte das Marktforschungsinstitut TNS-Emnid im Auftrag von BDO 300 E-Bilanz-Verantwortliche in Unternehmen mit einer Größe zwischen 50 und 20.000 Mitarbeitern im Zeitraum von Mitte Mai bis Mitte Juni 2011 telefonisch befragt.