Während sich bei einer Gartner-Umfrage in den USA im September 2008 noch 63 Prozent der Unternehmen für ein Upgrade ihrer E-Commerce-Plattform in den nächsten 12 Monaten aussprachen, hatten im März 2009 auf dieselbe Frage nur 46 Prozent der Unternehmen in EMEA (Europa, Mittlerer Osten und Afrika) die gleichen Pläne. Sicher gibt es historisch-geographisch bedingte Unterschiede zwischen beiden Regionen – so ist der Anteil amerikanischer Unternehmen schon seit Jahren höher, die das Web als Verkaufskanal benützen –, aber die Antworten müssen auch auf dem Hintergrund der beschleunigten Rezession gesehen werden. Wer dennoch erfolgreich E-Commerce betreiben will, muss vor allem bei Kostenkürzungen im eigenen Haus ansetzen.
Gartner empfiehlt deshalb, in fünf Schritten die Kosten für E-Commerce zu senken, ohne dabei die Loyalität der Kunden zu verlieren.
Tipp 1: Standardprodukte statt Eigenentwicklungen benützen
Gerade für Grundfunktionen sollte man auf teure Eigenentwicklungen verzichten, meinen die Gartner-Analysten: Dies betrifft vor allem selbst entwickelte Funktionen wie den elektronischen Einkaufswagen, Suche oder Produktvorstellungen, die man durch Software von der Stange oder Open Source ersetzen sollte. Gerade große Unternehmen können hier bei Lizenz- und Wartungskosten bis zu 35 Prozent sparen, und bei kleineren Unternehmen sind es immerhin noch bis zu 25 Prozent.
Gegenwärtig sind mehr als 50 Prozent aller E-Commerce-Seiten selbst entwickelt. "Außer für Marktführer wie Amazon oder eBay stellt die Eigenentwicklung nur eine Verschwendung von Ressourcen und Geld da", meint Gartner-Analyst Gene Alvarez, "weil damit nur Funktionen unterstützt werden, die keinen besonderen Nutzen für die Kunden bringen". Alvarez legt den Unternehmen nahe, lieber in ein verbessertes Seiten-Design oder in die Search-Optimierung zu investieren, um im Google-Ranking weiter nach oben zu rutschen.
Gartner bringt auch das Outsourcing der Webseiten oder zumindest einen Dienst wie Software-as-a-Service (SaaS) ins Spiel, weil damit unter Umständen deutliche Kostenreduzierungen erzielt werden können. Generell ist zu beachten, dass die Dotcom-Krise 2001 gezeigt hat, dass vor allem jene Firmen überlebt haben, die auch im Internet und beim E-Commerce gut aufgestellt waren.
Tipp 2: Größeren Return on Investment (RoI) durch den Einsatz bestehender Technologie erzielen
Wer sich auf die bereits im Firmenbesitz befindliche IT-Technologie besinnt, kann die Ausgaben für Service, Verkauf und Marketing deutlich senken: Gartner spricht von 15 Prozent für größere und zehn Prozent für kleinere Unternehmen im laufenden und nächsten Jahr und zehn Prozent in den Folgejahren. Um diese Optimierung der bestehenden Infrastruktur in Gang zu setzen, sind laut Gartner nur einmalige Ausgaben in Höhe von fünf Prozent der bisherigen Investitionen für E-Commerce notwendig. Unternehmen sollten sich darüber hinaus überlegen, jede Technologie aus dem Rechenzentrum rauszuwerfen, die nicht eine Nutzungsrate von mindestens 95 Prozent hat.
Tipp 3: Nur jene Web-2.0-Tools einsetzen, die direkte Kundenvorteile versprechen
Unternehmen, die mit Sales-Tools für "Rich Internet Application" (RIA) im Umfeld von Web 2.0 experimentieren, sollten laut Gartner ihre Entwicklungsanstrengungen auf ein vertretbares Maß zurückschrauben. Gartner schätzt, dass diese Strategie fünf bis zehn Prozent Kostenersparnis in den nächsten Jahren bringen wird. RIAs könnten zwar die Einkaufserfahrungen der Kunden verbessern, allerdings müssten vorhandene Ressourcen und nötige Investitionen dagegen aufgewogen werden. Es müsse genau geprüft werden, wie viele Kunden schon beim Beginn ihres Einkaufsprozesses wieder aussteigen und wie dem effektiv begegnet werden könne.
Online Communities können hier wertvolle Erfahrungen sammeln, die die Unternehmen dann zur Verbesserung ihrer Seiten verwenden können. Gartner meint aber, dass 2009 nicht die Zeit sei, solche Communities aufzubauen. Stattdessen sollten sich die Unternehmen darauf besinnen, bestehende Communities wie MySpace oder Facebook zu benützen und dort entsprechende Foren aufzubauen.
Tipp 4: Hart mit den Anbietern von E-Commerce-Software verhandeln
Egal ob es um den Neukauf von Software oder um schon bestehende Software für E-Commerce geht, Gartner ist der Ansicht, dass es sich jetzt lohnt, mit den Herstellern intensiv über Lizenzen und Wartung zu verhandeln. 2009 seien Preisnachlässe von 20 bis 50 Prozent möglich, und auf längere Sicht weitere drei bis vier Prozent. Die Hersteller würden allerdings versuchen, an ihren bisherigen Margen festzuhalten, doch seien bei hartnäckigen Verhandlungen große Rabatte drin, da sie angesichts der Konkurrenz an langfristigen Kundenbindungen interessiert sind.
Die Anwender sollten darüber hinaus versuchen, mehr Computing-Power zu einem niedrigeren Preis zu kaufen – zum Beispiel eine 8-Core-Lizenz zum Preis einer 4-Core-Lizenz erstehen. Das Gleiche sollte bei SaaS-Verträgen probiert werden. So ließe sich die Kapazität und Performance der bestehenden Infrastruktur steigern, ohne dass dies mit Preissteigerungen verbunden wäre.
Tipp 5: Organisatorische Veränderungen einleiten, um überflüssige Jobfunktionen abzubauen
Gartner geht davon aus, dass zumindest in einigen Unternehmen Arbeiten doppelt ausgeführt werden: Zum Beispiel gibt es häufig getrennte Marketingstellen für das klassische Verkaufs- und das Online-Geschäft. Diese Positionen könnten laut Gartner auch zusammengelegt werden, was zusätzliche Einsparungen bedeute. Unternehmen könnten 2009 auf diese Weise 10 bis 15 Prozent bei den Personalkosten einsparen. Dies ließe sich, so Gartner, auch in den folgenden Jahren fortsetzen. Eine bittere Pille, aber oft genug wird es keinen anderen Weg aus der Krise geben. Aber es gibt ja noch Tipp eins bis vier – und die sollten unbedingt zuerst probiert werden.