Ziel der erneuten Reform des Gesundheitswesens ist es, im Gesundheitssektor im nächsten Jahr 3,5 Milliarden Euro und 2012 vier Milliarden Euro einzusparen. Für Kliniken, Ärzte und Zahnärzte werden weniger Gelder bewilligt. Spareffekte sind auch bei den Arzneimitteln vorgesehen, indem sich die Hersteller neuen Festsetzungsverfahren für die Preisgestaltung unterwerfen müssen. Insgesamt muss das Gesundheitswesen und damit auch die Healthcare-IT mit weniger Geld auskommen, auch wenn es zunächst so aussieht, als ob mehr finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Für die Arbeitnehmer wird es zudem teurer, krankenversichert zu sein. Der einheitliche Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung soll zum 1. Januar 2011 um 0,6 Punkte auf 15,5 Prozent erhöht werden. Dabei wird der Arbeitgeberanteil, der bislang bei sieben Prozent liegt, bei 7,3 Prozent festgeschrieben, während alle künftigen Kostensteigerungen in der gesetzlichen Krankenversicherung ab 2012 nur von den Versicherten durch Zusatzbeiträge zu finanzieren sind. Für besonders einkommensschwache Schichten wird ein Sozialausgleich eingeführt, dessen Wirkung schon jetzt umstritten ist.
Das neue Gesetz hat sofort zu heftigen Kontroversen zwischen Parteien und Verbänden geführt. So äußerte sich Rolf Hoberg, Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg: "Mit dem GKV-Finanzierungsgesetz wird nun schnell mehr Geld in das Gesundheitssystem gepumpt und keine wirkliche, weil nachhaltige Ausgabenbegrenzungspolitik betrieben. Ganz so, als wolle man einen löchrigen Ballon dauerhaft mit Luft füllen."
Als "puren Aktionismus" bezeichnete Hoberg die in letzter Minute eingebrachte Regelung, wonach Krankenkassen geringere Verwaltungskosten zugewiesen bekommen, sofern sie bis Ende 2011 nicht mindestens zehn Prozent ihrer Versicherten mit "Elektronischen Gesundheitskarten" ausgestattet haben: "Diese Regelung führt der Akzeptanz des eigentlich sinnvollen Projektes bei der Bevölkerung weiteren Schaden zu, denn es sollen Karten ausgegeben werden, die im Vergleich zu den heutigen derzeit keinerlei Zusatznutzen haben."
Hinzu komme, dass "die Arztpraxen flächendeckend gar nicht die für die neue Karte erforderlichen Lesegeräte haben und die Versicherten daher dann zwei Karten benötigen - die bisherige Krankenversicherungskarte und die neue". Laut Hoberg fehle den gesetzlichen Krankenkassen wie der AOK für diese Art von Symbolpolitik jedes Verständnis.
Neues Durcheinander statt klarer Reform
Es bleibt abzuwarten, welche Überraschungen sich noch für die elektronische Gesundheitskarte ergeben werden. Von einer breiten, flächendeckenden Einführung ist man noch immer weit entfernt. Eins steht schon jetzt fest: Die nächste Reform der Reform wird kommen.