Selbst wenn sich die Nachricht erstmal nur für die Hard- undSoftware-Anbieter und Dienstleister gut anhört, so könnte sie dennochauch in der IT-Anwenderbranche für Auftrieb sorgen: Laut IDC werdendie Ausgaben für E-Governement-Dienstleistungen in Europa im nächstenJahr um 13 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro/Dollar steigen.
"In einem schwachen IT-Marktumfeld wachsen die E-Goverment-Servicesstark", konstatiert IDC-Analyst James Weir. Darin liege eine Chancefür die IT- und Telekommunikationsindustrie, eine starke Rolle bei derUmwandlung des öffentlichen Dienstes zu spielen. Denn die öffentlichenVerwaltungen, davon ist der Marktforscher überzeugt, müssen trotzknapper Kassen alles daran setzen, intelligenter und schneller mit derWirtschaft, mit den Bürgern und untereinander zu kommunizieren. ImVordergrund stehen nach seiner Einschätzung elektronischeÄmterkommunikation für die Bürger, Online-Marktplätze für öffentlicheAusschreibungen und der Austausch von Informationen zwischenverschiedenen Behörden.
Dass beim letzten Punkt die Alarmglocken schrillen, verwundert nicht.Jüngster Fall: Die niedersächsische Landesregierung plant, dieEDV-Systeme aller Einrichtungen der Landesverwaltung gemeinsamenRichtlinien zu unterwerfen und sie einem CIO zu unterstellen. ZurLandesverwaltung zählt auch die Justiz, und die verwahrt sich gegendie Pläne.
Es ist jetzt natürlich sehr einfach, den Juristen vorzuwerfen, siehätten Angst vor dem frischen Wind einer straffen IT-Organisation, dersie in ihren verstaubten Amtsstuben aufscheuchen und Millionen anVerwaltungskosten aus eingerosteten Prozessen herausblasen würde. DieArgumente von Wolfgang Arenhövel lassen sich aber nicht so einfachentkräften. Der Präsident des Landgerichts Osnabrück und Vorsitzendedes Niedersächsischen Richterbunds sieht nämlich die Eigeständigkeitder Justiz gefährdet, sollten die Pläne zur Bündelung derDatenverarbeitungsaufgaben aller Ländereinrichtungen umgesetzt werden.Die Justiz, sagt der Richter, müsse eigenständig bleiben und dürfenicht gezwungen werden, ihre IT-Belange von einem Dienstleistererledigen zu lassen, den sie nicht selbst ausgewählt hat und der zudemauch für Instanzen arbeitet, deren Interessen nicht immer kongruentmit denen der Justiz sein müssen. Der Gewaltenteilungsgrundsatz desGrundgesetzes könne sonst in Gefahr geraten, warnt Arenhövel.
Die Entscheidung ist noch nicht gefallen, und sie dürfte auch nochetwas auf sich warten lassen. Aber es weist vieles darauf hin, dass inder Diskussion über einen Landes-CIO in Niedersachsen das ThemaE-Government neu aufgerollt wird. Wenn die Juristen sagen, sie wollenkeinen Landes-CIO vor die Nase gesetzt bekommen, dann reagieren siedamit nicht anders als ein Business-CIO, der auf seinem Recht beharrt,sich den Dienstleister selbst auszusuchen. Und wenn er einemDienstleister nicht traut, weil der auch für die Konkurrenz arbeitet,dann wird es ihm niemand krumm nehmen.
Die IT-Service-Provider, die in dem von IDC versprochenen Aufwindmitsegeln wollen, werden wohl Acht geben müssen, dass sie nichtin Turbulenzen geraten, die im öffentlichen Sektor oft unverhofftvorkommen.