Analysten-Kolumne

E-Government - steht der Durchbruch kurz bevor?

25.06.2008 von Kerstin Dirtheuer
Die IT-Budgets im öffentlichen Sektor steigen langsam aber stetig, und auch die Investitionen in Software und IT-Services weisen positives Wachstum auf. Dennoch ist PAC nicht davon überzeugt, dass dieses Wachstum für die stetig steigenden Anforderungen an die IT im öffentlichen Sektor ausreicht.
PAC-Analystin Kerstin Dirtheuer: "Die bisherigen E-Government-Dienstleistungen in Deutschland stecken noch in den Kinderschuhen."

Es wird keine leichte Aufgabe sein, die Dienstleistungsrichtlinie umzusetzen und den Rückstand bezüglich E-Government-Lösungen im Vergleich zu vielen anderen EU-Ländern aufzuholen. Während zum Beispiel die IT-Budgets der Bundesländer in diesem Jahr um rund drei Prozent steigen, weisen die Ausgaben für externe IT-Dienstleistungen mit rund acht Prozent ein deutlicheres Wachstum auf. Dies liegt unter anderem daran, dass öffentliche Einrichtungen zunehmend mehr Leistungen nach außen vergeben.

Der öffentliche Sektor in Deutschland unterliegt einem immer schnelleren Wandel. Menschliche Aktivitäten werden zusehends in die virtuellen Räume der Informations- und Kommunikationstechnologien verlagert; seit Jahren steigen die Nutzungszahlen im Internet, im Jahr 2007 waren bereits 40,8 Millionen Deutsche online, 33 Millionen Bürger erledigen ihre Einkäufe bereits im Netz. Diese Entwicklung verändert dabei mehr und mehr die Erwartungen an die öffentliche Verwaltung: Bürger wollen die öffentlichen Einrichtungen möglichst rund um die Uhr elektronisch erreichen, das heißt Anträge online stellen und auch auf diesem Wege empfangen. Ziel ist es, sich den eigentlichen Gang zum Amt weitestgehend zu ersparen.

Neben den privaten Anforderungen der Bürger erwarten auch die deutschen Unternehmen eine bessere Erreichbarkeit der Ämter. Erstrebenswert sind nach Ansicht der Unternehmen Online-Dienstleistungen, die den Unternehmen ein "One-Stop-Government" ermöglichen. Konkret bedeutet dies, dass ein Kunde der öffentlichen Verwaltung alle einzuschlagenden Amtswege von einem einzigen Zutrittspunkt aus machen kann. Kernelement dieser Forderung ist die entsprechende Vernetzung der einzelnen Behörden untereinander, so dass der Kunde (Bürger, Privatunternehmen, öffentliche Stelle, usw.) von einer zentralen Stelle aus alle Ämter erreichen kann, unabhängig von seiner Anfrage.

Beim bisherigen Angebot der öffentlichen Verwaltung in Deutschland besteht noch großer Nachholbedarf. Denn obwohl die Nachfrage nach E-Government in Deutschland immer schneller wächst, zeichnet sich bisher auf dem Markt ein im Vergleich zu unserem Nachbarland Österreich nur geringes Angebot für die Bürger und Unternehmen ab. Die bisherigen E-Government-Dienstleistungen in Deutschland stecken noch in den Kinderschuhen. Für diese Entwicklung gibt es mehrere Gründe. So hat der in Deutschland vorherrschende starke Föderalismus bisher ein einheitliches Verfahren fast unmöglich gemacht. Dieses wird jedoch als notwendige Voraussetzung für ein weiteres Wachstum von E-Government-Anwendungen in Deutschland gesehen. Denn bei den zahlreichen Eigenentwicklungen auf dem Markt geht durch die Abstimmung viel Zeit und Geld verloren. Das Thema E-Government wurde in der Vergangenheit oftmals nur als Kostenfaktor betrachtet und deshalb nicht weiter forciert.

Nichtsdestotrotz zeichnen sich erste Fortschritte im E-Government-Umfeld ab. So wurden 2007 erstmals drei der 25 Projekte der E-Government 2.0-Initiative des Bundes umgesetzt: "Digitales Bildarchiv", "e-Vergabe 3.3" und "eAntrag PSM". Es scheint, als hätte die Regierung aus dem Fehlstart von "Bund Online" gelernt. Die öffentliche Verwaltung hat jedoch noch einen Riesenschritt zu tun. Vergleichbar mit der Entwicklung im Bereich der Wirtschaft zeichnet sich auch in der öffentlichen Verwaltung ein Prozess der grundlegenden prozessorientierten Vernetzung ab. Dabei reicht das Spektrum von der verwaltungsinternen Vernetzung unterschiedlicher Bereiche und IT-Systeme über den Aufbau behördenübergreifender Netze bis zu der Entwicklung und dem Aufbau gemeinsamer europäischer Informations- und Kommunikationsnetze.

Potenziale für die Wirtschaft von E-Government

Wachstum der IT-Budgets und Ausgaben für Core SITS der Bundesländer von 2006 bis 2008.

Einen ersten Schritt in diese Richtung sieht man am Beispiel Sachsen. In diesem Bundesland wird ein Verwaltungsnetz aufgebaut, an dem alle Ämter und kommunalen Einrichtungen angeschlossen sein werden. Das neue Netz unterstützt dabei auch die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie, die bis einschließlich 28. Dezember 2009 endgültig abgeschlossen sein sollte.

Insgesamt sieht PAC hohes Potenzial für die Wirtschaft, sollte die E-Government-Initiative weiterhin erfolgreich weiter wachsen. Dabei können unter anderem für Unternehmen positive Effekte durch Kostensenkungen sowie Produktivitäts- und Umsatzsteigerungen entstehen. Spürbare Kostensenkungen entstehen bei den Unternehmen durch geringere Transaktionskosten. Die Produktivitätseffekte sind eine Folge der optimierten Bürokratieprozesse bzw. E-Government-Prozesse. Doch auch für den Bürger wird der Gang zum Amt weitgehend vereinfacht.

Kerstin Dirtheuer ist Consultant bei Pierre Audoin Consultants (PAC).