Den Job im Reisegepäck

E-Mails bearbeiten statt Strandlektüre

05.08.2013 von Bettina Dobe
Vier von zehn Deutschen arbeiten im Urlaub. Zwar nimmt generell die Bereitschaft ab, in der Freizeit zu arbeiten - doch immer mehr Chefs kontaktieren ihre Angestellten.

Am Strand liegen, baden und dem Kollegen noch letzte Verbesserungen an der Präsentation schicken - viele Deutsche arbeiten im Urlaub. Ganze 42 Prozent der Angestellten können sich in der schönsten Zeit des Jahres nicht ganz entspannen. Männer greifen, so eine Umfrage des Reiseanbieters lastminute.de, häufiger als ihre Kolleginnen zum Beispiel auf ihre Arbeits-E-Mails zu oder telefonieren kurz mal mit dem Kollegen: 45 Prozent nutzen die freie Zeit nicht nur zum Faulenzen. Dass dieses Verhalten weit verbreitet ist, bestätigt auch eine Umfrage unter unseren Lesern.

Frauen dagegen schalten im Urlaub Computer und Smartphone häufiger ab: Nur 39 Prozent von ihnen gaben in der lastminute.de-Studie an, im Urlaub auch ans Arbeitshandy zu gehen.

Der Chef will es so

Freiwillig ist die Strandarbeit nicht unbedingt: Ein Viertel der tausend Befragten gab an, dass ihr Chef voraussetze, dass sie erreichbar seien. Wenn der Arbeitgeber dies erwartet, dann nutzt er die Erreichbarkeit auch: Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) derjenigen, von denen Erreichbarkeit erwartet wurde, wurden tatsächlich im Urlaub von Kollegen oder Chefs kontaktiert. Diese Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr angestiegen: 2012 waren es nur 64 Prozent der Vorgesetzten, die den Urlaub machenden Kollegen anriefen.

Viele Chefs möchten, dass die Mitarbeiter auch im Urlaub erreichbar sind.
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Diese Entwicklung, dass Führungskräfte ihre Kollegen häufiger kontaktieren, ist eigentlich paradox: Immer mehr Arbeitnehmer wollen gerade nicht gestört werden, wie die Umfrage nachweist. Trotzdem rufen Chefs vermehrt an. "Die Anzahl derer, die sich im Urlaub freiwillig mit Arbeit beschäftigen, verringert sich also – das Verhalten der Arbeitgeber hinkt diesem Trend jedoch hinterher", heißt es in der Umfrage. Ein solches Verhalten der Chefs könnte man auch als Doppelmoral bezeichnen. Schließlich pochen Führungsgrenzen selbst auf Grenzen der Erreichbarkeit und wollen nicht immer und überall verfügbar sein - bei ihren eigenen Kollegen scheinen sie aber gleichbleibend darauf zu bestehen, sie im Urlaub anrufen zu können.

Generation Y immer erreichbar

Die Sehnsucht nach weniger Urlaubsarbeit - wenn die Chefs das zulassen - schlägt sich in Zahlen nieder. Vor zwei Jahren arbeitete noch mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Arbeitnehmer im Urlaub, so die Umfrage des Reiseanbieters. Diese Zahl sinkt. Immer mehr Angestellte verweigern sich offenbar der ständigen Erreichbarkeit. 2012 waren es nur noch 45 Prozent, 2013 ist die Quote nun bei 42 Prozent angekommen. Diese Zahlen decken sich mit einer Umfrage des Softwareanbieters Teamviewer.

In dieser Umfrage kam heraus, dass vor allem die Generation Y ständig und überall erreichbar ist - eben auch am Strand in Bali. Nur etwa jeder Zehnte der Millennials gab an, dass er davon ausgeht, im Urlaub nicht kontaktiert zu werden. 90 Prozent rechnen also damit, im Urlaub zu arbeiten. Das passt zu der Annahme, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit in dieser Generation zunehmend verschwimmen.

Warum im Urlaub überhaupt arbeiten? Männer und Frauen gaben in der Umfrage von Lastminute.de gleich häufig an, dass sie sich für ihren Job verantwortlich fühlten. Für Frauen stand auf Platz zwei der Gründe, warum sie im Urlaub arbeiteten: Sie lieben ihren Job und arbeiten einfach gern. An dritter Stelle gaben sie an, dass es immer etwas Wichtiges zu tun gebe. Dass Urlaubsarbeit ihre Karriere fördere, das glauben unter Frauen nur fünf Prozent. Immerhin jede zehnte Frau sagte, dass sie nur mit Arbeit ihren Urlaub genießen könnten, sonst würden sie sich langweilen.

9 Tipps für einen entspannten Urlaub
Besser vier Wochen Sylt, als zwei Wochen DomRep: "Körper und Seele brauchen mindestens drei Wochen, um sich zu erholen", weiß der Psychiater Michael Stark. "Das gilt ganz besonders, wenn man in eine andere Zeitzone oder in ein anderes Klima fährt." Denn Jetlag und die Umstellung auf tropische Temperaturen belasten den Körper mehr, als ihn zu erholen. Das gilt ganz besonders für stark Gestresste und für Kurzurlaube.
Erledigen Sie alle wichtigen Aufgaben vor Ihrem Urlaub
Und bitte nicht die letzten Aufgaben im Flugzeug auf dem Weg in den Urlaub erledigen. Die Gefahr, die Arbeit mit in die Ferien zu nehmen wäre zu hoch.
Versuchen Sie es mit einem Kontrastprogramm
Machen Sie in Ihrem Urlaub das, was Sie zuhause selten tun. Wenn Sie bei ihrem Job viel sitzen oder stehen, versuchen Sie es in den Ferien mit Bewegung. Haben Sie in Ihrer Arbeit ständig mit vielen Menschen zu tun, probieren Sie im Urlaub aus, ob Sie Stille und Leere genießen können.
Überfrachten Sie Ihren Urlaub nicht
Nehmen Sie sich nicht jeden Tag was vor, sondern planen Sie auch Zeiten ohne Aktivitäten ein, in denen Sie einfach nur entspannen. Wenn Sie mit Partner oder Familie reisen, gönnen Sie allen auch einmal Zeit ohne die anderen. Manchmal lassen sich einfach nicht alle Urlaubswünsche auf einen Nenner bringen.
Schalten Sie Ihr Handy aus
Diese Maßnahme wird den meisten wohl am schwersten fallen; schließlich kann es ja sein, dass Kunden mit Aufträgen winken. Genau das ist aber zugleich der größte Stressfaktor. Versuchen Sie es zunächst mit langsamer Entwöhnung: Hören Sie einmal am Tag Ihre Mailbox ab, das reicht.
Lassen Sie zwischen letztem Arbeits- und erstem Reisetag ein paar Tage vergehen
Damit geben Sie dem Körper die Möglichkeit, zwischen Arbeitsstress und Reisestress schon einmal ein wenig zu entspannen.
Der eine liegt im Urlaub gerne am Strand, der andere geht gerne wandern
Finden Sie heraus, was Ihnen gut tut: faulenzen oder aktive Entspannung. Das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich.
Wenn Sie in den ersten Urlaubstagen noch an die Arbeit denken, machen Sie sich keinen Stress damit
Solche Gedanken stehen nicht im Widerspruch zu Ihrem Wunsch nach Entspannung, sondern können der Auftakt dafür sein, wenn Sie anschließend die Fragen und Probleme aus Ihrem Job abgehakt haben.
Nehmen Sie Ihren Urlaub mit nach Hause
Fotos und Videos wecken auch später die Erinnerung an entspannte Tage und schöne Erlebnisse. Die Musik, die Sie am Strand oder im Club gehört haben, bringt Ihnen das Gefühl der Erholung wieder zurück. Und wenn Sie Ihren Weg zur Entspannung gefunden haben, probieren Sie einfach aus, ob der auch im Alltag für Sie begehbar ist.

Männer dagegen sind nach eigener Meinung wohl unverzichtbar, wie die Umfrage des Reiseportals ergab. Sie gehen deutlich mehr als Frauen davon aus, dass ohne sie Wichtiges oder einfach sehr viel liegen bleiben. Hauptsächlich arbeiten Männer aber im Urlaub an ihrer Karriere. Jeder zehnte glaubt, dass dieser Einsatz sich bei der nächsten Gehaltsverhandlung auszahlen werde.

Stress macht krank

Arbeiten im Urlaub und ständige Erreichbarkeit sind auf Dauer nicht gesundsfördernd, denn damit ist das Stresslevel sogar beim "Abschalten" noch erhöht. Die Zeit für Regeneration kommt viel zu kurz und die Wahrscheinlichkeit steigt, an Depression oder Burnout zu erkranken. Besser für die Gesundheit ist, im Urlaub komplett abzuschalten. Diesen Rat sollten sich vor allem IT-Führungskräfte zu Herzen nehmen. Sie arbeiten besonders viel, auch am Wochenende. Langfristig geht eine derartige Arbeitsbelastung nicht gut und gefährdet den Job viel stärker, als Emails mal eine Woche nicht zu beantworten.