Personalmanagement-Studie

E-Recruiting spart Zeit und Geld

07.04.2003 von Holger Eriksdotter
Großunternehmen senken mit Online-Jobbörsen und Stellenanzeigen auf der eigenen Homepage nicht nur die Kosten für das Personal-Marketing, sie beschleunigen auch die Bewerberauswahl und damit das Einstellungsverfahren.

Durchschnittlich 28 Prozent der Kosten sparen Unternehmen durch die Nutzung von E-RecruitingInstrumenten. "Beim Einsatz eines konsequent auf E-Recruiting ausgerichteten Bewerbermanagementsystems ist das Einsparpotenzial noch erheblich größer", sagt Falk von Westarp, Marketing-Leiter bei Monster Deutschland und Mitautor der Studie "Recruiting Trends 2003".

Zwar ist dieser Punkt meist ausschlaggebend, wenn sich ein Unternehmen für E-Recruiting entscheidet, doch bietet das Verfahren noch weitere Vorteile: 57 Prozent der Befragten nennen höhere Bewerberzahlen - und damit mehr Auswahl - als bedeutsamen Effekt, für rund ein Viertel der Unternehmen spielt die Optimierung der Personalbeschaffungsprozesse eine große Rolle, immerhin zwölf Prozent der Teilnehmer halten die Verbesserung der Bewerberqualität für ein wichtiges Argument.

Für seine wissenschaftliche Untersuchung hat das Institut für Wirtschaftsinformatik der Goethe-Universität Frankfurt in Kooperation mit dem Online-Stellenmarkt Monster und dessen Muttergesellschaft TMP Worldwide die Personalverantwortlichen der 1000 größten deutschen Unternehmen zu ihren E-Recruiting-Aktivitäten befragt. Die 196 Antworten wurden durch eine schriftliche Befragung von 63 Personalverantwortlichen und weitere Interviews mit Experten für Personalbeschaffung ergänzt.

Deutsche Unternehmen im Hintertreffen

Ergebnis: E-Recruiting ist mittlerweile bei fast allen deutschen Großunternehmen etabliert, allerdings in unterschiedlichem Maße und nicht in dem Umfang, der nach Einschätzung von Studienleiter Wolfgang König sinnvoll wäre. "In Amerika sind die elektronischen Personalbeschaffungskanäle schon viel weiter ausgebaut; die deutschen Unternehmen müssen sich anstrengen, um das Digital Gap zu schließen."

Entlang des ganzen Personal-Marketing- und Recruiting-Prozesses - vom Bekanntmachen des Unternehmens als Arbeitgeber (Employer Branding), von Anzeigen auf der Homepage und in Online-Stellenbörsen (Personalwerbung) über den Verwaltungs-Workflow (Bewerbermanagement) bis zur Vorauswahl auf Basis der Bewerbungsunterlagen (Vorselektion) - sieht König noch Optimierungspotenzial durch E-Recruiting-Verfahren.

Voraussetzung für die reibungslose digitale Bearbeitung ist ein Online-Formular mit allen wichtigen Informationen auf der eigenen Website oder auf einer Stellenbörse. Zwar treffen heute im Schnitt rund 30 Prozent der Bewerbungen per E-Mail ein; für eine digitale Verarbeitung sind sie aber ebenso unhandlich wie klassische Mappen, da sie erneut ins System eingegeben werden müssen.

Persönliches Gespräch bleibt unersetzlich

Zusätzlichen Nutzen konstatieren Unternehmen, die schon die Kandidatenvorauswahl durch das Software-System unterstützen, indem den Bewerbern ein Kurzfragebogen vorgelegt wird. Mit einem Scoring-Modell lässt sich daraus schon eine erste Rangfolge gewinnen. Der letzte Schritt beim Recruiting, die eigentliche Bewerberauswahl, entzieht sich jedoch noch der digitalen Verarbeitung. Die Unternehmen setzen hier nach wie vor auf Interviews oder in selteneren Fällen auf Assessments.

Dass sich computerbasierte Assessment-Tests generell eignen, nicht nur das Leistungsprofil eines Bewerbers abzufragen, sondern auch Soft Skills wie soziale Kompetenz oder Kommunikationsfähigkeit, gilt unter Personalexperten als ausgemacht. Online sieht es anders aus: "Über das Internet ist es nicht möglich sicherzustellen, dass auch die richtige Person vor dem Computer sitzt; zudem gibt es Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes", weiß König. Zwar würden gelegentlich Online-Spiele eingesetzt. Diese dienten aber unter dem Gesichtspunkt des Employer Branding eher dazu, den Kandidaten ein genaueres Bild des Unternehmens zu vermitteln.

Was auch immer in Zukunft online möglich sein wird: Vor der Einstellung wird das persönliche Gespräch stehen. Mit einer effizienteren Vorauswahl durch Online-Verfahren ließe sich aber die Zahl der Interviewkandidaten senken. Vom E-Recruiting, davon ist Studienleiter König überzeugt, profitieren letztlich beide Seiten: "Unternehmen können ihre Stellen schneller, günstiger und mit den besten Kandidaten besetzen; für den Bewerber steigen die Chancen, den Arbeitsplatz zu finden, der am ehesten seinen Fähigkeiten und Neigungen entspricht."