Es fehlt an den richtigen Skills

Echte Cloud-Profis sind begehrt

26.09.2013 von Bernd  Reder
Für IT-Experten bedeutet die Implementierung von IT-Services aus der Cloud Stress. Oft fehlt es an ausreichendem Know-how.
Susan Volkmann, IBM: "Wir sehen eine Verschiebung der Budgets aus der IT Richtung Fachabteilung."
Foto: IBM

Die Suche nach Cloud-Experten gestaltet sich auch deshalb oft schwierig, weil das vorhandene Wissen nur noch zur Hälfte zählt. Die technischen Skills ändern sich, zudem nimmt die Bedeutung betriebswirtschaftlichen Fachwissens weiter zu. Cloud-Profis, besonders im SaaS-Umfeld, sollten nicht nur die Technik, sondern auch die Anwendungen beherrschen. Solche Alleskönner sind rar gesät.

Die Zeiten, in denen die IT-Abteilung den Anwendern aus dem guten alten "Glashaus", dem Firmenrechenzentrum nämlich, IT-Dienste zuteilte, sind schon lange vorbei. Heute bestimmen Business-Entscheider und Fachabteilungen, welche IT-Services sie benötigen und wann sie bereitstehen müssen. "Wir sehen im Markt eine zunehmende Verschiebung der Budgethoheit von der IT hin zu Fachbereichen", bestätigt Susan Volkmann, Director Cloud Computing für Deutschland, Österreich und Schweiz (DACH) bei IBM Deutschland.

Auch die Analysten von Gartner prognostizieren, dass im Jahr 2017 der Chief Marketing Officer mehr Budget zur Verfügung hat als der CIO. Cloud Computing beschleunige diese Entwicklung. Durch standardisierte Services in Form von Software as a Service (SaaS) oder Business Process as a Service (BPaaS) sei es für Fachbereiche viel einfacher geworden, sich eine effektive IT für aktuelle Aufgaben zu erschließen, sagt Volkmann.

IT-Abteilung wird nicht überflüssig

Die stärkere Nutzung von Cloud-Diensten wird dazu führen, dass künftig IT-Profis mit speziellem Wissen nachgefragt werden.
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Cloud Computing macht IT-Abteilungen deshalb nicht überflüssig. Das Gegenteil ist der Fall, wie eine Studie zum Thema Auswirkungen der Cloud auf IT-Organisationen belegt, die Microsoft im Jahr 2012 bei IDC in Auftrag gegeben hatte. Demnach führt die Nutzung von Cloud-Diensten zu einer stärkeren Nachfrage nach IT-Fachleuten mit Kenntnissen auf speziellen Gebieten. Dazu zählen Virtualisierung, Performance-Monitoring, Service-Management sowie Bereitstellung und Automatisierung von IT-Diensten.

Laut der IDC-Untersuchung gab es 2011 weltweit rund 24,8 Millionen IT-Jobs. Davon waren 2,7 Millionen im Bereich Cloud Computing angesiedelt. Im Jahr 2015 werden 29,3 Millionen Beschäftigte als IT-Spezialisten arbeiten. An die sieben Millionen davon, so IDC, werden dann Cloud-Computing-Spezialisten sein. Dabei sind regionale Unterschiede zu beachten. In den USA wird beispielsweise die Nachfrage nach Public-Cloud-Diensten, also Services, die ein externer Service-Provider bereitstellt, deutlich schneller zunehmen als im Raum Europa, Mittlerer Osten und Afrika (Emea). Entsprechend größer ist der Bedarf an Fachleuten, die hausinterne IT-Ressourcen mit öffentlichen Cloud-Diensten kombinieren können.

Im Emea-Raum dagegen dominieren derzeit Private Clouds, also Cloud-Computing-Umgebungen, die Unternehmen intern über das eigene Rechenzentrum anbieten. Daher sind in dieser Region zumindest gegenwärtig Experten gefragt, die interne App-Stores aufbauen können und die Virtualisierung von IT-Ressourcen vorantreiben. Bis 2015 wird in Europa die Zahl Cloud-orientierter IT-Jobs auf 1,4 Millionen zunehmen - ein Wachstum von 24 Prozent pro Jahr.

Der Bedarf übersteigt das Angebot

Bereits jetzt, so IDC, ist der Bedarf an Cloud-Computing-Experten höher als das Angebot an Fachleuten. Im Jahr 2012 konnten demnach weltweit 1,7 Millionen Stellen nicht besetzt werden. Abhilfe ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Je nach Position und Tätigkeitsfeld erfordern Cloud-orientierte Jobs eine langjährige Berufserfahrung im Bereich IT von bis zu zehn Jahren. Das ist beispielsweise bei Cloud-Architekten der Fall. Zudem benötigen die Fachleute Wissen auf unterschiedlichen Gebieten: Sie müssen sowohl Geschäftsprozesse und ihre Bedeutung für das Unternehmen verstehen als auch in der Lage sein, solche Prozesse mit Cloud-Computing-Services abzubilden und die dazu erforderlichen Technologien zu implementieren. Gefragt sind somit Generalisten, die dennoch über Detailwissen in einzelnen Bereichen verfügen, etwa zu Virtualisierung und IT-Service-Management.

Die Vorteile des Cloud Computing
Die Vorteile des Cloud Computings
Speziell für kleine und mittelständische Betriebe stellen Anfangsinvestitionen in die IT eine enorme Hürde dar. Cloud-Modelle bieten als Alternative nicht nur die Chance, Kapitalkosten in Betriebskosten umzuwandeln, sondern auch unter dem Strich zu sparen.
Cloud-Services verhindern ...
... den Kapitaleinsatz bei der IT-Ausstattung weitgehend (Capex). Technische oder personelle Ressourcen entfallen.
Es muss kein zusätzliches Know-how ...
... im Unternehmen aufgebaut werden.
Weil sich die Experten des IT-Dienstleisters ...
... um die kontinuierliche Funktionsfähigkeit der IT kümmern, werden Entscheidungsträger entlastet – von Installationsfragen über den Ausbau bis zu Austausch- und Skalierungsfragen.
Das Cloud-Modell vereinfacht ...
... eine Reihe von IT-Aufgaben: Implementierung, Upgrades, Downgrades, neue Releases, Patch-Management, wichtige Updates, laufende Erweiterungen und Fehlerbeseitigung.
Cloud-Lösungen gewährleisten die ...
... Einhaltung von Compliance-Richtlinien.

"Es reicht nicht aus, Cloud Computing als Form der IT-Bereitstellung nur technisch zu betrachten. Vielmehr empfehlen wir den IT-Experten, sich breiter aufzustellen, neben dem IT-Wissen auch betriebswirtschaftliches Know-how mitzubringen und sich mit dem Themenblock Compliance, Datenschutz und Datensicherheit zu befassen", rät IBM-Managerin Volkmann. "Hierzu gehört auch die Risiko- und Chancenbewertung und welche Implikationen die Nutzung von Cloud-Services für die IT-Strategie mit sich bringt."

Kenntnisse müssen aufgefrischt werden

Das bedeutet aber nicht, dass IT-Fachleute plötzlich zu IT-Business-Managern mutieren und ihre IT-Kenntnisse nicht mehr gefragt sind, wenn die Cloud im Unternehmen Einzug hält: "Cloud Computing als Architekturmodell mit vielen neuen Grundlagentechnologien bedeutet nicht, dass die bislang erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse über Nacht wertlos werden, aber sie müssen in vielen Fällen erneuert und erweitert werden", sagt Frederik Bijlsma, Emea Business Unit Manager Cloud bei Red Hat. "Vor allem im Bereich Prozessautomatisierung stellt Cloud Computing neue Anforderungen. Der Einstieg in Cloud Computing wurde in vielen Unternehmen genutzt, um Virtualisierung und Konsolidierung voranzutreiben und so die Betriebskosten zu senken. In der nächsten Phase geht es darum, neuartige IT-Services mit der virtualisierten Infrastruktur zu verbinden und den Fachabteilungen zur Verfügung zu stellen."

Private Clouds in Deutschland beliebt

Laut Bijlsma bedeutet dies, dass Virtualisierung und IT-Service-Management (ITSM) sowie Qualifizierungen nach ITIL (Information Technology Infrastructure Library) wichtiger werden. Zudem gewinnen nach Einschätzung des Cloud-Spezialisten IaaS-Lösungen (Infrastructure as a Service) wie OpenStack an Bedeutung. Dadurch lassen sich Private Clouds, die derzeit in Deutschland besonders beliebt sind, in Richtung Hybrid Clouds erweitern. Bei solchen Cloud-Infrastrukturen stellt die hauseigene IT-Abteilung eine interne Cloud-Umgebung bereit. Parallel dazu werden jedoch Services genutzt, die externe Provider anbieten, beispielsweise Office 365 von Microsoft oder CRM-Dienste (CustomerRelationship-Management) von Salesforce.com.

Komplexe Anforderung - kaum Fachleute

Dieses komplexe Anforderungsprofil macht es schwierig, Experten in ausreichendem Maße zu finden. Ein weiteres Problem, das laut der Untersuchung von IDC und Microsoft auftritt, ist die Überforderung der Personalabteilungen. Bei Cloud Computing geht es nicht um spezielle Fachkenntnisse, etwa wie sich IT-Systeme installieren oder konfigurieren lassen. Vielmehr müssen Personalfachleute und die IT-Abteilungsleiter im Rahmen von Bewerbungsgesprächen ein ganzes Bündel spezieller Cloud-bezogener Fachkenntnisse abfragen, zusätzlich Soft Skills wie etwa kommunikative Fähigkeiten. Damit sind viele überfordert.

Zukaufen heißt die Devise

Frederik Bijlsma, Red Hat´: "Wohl kaum ein Unternehmen wird es schaffen, das gesamte Cloud-Know-how im eigenen Haus aufzubauen."
Foto: Red Hat

Eine Option sieht Red-Hat-Mann Bijlsma darin, im Bereich Cloud Computing auf Fachwissen von externen Dienstleistern zurückzugreifen. "Kein Unternehmen - vielleicht mit Ausnahme der Cloud-Service-Provider - wird in kurzer Zeit das gesamte benötigte Know-how im eigenen Haus aufbauen wollen oder können. Wie nahezu überall in IT-Organisationen werden Unternehmen Kenntnisse und Erfahrungen extern hinzukaufen, um neue Projekte schneller implementieren zu können."

Ob eine IT-Abteilung in den eigenen Reihen Cloud-Computing-Know-how etabliert oder dieses Fachwissen einkauft: In jedem Fall sollte es zügig geschehen. Denn vor allem die Fachabteilungen erhöhen laut Untersuchungen von IDC und dem Virtualisierungsspezialisten VMware den Druck auf IT-Abteilungen, Cloud-Computing-Dienste rasch zu implementieren. Wenn das nicht gelingt, greifen Anwender zunehmend zur Selbsthilfe. "Fachabteilungen und Geschäftsführer handeln nach folgendem Motto: Besser schnell moderne Applikation mit neuesten Funktionen in Form einer Public-Cloud-Lösung nutzen als noch Jahre warten", empfiehlt Matthias Kraus, Research Analyst bei IDC Deutschland und Projektleiter der Studie "Cloud Computing in Deutschland 2013".

6 Cloud-Missverständnisse
6 Tipps gegen Cloud-Missverständnisse
Viele Investitionen in Private Clouds sind verschwendet. Der Grund: IT-Macher betrachten die Projekte lediglich als Virtualisierung mit anderen Mitteln. Fragt sich, wie CIOs dafür sorgen können, dass ihre Organisation auf echtes Cloud-Computing einschwenkt. Forrester gibt hier sechs Empfehlungen.
1. CIOs tun gut daran, ...
... virtualisierte Umgebungen und Cloud-Lösungen von einander zu trennen. Nicht alle Aufgaben eigenen sich für eine Verlagerung in die Cloud, und wer die Dinge unsystematisch vermischt, kann schnell Chaos anrichten.
2. CIOs sollten jenen Administratoren, ...
... die jede virtualisierte Lösung für Cloud Computing halten, Zugang zu spannenden Public-Cloud-Lösungen verschaffen und das Verständnis für die Unterschiede systematisch fördern, Begeisterung wecken.
3. CIOs sollten ihren Mitarbeitern die Angst davor nehmen, ...
... durch Cloud Computing Nachteile im Job zu erleiden. Denn was soll schlecht daran sein, Anwendungen zu pflegen und zu füttern statt Kapazitäten zu managen?
4. Kluge CIOs ...
... lernen von jenen Fachabteilungen, die bereits auf eigene Faust Cloud-Lösungen aufgebaut haben und diese Lösungen mit ihren Teams diskutieren.
5. Wenn es aus welchen Gründen ...
... auch immer nicht möglich ist, selbst eine Cloud-Umgebung aufzubauen, sollten sich CIOs kurzfristig einen Dienstleister dafür suchen. Dadurch haben sie die Möglichkeit, schnell und niedrigschwellig mit dem Thema zu beginnen.
6. Weiter denken
Nach Ansicht von Forrester liegt die Zukunft in komplexen Platform-as-a-Sevice- und Infrastructure-as-a-Service-Lösungen. Einen Weg zurück, also einen Wiederabstieg von den Wolken, wird es laut Forrester-Analyse nicht geben.

Fast ein Drittel nutzt Cloud-Dienste

Die Studie von IDC, in deren Rahmen Geschäftsverantwortliche und IT-Führungskräfte deutscher Unternehmen befragt wurden, ergab, dass fast ein Drittel (32 Prozent) der Fachabteilungen mittlerweile Cloud-Computing-Dienste nutzen, von denen die hauseigene IT-Abteilung nichts weiß. An die zwölf Prozent der Unternehmen setzen solche Services sogar in erheblichem Maße ein. Die Untersuchung von VMware kommt zu dem Ergebnis, dass in Deutschland an die 29 Prozent der Fachverantwortlichen eine "Schatten-Cloud" implementiert haben.

"CIOs und IT-Leiter müssen auf diese Entwicklung reagieren und den Prozess aktiv mitgestalten und steuern. Ansonsten wird sich wieder der Aufbau einer IT-Schattenwirtschaft mit Informations-Silos und möglichen Sicherheitslücken verstärken", warnt IBM-Managerin Volkmann.