eGovernment ohne Grenzen

02.02.2012
Europaweit mit nationalen Identitätsnachweisen grenzübergreifende Dienste nutzen. Diese Vision wollen die Teilnehmer des EU-Projekts STORK Realität werden lassen.
Übersicht: eID-Lösungen in Europa.
Foto: Bundesdruckerei

STORK steht für Secure idenTity acrOss boRders Ziel des Projekts, an dem 17 europäische Länder und 32 Konsortialpartner beteiligt sind, ist es, im Rahmen des IKT- Förderprogramms der Europäischen Union eine EU- weite Plattform einzuführen. Diese soll es den Bürgern ermöglichen, ihre nationalen elektronischen Ausweise auch in anderen Ländern der EU zu nutzen.

Bereits Ende 2010 verwendeten zwölf Länder der Europäischen Union elektronische Identitätsnachweise. Finnland war 1999 der erste Staat, der einen elektronischen Personalausweis einführte. Belgien und Estland folgten 2003.

Der neue deutsche Personalausweis, der seit November 2010 erhältlich ist, gilt in Expertenkreisen als die technisch anspruchsvollste und sicherste eID-Karte weltweit. Ende 2011 werden sich voraussichtlich Bürger von 16 europäischen Staaten elektronisch zu erkennen geben können. Allerdings basieren nicht alle Karten auf den europäischen Standards der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (International Civil Aviation Organization, ICAO) und/ oder des Europäischen Komitees für Normung (Comité Européen
de Normalisation, CEN), die seit 2004 verfügbar sind. Speziell die Vorreiter Finnland,Belgien und Estland, die ihre eID- Karten vor 2004 eingeführt haben, verwenden bisher keinen internationalen Standard.

Die unterschiedlichen Karten- und Systemarchitekturen in den europäischen Ländern verhindern bisher einen grenzübergreifenden Einsatz der nationalen eIDs. STORK hat verschiedene Pilotprojekte ins Leben gerufen, in denen Bürger verschiedener Staaten ihre Personalausweise für eGovernment-Dienste in mehreren europäischen Ländern nutzen können. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik vertritt innerhalb des Projekts die Interessen der Bundesrepublik Deutschland und möchte den Bürgern die Nutzung des neuen Personalausweises für Internetangebote in ganz Europa ermöglichen. Insgesamt stehen für das EU-Projekt im Laufe von drei Jahren 20 Millionen Euro bereit.

Sechs Pilotprojekte sind seit Oktober 2010 für die Öffentlichkeit zugänglich: "Grenzüberschreitende Authentifizierung für elektronische Dienste", "Safer Chat", "Studenten-Mobilität", "Grenzüberschreitende elektronische Zustellung", "Adressänderung" und "Kommissionsdienste".

Grenzüberschreitende Authentifizierung für elektronische Dienste

Das von der Bundesrepublik Deutschland koordinierte Pilotprojekt testet, wie Bürger ihren nationalen elektronischen Identitätsnachweis einsetzen können, um die Online-Behördendienste anderer Mitgliedstaaten zu nutzen. In diesem Zusammenhang werden auch Leistungsfähigkeit und Anwenderfreundlichkeit grenzübergreifender eID-Services geprüft.

Safer Chat

Das isländische Finanzministerium koordiniert das Pilotprojekt Safer Chat. Es soll grenzüberschreitendes eLearning ermöglichen. Schüler sollen mit ihren Altersgenossen aus anderen Ländern zusammenarbeiten. Um die Internetsicherheit für Kinder und Jugendliche zu verbessern, entwickeln Lehrer innerhalb der verschiedenen Altersgruppen Aufgaben und definieren sichere Chatrooms für die minderjährigen Anwender. Besondere Bildungspakete für die junge Zielgruppe schärfen das Bewusstsein für Internetsicherheit.

Studenten-Mobilität

Mithilfe dieser Anwendung können Studenten ihren nationalen elektronischen Ausweis (Personalausweis, digitale Zertifikate) verwenden, um sich zu authentifizieren und entsprechende akademische Dienste zu nutzen - beispielsweise können sie sich für ein Erasmus-Programm bewerben.
Das Erasmus-Programm wurde am 15. Juni 1987 durch den Beschluss 87/327/EWG des Ministerrats gegründet. Ziel des Programms ist es, die Zusammenarbeit von Hochschulen innerhalb der EU und anderen europäischen Ländern sowie die Mobilität von Studenten und Dozenten zu fördern.

Das Projekt stellt einen ersten Meilenstein für die Analyse des künftigen Datenaustauschs zwischen Universitäten der verschiedenen EU-Länder dar. Dieser Datenaustausch ist zur Anrechnung von Studienleistungen, die Studierende in anderen Ländern erbracht haben, notwendig. Die Universität Jaume I in Castelló de la Plana steuert dieses Teilprojekt im Auftrag der Rektorenkonferenz der spanischen Universitäten.

Grenzüberschreitende elektronische Zustellung

Bei diesem Pilotprojekt können Bürger Portale anderer EU-Länder für elektronische Zustellungen (eDelivery) nutzen, indem sie ihren nationalen elektronischen Identitätsnachweis einsetzen. Darüber hinaus werden öffentliche Verwaltungen in die Lage versetzt, Dokumente an Bürger verschiedener Länder direkt über das eDelivery-Portal des jeweiligen Landes zu senden. Die Technische Universität Graz koordiniert dieses Projekt.

Adressänderung

Dieses Pilotprojekt wird es ausländischen Bürgern ermöglichen, Adressänderungen mithilfe ihres nationalen elektronischen Identitätsnachweises vorzunehmen und alle relevanten Stellen über diese Änderung zu informieren. Die in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden Verfahren müssen hierfür nicht geändert werden, da die von STORK entwickelte Plattform interoperabel ist, das heißt, sie ist für verschiedene Kartentypen und länderspezifische Infrastrukturen anwendbar. Aktuell sind zwei Szenarien vorgesehen: die Abfrage und die Aktualisierung einer Adresse. Die Agência para a Modernização Administrativa in Portugal zeichnet für dieses Projekt verantwortlich.

Kommissionsdienste

Der European Commission Authentication Service (ECAS ) erlaubt es Mitarbeitern der EU-Kommission, sich für eine Vielzahl von Anwendungen anzumelden. Das Pilotprojekt Kommissionsdienste verbindet STORK und ECAS . So ist es den Mitarbeitern in den Mitgliedstaaten möglich, ihre nationalen eIDs einzusetzen, um die elektronischen Dienste der Europäischen Kommission zu nutzen. ECAS stellt beispielsweise Authentifizierungsdienste für die Kommunikation zwischen den Mitgliedstaaten (Internal Market Information System, IMI) und das Teilnehmerportal für europäische Forschungsprogramme zur Verfügung. Neun Staaten nehmen an diesem von der Technischen Universität Graz koordinierten Pilotprojekt teil: Österreich, Belgien, Estland, Deutschland, Island, Italien, Portugal, Slowenien und Spanien.

Die geschilderten Anwendungsszenarien eröffnen für Bürger und staatliche Stellen neue Möglichkeiten. "Die Pilotprojekte werden den Bürgerinnen und Bürgern und auch den öffentlichen Verwaltungen zeigen, dass eine Interoperabilität von elektronischen Identitäten in eGovernment-Diensten möglich ist. Sie werden den Mehrwert einer elektronischen Identität in einem geschützten, sicheren und privaten Umfeld deutlich machen", so Professor Antonio Lioy vom Politecnico di Torino in Italien und stellvertretender STORK Vorsitzender. STORK-Pressemitteilung vom 25. Oktober 2010 und Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).

Das eID-Netz werde öffentliche Mittel einsparen, den Zeitaufwand sowohl für Behörden als auch für Bürger verringern, die Risiken von Missbrauch und Betrug reduzieren sowie eine Vielzahl von Möglichkeiten schaffen. "Es ist ein weiterer Schritt in Richtung eines grenzenlosen EU-Markts." Zugleich wird es mit dieser Entwicklung für den Bürger immer selbstverständlicher, die eID-Funktion seines Ausweises zu nutzen - auch im privatwirtschaftlichen Bereich. Daraus ergeben sich Marktpotenziale für Online-Diensteanbieter, die frühzeitig die elektronische Ausweisfunktion in ihr Angebot integrieren.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem eID-Service Pocketguide - bereitgestellt mit freundlicher Genehmigung der Bundesdruckerei.