Maxi Mayr ist ein Vertreter der Generation Z, wie sich viele Personaler als künftigen Mitarbeiter wünschen würden. Er absolviert nicht nur ein duales Studium der Wirtschaftsinformatik, sondern hat zusammen mit seinem Freund Henrik Heubl das Startup "Gschafft" gegründet, das unter anderem die selbst entwickelte App "Abicalc" vertreibt und in Bad Tölz einen Coworking Space eröffnet hat. Gleichzeitig stellt Maxi Mayr aber auch höhere und mitunter andere Ansprüche an Arbeitgeber, womit sich viele Unternehmen schwertun, wie der diesjährige Recruiting-Gipfel der COMPUTERWOCHE zeigte.
Personalsuche auf Instagram?
So bewegen sich die Anfang 20-Jährigen da, wo die personalsuchenden Unternehmen nicht oder noch nicht regelmäßig genug unterwegs sind, etwa auf Instagram. Christina Kuttenreich, die mit ihren Kollegen weltweit 400 Stellen für den Elektronikkonzern Rohde & Schwarz zu besetzen hat, ist sich bewusst, dass einen Teil der gesuchten Zielgruppe auf Instagram antreffen könnte. Allerdings weiß sie auch, dass "die professionelle Betreuung eines Instagram-Accounts mit einigem Aufwand verbunden ist." Die Erfahrung zeige, dass sich Karriere-Accounts häufig schwertun, viele Follower zu gewinnen. Hier sei Vorsicht geboten, da "ein ungepflegter Account keine gute Visitenkarte ist".
Auch die passende Ansprache der Generation Z wirft Fragen auf. Soll man sich einen aus Youtube bekannten Influencer holen, der für einen Personalmarketing macht? Das haben schon große Handelskonzerne probiert, auch Danny Mattukat von den Derag Living Hotels konnte diesem Ansatz einiges abgewinnen. Doch Maxi Mayr warnt: "Machen Sie sich ihren eigenen Influencer. Mich persönlich würde es mehr ansprechen, wenn ich von drei Jungs angesprochen werden und weiß, dass Gleichgesinnte schon da sind."
Jeder Mitarbeiter soll zum Recruiter werden
Für Thomas Knauer, Recruiting-Chef der IT-Beratung NTT Data, ist das Ziel: "Jeder im Unternehmen sollte wie ein Recruiter agieren, unabhängig von der jeweiligen Position. Im Idealfall sind alle Mitarbeiter Botschafter Ihrer Arbeitgebermarke und empfehlen uns über die entsprechenden Empfehlungs-Programme weiter. So entsteht ein Mindset, dass jeder ein Recruiter ist."
Aber der Weg dahin ist noch lang, zumal sich viele Personaler schon bemühen müssen, die betreffenden Fachabteilungen, die Stellen zu besetzen haben, enger in das Recruiting miteinzubeziehen. Das zeigt sich etwa in der Frage nach der gewünschten Reaktionszeit auf eine Bewerbung. Aus Sicht der Generation kann es nicht schnell genug gehen, so Maxi Mayr: "Die Auswahl an Jobmöglichkeiten ist zu groß. Wenn ein Unternehmen nicht oder zu spät reagiert, wende ich mich dem nächsten Unternehmen zu. Ein Arbeitgeber sollte binnen 24 Stunden reagieren, wenn er mich haben will."
Für Siemens-Personalmanager Thomas Beselin ist "binnen 24 Stunden auf eine Bewerbung zu reagieren mit Entscheidung für Einladung zum Gespräch oder Absage sehr sportlich. Es gibt durchaus Bewerber, die nach einer bestimmten Wartezeit das Interesse verlieren. Bei einem guten Zusammenwirken zwischen Fachbereich und HR ist es durchaus möglich, zeitnah interessierten Kandidaten ein Feedback zu geben."
Hacer Hacisalihoglu hat für ihren Arbeitgeber Dennemeyer & Co., einen Anbieter von Professional Services und Softwarelösungen für den gewerblichen Rechtsschutz, bis zu 20 Stellen in verschiedenen Ländern zu besetzen. Die Personalerin findet schon, dass man auch bei der Generation Z eine gewisse Verbindlichkeit erwarten darf. Oft blieben Kandidaten den vereinbarten Vorstellungsgesprächen einfach unentschuldigt fern.
Anschreiben empfinden viele Bewerber als Hürde
Dass man von jungen Bewerbern viel weniger verlangen kann als früher, weiß auch Sabine Greppmeier, die Nachwuchs für die EOS GmbH, einem Hersteller von 3-D-Druckern, sucht. Das Anschreiben empfinden viele junge Talente als Hürde im Bewerbungsprozess, auf das man in ihren Augen auch verzichten könne. Entscheidend sei, dass der Bewerber von der Persönlichkeit her zum Unternehmen passe.
Dem pflichtet auch Christian Peetz von der Walldorfer IT-Beratung FIVE1 bei, dem aber auch bewusst ist: "Es wird immer anspruchsvoller, Mitarbeiter mit einem ähnlichen Mindset, mit Freude und Leidenschaft zu finden." Das betreffe auch die Auswahl der Lehrlinge, so Peetz weiter: "Wir haben festgestellt, dass ältere Auszubildende über mehr Weitblick verfügen und mit einer größeren Verbindlichkeit an die Sache gehen. Deshalb suchen wir überwiegend Auszubildende jenseits der 20, die ein Studium abgebrochen, bereits eine andere Ausbildung absolviert oder einfach nur die Welt gesehen haben."
Flexible Arbeitsbedingungen steigern die Leistung
Für Siemens-Manager Beselin stellt sich auch die Frage, wie Talente heute arbeiten möchten: "Sicherlich ist es für einige Talente nicht besonders attraktiv, ausschließlich in einem Büro oder immer beim Kunden vor Ort die Leistung zu erbringen. Die zunehmende Digitalisierung eröffnet vielfältige Möglichkeiten, nicht nur für ortsunabhängige Arbeit. Da ist es für Talente attraktiv, wenn sie sich bis zu einem gewissen Grad aussuchen können, wann bzw. wo und wie sie arbeiten. Es ist zu beobachten, dass bei einigen mit zunehmender Flexibilität die Leistung weiter gesteigert wird und auch zeitgemäße Angebote wie Co-Working Spaces zu einer vermehrten Identifikation mit dem Projektthema, und dem Team beitragen."
Reisezeit ist Arbeitszeit
Wie man sich als Arbeitgeber im Werben um junge Talente abgrenzen kann, dafür nannte NTT-Data-Manager knauer ein Beispiel: "Für unsere Mitarbeiter ist Reisezeit gleich Arbeitszeit - das unterscheidet uns von vielen Mitbewerbern in der IT-Beratungsbranche. In den beiden unteren Karrierestufen können Überstunden sogar abgebaut werden. Um uns von anderen Beratungen abzugrenzen, verzichten wir auf das übliche Up-or-out-Prinzip und investieren viel in die Entwicklung unserer Mitarbeiter. In Erfurt bauen wir zudem derzeit eine Niederlassung auf, in der Softwareentwickler sitzen, die nicht reisen, sondern eigene Software-Produkte entwickeln wie zum Beispiel unsere Cloud-Lösung."