Wenn das Kabinett der CDU/FDP-geführten Landesregierung in Hessen tagt, redet Horst Westerfeld mit. Vor gut zwei Jahren lotste ihn der damalige Ministerpräsident Roland Koch als CIO nach Hessen. In dieser Funktion ist Westerfeld Mitglied des Kabinetts und muss seine IT-Strategie sowie seine Vorstellungen von Standards, Prozessen und Strukturen in der IT gegenüber selbstbewussten, starken und unabhängigen Verhandlungspartnern wie Justiz, Polizei und Finanzverwaltung vertreten.
Das kann er auch deshalb, weil er den Rückhalt seines obersten Vorgesetzten, des heutigen Ministerpräsidenten Volker Bouffier, genießt. "Es ist immens wichtig, dass der CIO im Vorstand beziehungsweise im Kabinett vertreten ist", schildert der Manager seine Erfahrung. "Nur so kann er auf Augenhöhe mit den Ressortchefs und Ministern diskutieren."
Gesprächsbedarf gab es in den vergangenen Monaten reichlich, denn ein fast abgeschlossenes Projekt zur Prozessoptimierung hat tief in die IT-Abläufe und -Organisation eingegriffen. Seit Oktober 2009 treibt der CIO das Vorhaben voran, das rund 30 Millionen Euro pro Jahr sparen soll. Ziel war es, ohne Qualitätsverlust und bei gleich bleibendem Umfang die Kosten des operativen Betriebs um 25 Prozent zu reduzieren. Um die eigene interne IT-Organisation unter Spannung zu halten, hat der CIO frühzeitig Fakten geschaffen.
Bereits zum 1. Januar 2010 wurden die Preise für die Ressorts wie versprochen gekürzt, noch bevor die internen IT-Projekte die erforderlichen Spareffekte zeitigten. Damit waren sowohl das zwölfköpfige Projektteam als auch die Strategieabteilung mit ihren rund 30 Mitarbeitern und die rund 770 Kollegen des internen Service-Providers gefordert. "Ohne Druck dauern solche Projekte zu lange", begründet Westerfeld den frühen Start. "Plötzlich entstanden innerhalb des Service-Providers viele Sparinitiativen. Die Mitarbeiter haben selbst die internen Prozesse auf Redundanzen und Ineffizienz durchleuchtet."
Fündig wurden die Experten in Abläufen etwa zur Software-Entwicklung und Release-Pflege. Aber auch in der Produktion und in den eigenen Wertschöpfungs- und Lieferprozessen haben sie Verbesserungsmöglichkeiten gesucht und gefunden. Beispielsweise haben sie die Einkaufsprozesse optimiert, Ressourcen virtualisiert und Software-Releases harmonisiert. Begleitend hat Westerfeld die Lieferanten in die Pflicht genommen.
"Die Neuverhandlung der Verträge ist die einfachste Methode, um Kosten zu reduzieren", betont der IT-Manager. "Wir haben uns mit den Lieferanten auf Nachlässe zwischen zehn und 15 Prozent geeinigt." Bislang sahen die Verträge keine turnusmäßigen Preis-Benchmarks und -anpassungen vor. Weil das Land Hessen ein großer und renommierter Kunde vieler IT-Anbieter ist, zeigten sich die Partner dennoch in der Regel gesprächsbereit.
Auch die IT-Belegschaft musste selbst einen erheblichen Beitrag leisten: "Die Produktivstunden der Mitarbeiter wurden signifikant angehoben", schildert Westerfeld eine weitere Maßnahme. Dadurch könne man viele Leistungen, die zuvor extern eingekauft wurden, nun intern betreiben. Zudem würden Projekte heute schneller abgeschlossen.
Solche erheblichen Einschnitte in die Arbeitsweise bleiben nicht ohne Widerstand, das räumt der Hessen-CIO ein. Doch angesichts der bevorstehenden Schuldenbremse muss Hessen alle lieb gewonnenen Installationen, Abläufe und Gewohnheiten auf den Kopf stellen. "Wir sind uns im Kabinett darüber einig, Bürokratie abzubauen. Ein wichtiges Element ist, mit Hilfe der IT die Prozesse zu beschleunigen ", betont Westerfeld.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen
Die zum Großteil abgeschlossenen Arbeiten zeigen deutliche Verbesserungen beim eigenständig bilanzierenden, internen Service-Provider. Von den 30 Millionen Euro, die die Ressorts seit Jahresbeginn weniger zahlen, hat die IT den Löwenanteil wieder eingespielt.
Auch Service und Betreuung haben sich verbessert, weil die IT nun Mehrgeschäfte mit ihren internen Kunden anstrebt. Die Umworbenen goutieren die Bemühungen, so fragte etwa das Justizministerium kürzlich an, ob die zentrale IT die in der Behörde verteilten und mit Spezialanwendungen bestückten Server unter ihre Fittiche nehmen könne. Die externen Kunden, also die hessischen Bürger und Unternehmen, profitieren ebenfalls, weil Online-Angebote schneller zur Verfügung stehen und Verwaltungsprozesse effizienter gestaltet wurden. Last but not least hat das Projekt die Energieeffizienz des Rechenzentrums um 30 Prozent verbessert.
Für Westerfeld ist das Vorhaben nur Initialzündung für eine dauerhafte Optimierung. Regelmäßige Benchmarks sollen dafür sorgen, dass sich das Preis-Leistungs-Verhältnis in der IT stetig um fünf Prozent pro Jahr verbessert. Sein Ziel: "Die IT in Hessen ist bezogen auf das Leistungsspektrum und der Wettbewerbsfähigkeit die Nummer eins in Europa."