Als Nycomed Anfang 2007 Altana Pharma übernahm, war der Ausstieg schnell beschlossen: "Das ist künftig kein internationaler, innovativer Pharma-Konzern mehr", lautete der Kommentar des damaligen Finanzchefs, nachdem er die Liste der Anteilseigner studiert hatte: "Die wollen das Private Equity-Geschäftsmodell im Pharma-Bereich umsetzen".
Der Job in Konstanz war ohnehin nicht auf Ewigkeit angelegt. Das war Görwitz schon immer klar: "Alles ist im Leben nur geliehen, irgendwann man muss es wieder zurückgeben", so seine Erkenntnis, und: "Man muss den Menschen wieder begegnen können". Gerade letzteres brachte den Betriebswirt dazu, auf Prestige, Status und Macht zu verzichten, die mit der Position im Top-Management unweigerlich verbunden sind. Und sich mit Themen zu beschäftigten, für die dem heute 52-jährigen in den Manager-Jahren bei Altana Pharma und zuvor bei Boehringer Ingelheim schlicht die Zeit fehlte.
Auf Prestige, Macht und Status verzichten
So engagiert sich Görwitz heute im Rotary Club Konstanz-Rheintor, deren Präsident er derzeit ist. Nicht KPI, SCM und BPM sind hier die kryptischen Schlagworte, sondern Projekte wie "B.Free" oder die "Rotary Classic Night". B.Free ist ein Aufklärungsprogramm gegen exzessiven Alkoholkonsum von Jugendlichen, eines von vielen wohltätigen Engagements der Rotarier, die ihre Hilfsprojekte unter anderem durch den Erlös aus einer klassischen Konzertveranstaltung in Konstanz finanzieren. Dazu gehört etwa auch, Herzoperationen für Kinder aus der Ukraine zu ermöglichen, Visum und Reise zu organisieren sowie Kontakt zu den Kliniken herzustellen.
"Viel organisieren, mit Menschen umgehen - darin unterscheidet sich die Aufgabe gar nicht so sehr von dem, was ich vorher gemacht habe", meint der Rotary-Präsident, der seine Nähe zum Business dennoch nicht aufgegeben hat.
Business-Angel mit 52 Jahren
Anfragen, als Interims-Manager bei Firmen auszuhelfen, hat er abgelehnt: "Ich möchte eher mittel- bis langfristig Dinge entwickeln", sagt der Ex-Manager, auf dessen Visitenkarte "Business Analyst" steht. Sein Weg führte in den Aufsichtsrat eines Photovoltaik-Unternehmens in Konstanz, zur börsennotierten Sunways AG, sowie in den Beirat der familiengeführten Neurologie-Kinikgruppe Kliniken Schmieder. So ist der Bezug zum Thema Gesundheitsmarkt geblieben. Zusätzlich steht er als "Business-Angel" jungen Firmengründern als Gesprächpartner zur Verfügung oder hält Managementvorträge.
Die Sunways AG ist ein Start-Up, "getrieben von technischer Kompetenz in der hochinteressanten und innovativen Branche der erneuerbaren Energien", wie Görwitz meint. Erst kaufte er ein paar Aktien der Firma, analysierte die Branche und das Unternehmen, dann lernte er den Aufsichtsratschef kennen, der ihn dazu brachte, selbst in dem Unternehmen tätig zu werden. "Es hat einen besonderen Reiz, im Aufsichtsrat zu sitzen, denn die Corporate Governance hat in Deutschland ja noch Entwicklungspotenzial". Die Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat effizient zu gestalten, um das Unternehmen gut aufzustellen, nennt er als eines seiner Ziele.
Nebenbei bringt er seine Erfahrungen im internationalen Management gleich mit ein. Worauf ist bei Kapitalmarktinfos in börsennotierten Unternehmen zu achten? Wie plausibilisiert man die Strategie und kommuniziert sie stimmig nach innen und außen? Wie lassen sich Business Pläne überprüfen, Geschäfte internationalisieren? Fragen, die der Ex-Manager in mehr als 20 Berufsjahren ein ums andere Mal durchexerziert hatte.
Prozesse immer noch ein Thema
Sowohl bei Sunways wie bei den Kliniken Schmieder beschäftigt den Ex-CFO und -COO sein ehemaliges Lieblingsthema immer zumindest am Rande mit: die effiziente Gestaltung der Geschäftsprozesse. "Prozesse diktieren der IT das Vorgehen", so ist Görwitz auch nach seiner erfolgreichen Zeit bei Altana-Pharma überzeugt. Über eins ist der Mann vom Bodensee jedoch besonders erleichtert: Sein Kalender ist jetzt nicht mehr Jahre im Voraus mit zahlreichen Muss-Terminen vollgestopft. Und er kann sich mal spontan Zeit nehmen, für was auch immer ...