Mobile Payment per NFC

Ein Prozent vom Bargeldmarkt wäre der Durchbruch

07.11.2013 von Tillmann Braun  
Erst kam der Hype. Dann die Ernüchterung. Doch nun könnte Mobile Payment tatsächlich vor dem Durchbruch stehen. In diesem Jahr dürften den Verbrauchern erstmals gleich mehrere alltagstaugliche Alternativen zu Bargeld und Karten zur Verfügung stehen. Die größte Stärke von mobilen Wallets liegt Experten zufolge allerdings nicht beim Bezahlprozess.
Bezahlen per NFC mit dem Smartphone: Die digitale Geldbörse "O2 Wallet" testet Telefónica derzeit in einem sogenannten Friendly-User-Test gemeinsam mit den Kunden.
Foto: Telefonica

Laut dem Handelsinstitut EHI machen Bargeldzahlungen mehr als 50 Prozent des jährlichen Zahlungsverkehrs im deutschen Handel aus. Das entspricht rund 140 Milliarden Euro. Obwohl Bargeld weiterhin das Zahlungsmittel Nummer eins ist, wäre Mobile Payment für die involvierten Unternehmen folglich ein Milliardengeschäft - selbst dann, wenn jede hundertste Transaktion mit dem Handy getätigt würde. Obwohl die Verbraucher Umfragen zufolge ein nach wie vor hohes Interesse an mobilen Bezahllösungen haben, ist diese Quote noch Wunsch statt Realität. Das Problem ist bislang, dass es keine überzeugenden Lösungen dafür gibt, wie Kunden ohne großen Aufwand und unnötige Einschränkungen mit ihrem mobilen Endgerät bezahlen können. Glaubt man den Ankündigungen einiger Großunternehmen sowie Experten, wird sich dies allerdings bald ändern.

Vodafone und Telefónica arbeiten an Launch von Wallets

Im Oktober vorigen Jahres verkündete das auf M-Commerce spezialisierte Unternehmen CorFire, dass man mit Vodafone ein Mobile Wallet auf den Markt bringen wolle, mit der Vodafone-Kunden nicht nur für Waren bezahlen könnten, sondern auch für Dienstleistungen oder Zugtickets. Auch das Einlösen von Gutscheinen soll mit der Wallet möglich sein. "Mit Vodafone-Kunden in über 30 Ländern könnte unsere Partnerschaft eine der größten, globalen Implementierungen von NFC und Mobile Commerce werden", frohlockte Jae Chung, Präsident und CEO von CorFire, damals. Der Start in Deutschland soll noch dieses Jahres erfolgen.

Auch bei Telefónica arbeitet man mit Hochdruck an innovativen Mobile-Payment-Lösungen. "Brieftasche und Bargeld kennen Kinder bald nur noch aus den Geschichtsbüchern", verkündete René Schuster, Vorstandsvorsitzender von Telefónica Deutschland, Anfang des Jahres. Anlass war die Einführung ihrer elektronischen Geldbörse sowie des Services 'mpass Geld senden', der Überweisungen von Handy zu Handy ermöglicht. Das mobile Bezahlen mit dem Smartphone sei in Deutschland angekommen, erklärte Schuster.

Friendly-User-Test mit Volksbank Dortmund

Mit der "O2 Wallet" von Telefónica können seit März rund 150 Friendly User für zunächst sechs Monate kontaktlos an Mastercard-PayPass-Akzeptanzstellen bezahlen. Manfred Hoyer, Mitglied des Vorstandes der Dortmunder Volksbank eG, zeigt sich erfreut über die positive Resonanz und die Tatsache, dass die vorgesehene Kartenanzahl von 150 schnell erreicht war: "Das zeigt uns, dass die Lösung für viele Kunden interessant ist."

Voraussetzung für die Nutzung der laut WGZ Bank "deutschlandweit ersten Kreditkarte im Smartphone" ist ein NFC-fähiges Smartphone oder eine NFC-fähige SIM-Karte. Die digitale Geldbörse ist mit einem PIN geschützt und erfüllt die Standards der Finanzbranche. Die Bankdaten der Kunden verbleiben beim Kreditinstitut und sind für Telefónica nicht einsehbar. Kooperationspartner sind in diesem Fall die Volksbank Dortmund, die WGZ Bank sowie der DG Verlag. "Wann die O2 Wallet offiziell dem breiten Publikum zur Verfügung stehen wird, steht noch nicht fest", sagt Telefónica-Pressesprecher Ralf Opalka. Nach und nach sollen aber weitere Dienste in das Angebot aufgenommen werden. Als Beispiele nennt Opalka weitere Kreditkarten oder die Voraussetzungen für Kundenbindungsprogramme.

Wallets nicht nur fürs Bezahlen gut

Genau diese Vielseitigkeit ist es, die Mobile Payment für den Massenmarkt interessant machen dürfte. "Das Bezahlen mit dem Handy ist für die Endkunden ein netter Service, aber nicht ausschlaggebend für den Erfolg von Wallets", so die Einschätzung von Urs Lässer, Unternehmensberater bei der Cocus AG. "Wenn ich es meinen Kunden dagegen mit einer einzigen Wallet ersparen kann, sämtliche Loyalty Cards, Mitgliedsausweise, Zugangskarten oder Parktickets ständig griffbereit haben zu müssen, dann werden sich diese Lösungen schneller durchsetzen, als viele Skeptiker vermuten", ist sich Lässer sicher.

Aus welchen Gründen Mobile-Payment-Angebote momentan nicht genutzt werden.
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Im Gegensatz zu kontaktlosen Plastikkarten, die ständig ungeschützt sind, bieten Wallets dank PIN und weiterer Sicherheitsmaßnahmen mehr Sicherheit und zudem Transparenz. "Eine Wallet kann ich ein- und ausschalten; zudem werden alle Transaktionen und Abbuchungen quasi in Echtzeit auf dem Handy angezeigt, was die Kontrolle über meine Ausgaben erhöht", betont Urs Lässer. Zudem sei ein weiterer Vorteil von Wallets, dass der Bezahlvorgang an Kassen mit Mobile Payment rund viermal schneller abgewickelt werden könne als Zahlungen mit Bargeld. Lange Wartezeiten könnten somit vermieden werden.

Wirecard investiert 25 Millionen Euro in Mobile Payment

Dass Mobile Payment sich schon bald durchsetzen könnte, lässt sich auch am Erfolg der Wirecard AG ablesen, die sowohl mit Telefónica als auch mit Vodafone zusammenarbeitet. Die Aktien des Unternehmens, das sich auf Zahlungssysteme und Risikomanagement spezialisiert hat, erzielten kürzlich ein Fünfjahreshoch. Im ersten Quartal stieg der Umsatz um 21 Prozent auf 101,1 Millionen Euro, das abgewickelte Zahlungstransaktionsvolumen kletterte um 30 Prozent auf 5,7 Milliarden Euro. 2013 will Wirecard rund 25 Millionen Euro in den Bereich Mobile Payment investieren.