Internet- und Versandhandel profitieren

Einzelhandel leidet in der Corona-Krise

02.06.2020
Mit dem Shutdown hat der Einzelhandel im April 2020 viel Umsatz verloren - obwohl in Supermärkten mehr Andrang herrschte. Vor allem Modehändler erlebten schwere Zeiten. Der Handelsverband fürchtet, dass das noch lange so bleibt.
Der HDE und der Immobilienverband ZIA forderten von der Bundesregierung Überbrückungshilfen für den stationären Handel als Bestandteil eines Konjunkturprogramms.
Foto: EP

Der Einzelhandel in Deutschland hat wegen geschlossener Geschäfte in der Corona-Krise hohe Umsatzeinbußen erlitten. Während das Geschäft mit Lebensmitteln und Getränken im Shutdown anzog, erlebten Modehändler einen katastrophalen April 2020 - obwohl einige Läden zum Monatsende wieder öffnen durften. Der Handelsverband HDE fürchtet nun zahlreiche Pleiten mittelständischer Geschäfte und viel Leerstand in den Fußgängerzonen. Er forderte von der Bundesregierung Hilfen für den stationären Handel.

Im April 2020 sank der Umsatz im Einzelhandel preisbereinigt um 6,5 Prozent gemessen am Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am 29. Mai 2020 mitteilte. Im Verglich zum März 2020 fiel der April-Umsatz nach vorläufigen Daten um gut fünf Prozent. Es war der stärkste Rückgang gegenüber einem Vormonat seit dem Januar 2007.

Gefragt waren im April zwar Lebensmitteln, Getränken und Tabak, dort stieg der Umsatz um 6,2 Prozent. Gerade Supermärkte profitierten. Hingegen brach der Einzelhandel mit Nicht-Lebensmitteln um 14,5 Prozent ein - der größte Rückgang seit Beginn der Zeitreihe 1994, so die Wiesbadener Statistiker. Besonders groß waren die Umsatzverluste bei Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren mit mehr als 70 Prozent. "Die Krise trifft besonders stark kleine und mittelständische Handelsunternehmen, die wie keine andere Branche von zentraler Bedeutung für unsere Städte und Gemeinden sind", erklärte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

Großer Gewinner in der Corona-Krise war dagegen im April 2020 der Internet- und Versandhandel mit einem Umsatzplus von mehr als 24 Prozent im Vergleich zum April 2019. Da viele Geschäfte erst Ende des April unter Auflagen wieder öffnen durften und Verbraucher Angst vor Infektionen hatten, kauften sie verstärkt im Internet.

Gewohnheiten bleiben

Experten glauben, dass sich solche Gewohnheiten verfestigen. "Ein Teil des Einzelhandelsumsatzes, der während des Shutdowns an den Onlinehandel abgegeben wird, bleibt dauerhaft für den stationären Einzelhandel verloren", erklärte Bulwiengesa-Handelsexperte Joseph Frechen jüngst in einer Analyse.

Dem HDE zufolge blieben zuletzt die Umsätze von Händlern aus dem Nicht-Lebensmittelbereich weiter unter Vorjahresniveau. Zu befürchten sei der schleichende Tod vieler mittelständischer Geschäfte mit entsprechenden Folgen für die Innenstädte. Hauptgeschäftsführer Genth fürchtet Umsatzeinbußen von rund 15 Milliarden Euro in den Monaten Juni bis Dezember. "Die Krise ist also keinesfalls vorbei."

Unter den rund 80.000 Bekleidungs-, Schuh- und Lederwarengeschäften hierzulande gebe es erste Insolvenzen und Schließungen, berichteten die Branchenverbände BTE, BDSE und BLE. Kurzarbeitergeld und KfW-Kredite reichten nicht, um Boutiquen und Modehäuser zu retten.

Der HDE und der Immobilienverband ZIA forderten von der Bundesregierung Überbrückungshilfen für den stationären Handel als Bestandteil eines Konjunkturprogramms. "Durch den Shutdown und die weiteren Maßnahmen wie die Maskenpflicht in Geschäften und die Begrenzung der Kundenzahl sind gesunde Unternehmen in existenzielle Schwierigkeiten geraten", hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung. "40 Prozent unserer Nonfood-Einzelhändler sind in ihrer Existenz bedroht, so dass wir eine direkte Unterstützung brauchen." (dpa/rw)