Ob ein Rechtsstreit gewonnen oder verloren wird, hängt einer Studie zufolge nicht davon ab, ob das Beweismittel digital oder in Papierform vorliegt. In Nürnberg wurden dazu 14 Gerichtsverhandlungen mit echten Richtern und Sachverständigen simuliert. In allen Fällen seien die eingescannten Dokumente von den Richtern als Beweismittel anerkannt worden, sagte Projektleiter Alexander Roßnagel vom Institut für Wirtschaftsrecht der Universität Kassel.
Bei der Studie in Kooperation mit dem IT-Dienstleister Datev ging es in sieben Fällen um Zivilklagen mit abweichenden Versionen von Verträgen. Das Gericht musste entscheiden, ob das eingescannte Dokument oder die Papierversion mehr Beweiskraft hat.
Das Ergebnis: Je sorgfältiger ein Dokument eingescannt worden war, desto glaubwürdiger stufte der Richter die Dateien ein. Alexander Roßnagel rät deshalb zu digitalen Signaturen. Anhand dieser lasse sich auslesen, wer das ursprüngliche Papierdokument wann und auf welche Weise elektronisch gespeichert habe. Einfluss auf einen positiven Ausgang der simulierten Verfahren hatte auch, ob die Belege vor Manipulationen geschützt waren.
In sieben weiteren Fällen stritten sich Unternehmen mit dem Finanzamt um digitale Belege. Ein Resultat der Studie dürfte besonders Steuerberater freuen, die zu den Hauptkunden der Datev zählen: "Wurden die strittigen Belege für die Unternehmen von externen Dienstleistern, wie Steuerberatern eingescannt, hatte das Gericht so gut wie keine Zweifel an deren Echtheit", fasste Roßnagel zusammen. Unternehmen sollten beim Scannen außerdem die Empfehlungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) beachten.
"Im Regelfall dürften aber selbst die eigenhändig ohne besondere Vorkehrungen eingescannten Belege nicht zu einem Rechtsnachteil führen", betonte der Vorsitzende Richter am Finanzgericht Berlin-Brandenburg Ulrich Schwenkert. Er verhandelte in Nürnberg die Fälle vor dem Finanzgericht.
Die 14 Urteile seien zwar nicht rechtsverbindlich, sagte Michael Seyd von der Datev-Geschäftsleitung. Sie gäben aber Ernst zu nehmende Einschätzungen wieder, die in einem realistischen Umfeld entstanden seien. Alexander Roßnagel ergänzte: "Es waren zwar keine Urteile im Namen des Volkes, aber im Namen der Wissenschaft." (dpa/rs)