So sieht also der "Big Bang" aus, wenn die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte beginnt. Nachdem das Bundesgesundheitsministerium noch unter Ex-Gesundheits-, jetzt Wirtschaftsminister Philipp Rösler allen 153 deutschen Krankenkassen zur Auflage gemacht hatte, bis Ende 2011 zehn Prozent der Versicherten mit einer neuen Karte auszustatten, hat mit dem 1. Oktober der Rollout begonnen. Kassen, die die Quote nicht schaffen, müssen mit einer Strafe in Form von Streichung staatlicher Zuschüsse rechnen. 2012 sollen 70 Prozent der Versicherten im Besitz einer Karte sein.
Doch was passiert jetzt eigentlich? Rainer Höfer, eGK-Experte des Krankenkassen-Spitzenverbands, erklärte bei der Präsentation der neuen Karte, es handele sich um "eines der weltweit größten und bedeutendsten IT-Projekte". Mit der eGK sollen unnötige Doppeluntersuchungen vermieden werden. Man erhalte eine größere Übersicht über den Verlauf von Behandlungen bei Ärzten und Kliniken und könne so viel Geld sparen.
Zeitplan für Online-Anbindung noch unklar
Man will durch eine Online-Anbindung erreichen, dass Informationen zwischen den Akteuren des Gesundheitssystems leichter ausgetauscht werden können. Doch wann es wirklich damit losgeht, bleibt offen. Höfer antwortete auf eine entsprechende Frage: "Da kann ich heute keine konkrete Zahl nennen." Andere Quellen sprechen von 2015.
Fakt ist, dass die Einführung der eGK mit Lichtbild des Versicherten laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) "schrittweise" passieren soll. Wer von seiner Kasse eine Karte bekommt, soll die alte Krankenversicherungskarte (KVK) wegwerfen oder zurückschicken, um Missbrauch und den so genannten "Bahnhofshandel" zu verhindern.
Die Versicherten müssen mitmachen und sollen nach Erhalt eines Anschreibens der Krankenkassen ein Lichtbild zur Verfügung stellen. Bisher haben allerdings erst 14 Krankenkassen die erforderliche Freigabe ihrer Karte von der Projektgesellschaft Gematik erhalten, die sich seit sieben Jahren um Technik und Organisation der eGK kümmert. 130 Krankenkassen haben einen entsprechenden Antrag gestellt, 60 befinden sich in einer Testphase mit der Gematik. Die Zeit bis zum 31. Dezember diesen Jahres läuft.
Die eGK - eine unendliche Geschichte in immer neuen Fortsetzungen
Auch die Ärzte müssen mitmachen. Laut Informationen der Gematik sollen 85 Prozent der Arztpraxen und Krankenhäuser mit einem neuen Lesegerät für die eGK ausgerüstet werden. Damit das schneller geht, werden die Terminals subventioniert. Doch noch ist unklar, wie viele Geräte wirklich vor Ort installiert sind.
?Die lange versprochenen Leistungen der eGK sehen eher mager aus. Das BMG schreibt auf seiner Webseite lediglich: „Was kann die elektronische Gesundheitskarte zurzeit? In der ersten Stufe schützt im Unterschied zur bisherigen Krankenversichertenkarte ein aufgedrucktes Foto des Versicherten davor, dass andere Personen die Karte einsetzen, um missbräuchlich Leistungen in Anspruch zu nehmen." Für eine nicht näher definierte "Übergangszeit" gelten aber auch noch die alten Krankenversichertenkarten.
Alles andere ist nach wie vor Zukunftsmusik. Das BMG: "Der Vorteil der elektronischen Gesundheitskarte gegenüber der alten Krankenversichertenkarte liegt darin, dass sie einen Mikroprozessor enthält. Er macht es möglich, dass zukünftig (Hervorhebungen durch die Redaktion) sensible Gesundheitsinformationen verschlüsselt und gegen unberechtigten Zugriff geschützt gespeichert werden können. Darüber hinaus sind die Gesundheitskarten für die zukünftige Speicherung von medizinischen Anwendungen vorbereitet. Diese können – wenn der Versicherte es wünscht – ohne Austausch der Karten nach und nach aufgebracht werden. Voraussetzung ist, dass die neuen Anwendungen die Tests erfolgreich durchlaufen und die strengen Sicherheitsregeln einhalten."
Was ist noch vorgesehen? Das BMG: "Konkret befinden sich mehrere Anwendungen in der Entwicklung: Zum einen sollen sich die Verwaltungsdaten des Versicherten online aktualisieren lassen. (…) In Zukunft soll es außerdem möglich werden, dass zum Beispiel eine Arzneimitteldokumentation oder eine elektronische Patientenakte mit der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden."
Fazit: Statt Online ist die eGK erst einmal Offline. Alles andere wird sich zeigen. Vielleicht nächstes Jahr. Vielleicht später. Wirklich eine echte Erfolgsgeschichte.