Der Energiemarktexperte Johannes Wagner hat keine Sorge, dass durch die planmäßige Abschaltung von drei Atomkraftwerken in Deutschland am Jahresende zu wenig Strom vorhanden ist. "Die Abschaltung steht schon lange fest, sodass die Märkte grundsätzlich darauf vorbereitet sind", sagte Wagner vom Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln (EWI) der Deutschen Presse-Agentur.
Die Stromerzeugung, die dann wegfalle, könne entweder durch andere Kraftwerke innerhalb von Deutschland oder über den Außenhandel ausgeglichen werden. "Ein Teil wird deshalb bei weiterem Ausbau der Wind- und Photovoltaik-Kapazitäten über erneuerbare Energien ausgeglichen werden." Zusätzlich würden mehr Kohle- und Gasverstromung sowie mehr Stromimporte beziehungsweise weniger Stromexporte die Differenz ausgleichen, so Wagner weiter.
Drei Viertel des Strompreises für Steuern, Abgaben, Umlagen, Netzentgelte
Im Großhandel rechnet der Experte nach der Abschaltung mit tendenziell erhöhten Preisen, "insbesondere in Stunden, in denen die Erzeugung nicht durch erneuerbare Energien ausgeglichen werden kann". Die Auswirkungen auf Stromverbraucher in Haushalten seien allerdings begrenzt. Grund sei, dass der Endverbraucherpreis zu etwa drei Vierteln aus Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelten besteht, die unabhängig vom Großhandelspreis seien.
Abgeschaltet werden die Meiler Gundremmingen C (Bayern), Grohnde (Niedersachsen) und Brokdorf (Schleswig-Holstein). Zusammen haben sie eine Kapazität von mehr als 4.000 Megawatt. Alle drei waren Mitte der 1980er Jahre in Betrieb genommen worden. Die Atomkraftwerke Grohnde und Brokdorf gehören zum Energiekonzern Eon.
Eine Sprecherin der für die Anlagen zuständigen Eon-Tochter Preussenelektra erklärte auf Anfrage, dass die beiden Kraftwerke in der letzten Minute des Jahres abgeschaltet werden sollen. "Ein Weiterbetrieb unserer Kernkraftwerke über den gesetzlichen Endtermin hinaus ist für uns kein Thema. Dabei bleibt es", erklärte Eon-Vorstandschef Leonhard Birnbaum auf Anfrage.
Das Kraftwerk in Gundremmingen gehört dem Energiekonzern RWE. Ein RWE-Sprecher sagte, dass dort die Abschaltung "in den Abendstunden" des 31. Dezember erfolgen soll. "Das Kapitel Kernenergie ist für RWE abgeschlossen", sagte der Sprecher weiter.
Nach der Abschaltung sind in Deutschland nur noch drei Atomkraftwerke am Netz. Sie gehören den Energieunternehmen Eon, RWE und EnBW und sollen Ende 2022 endgültig vom Netz gehen. Laut Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen kamen 11,8 Prozent des 2021 in Deutschland erzeugten Stroms aus Kernkraft. (dpa/rs)