Green IT war noch das Top-Thema der diesjährigen CeBIT. Inzwischen ist es ruhiger geworden um die "grünen" Rechenzentren: Auf der Trend-Rangliste der Marktforscher von Gartner ist Green IT vom ersten Platz in diesem Jahr auf den zehnten Platz im nächsten Jahr abgerutscht. Doch das Thema ist keineswegs in Vergessenheit geraten, sondern steht auf der Agenda der meisten IT-Verantwortlichen. Denn wer auf ressourcenschonenden IT-Betrieb setzt, kann eigentlich nichts falsch machen: Green-IT eröffnet ein gewaltiges Einsparpotenzial bei Energie-, Betriebs- und Administrationskosten, befreit vom Image des Umweltsünders, leistet einen Beitrag zur CO2-Reduktion - und treibt zudem oft die Dynamisierung der Rechenzentrums-Infrastrukturen voran.
Auf stolze 66 Prozent beziffern die Analysten der Experton Group bis 2010 den jährlichen Umsatzzuwachs für Green IT in ihrer Studie "Green IT - Status quo und Trends in Deutschland 2007/2008" vom Anfang des Jahres. Danach wird sich allein der Anteil von Green IT im Hardware-Bereich von derzeit 820 Millionen Euro bis 2010 verzehnfachen; im Software-Bereich soll das Marktvolumen von 380 Millionen Euro auf knapp 1,8
Milliarden Euro steigen. Der Servicemarkt für Green IT wird demnach bis 2010 von 610 Millionen Euro auf rund 3,6 Milliarden Euro zulegen.
Die Zahlen sind indes mit Vorsicht zu genießen: Auf der einen Seite ersetzen die Ausgaben für "grüne" Rechner und Server natürlich ohnehin anzuschaffende herkömmliche Geräte und spiegeln damit den allgemeinen Investitionstrend für Hard- und Software-Infrastruktur wider, der im Zuge der Wirtschaftskrise wohl geringer ausfallen dürfte als von der Experton Group noch Anfang dieses Jahres geschätzt. Und bei den Services dürften teilweise auch Kosten erfasst sein, die ohnehin für Infrastruktur-Consulting zu Buche geschlagen hätten. Dennoch: Unter dem Strich bleiben es gewaltige Investitionen, die in den Umbau "grünerer" Rechenzentren (RZ) fließen.
Maßnahmen abstimmen
Spätestens seit dem Hype um Green IT sind alle Hardwarehersteller dabei, ihre Geräte mit energiesparenden Komponenten auszustatten. Mehr als 30 Prozent des Stromverbrauchs, rechnen Experten, lassen sich allein durch den Einbau Strom sparender Bauteile wie Lüfter, Low-Voltage-Prozessoren, Speicherchips, Festplatten und Netzteile einsparen. Dual- und Quadcore-Prozessoren weisen eine bessere Energiebilanz auf als ihre Vorgänger, ebenso trägt die Hauptspeichertechnologie mit
DDR-3-Chips zum Stromsparen bei. Dennoch sei es wichtig, schon bei der Anschaffung von Servern auf deren Energiebilanz zu achten. "Effiziente Hardware hängt sehr stark vom Design ab", sagt Bernhard Brandwitte, Energie-Experte bei Fujitsu Siemens Computers: "Wenn die einzelnen Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs aufeinander abgestimmt sind und ein Paket ergeben, sind die größten Einsparungen möglich."
Aber während der Privatanwender mit der Anschaffung energiesparender Rechner, Strom sparender Monitore sowie intelligenter Konfiguration der Energie-Optionen schon seine Möglichkeiten ausgeschöpft hat, trägt der Stromverbrauch der Hardware-Komponenten in kommerziellen Rechenzentren nur zu einem kleinen Teil zur Gesamtbilanz bei. Denn was nützt es, wenn die ausgetauschten Server nur noch mit 75 Prozent der ehemals verbrauchten Energie zu Buche schlagen, während eine Konsolidierung und Virtualisierung der Server-Landschaft gleich eine Halbierung der Anzahl benötigter Rechner möglich machen würde? Virtualisierung gilt deshalb als Schlüsseltechnologie, um die Auslastung der Maschinen zu verbessern, Stellfläche im Rechenzentrum sowie Energie für Betrieb und Klimatisierung einzusparen.
Virtualisierung im Kommen
Auch hier ist der Markt in Bewegung: Zwar hält sich der Virtualisierungsgrad in den Unternehmen gegenwärtig noch in überschaubaren Grenzen. Nach Erhebungen der IDC-Marktforscher sollen es in diesem Jahr 35 Prozent sein, die im Schnitt 13 Prozent ihrer IT-Anwendungen virtualisiert haben. Aber die Analysten rechnen mit gewaltigem Zuwachs: Schon 2009 sollen es mehr als 50 Prozent der neu gekauften
Server sein, die in virtuellen IT-Landschaften ihren Dienst tun. Gartner prognostiziert, dass die Anzahl virtueller Maschinen weltweit von weniger als fünf Millionen in 2007 auf mehr als 660 Millionen im Jahre 2011 ansteigen wird.
Wer jedoch alle Aspekte der Energieeinsparung berücksichtigen will, kommt ohne ganzheitliche Strategie für den Bereich Energieeffizienz kaum aus - und auch nicht ohne spezialisierte Berater. Zu komplex ist das Zusammenspiel von RZ-Architektur, Hard- und Software, Virtualisierungs- und Betriebskonzepten. Das Marktumfeld ist indes schwer überschaubar: Es reicht von klassischen Beratungshäusern und Systemintegratoren über die Hardware-Hersteller und Anbieter von Virtualisierungs-Software bis zu RZ-Ausstattern und Klimatisierungsspezialisten.
Gesamtheitliche Green IT
"Green IT wird 2009 noch wichtiger", sagt Andreas Burau, Research Director ICT-Service bei Experton. "Dabei werden zunehmend gesamtheitliche Green-Ansätze gefahren werden, die über Einzelthemen wie Virtualisierung und Beschaffung energieeffizienter Hardware hinausgehen und System-Management, RZ-Planung, Klimatisierung und Wirtschaftlichkeitsrechnungen umfassen." Während der Trend zur Modernisierung und umweltfreundlichen Ausgestaltung des IT-Betriebs in den zurückliegenden zwölf bis 18
Monaten vor allem von Großunternehmen vorangetrieben wurde, werde er in 2009 auch Rechenzentren des Mittelstandes erreichen und dem Markt für Green IT weiteren Schub verleihen.