Wenn Gerhard Hagenauer über Mobilitätskonzepte spricht, steckt er die Zuhörer schnell an mit seiner Begeisterung. Seit 2008 beschäftigt sich der Ingenieur für Nachrichtentechnik mit Elektromobilität, Car-Sharing-Modellen und Lösungen, wie sich der Verkehrsinfarkt in Metropolen vermeiden lässt. Gemeinsam mit einem Team aus Informatikern und Naturwissenschaftlern entwickelt er praktikable IT-Lösungen. "Laden muss so einfach funktionieren wie das Geldabheben am Bankomat?, erklärt Hagenauer, der als Head of e-Mobility für NTT DATA Österreich in Wien arbeitet.
Ein vielversprechender Praxistest war das Projekt "Smile - einfach mobil?, an dem sich die Stadt Wien, die österreichische Bundesbahn und weitere Kommunen in Österreich beteiligten. Das Angebot richtete sich an alle, die flexibel unterwegs sein wollten. Mit einer Smartphone-App navigierten sie sich durch den Tag, liehen Elektroautos oder Fahrräder aus, kauften Tickets für den Linienbus oder die Bahn mit dem Mobiltelefon und bezahlten damit. Die App informierte die Nutzer auch, welches Verkehrsmittel für den geplanten Weg am geeignetsten war. Musste es schnell gehen, gab es auch Gutscheine für das Taxi.
Alles mit einer App
Innovativ am Projekt war, dass alle Informationen sowie Buchung und Bezahlung bequem auf einer Plattform gebündelt waren und sich mit einer App einfach steuern ließen. Außerdem bewies Smile, dass sich individuelle Mobilitätswünsche mit dem öffentlichen Nahverkehr kombinieren lassen. Das erfolgreich abgeschlossene Modellprojekt zeigte auch, dass sich neue Mobilitätskonzepte in Geschäftsmodelle umwandeln lassen. NTT DATA beteiligte sich an Smile mit der Entwicklung der Plattform. Zum Einsatz kam hier auch das Ladestellenmanagement OCC (Open Charging Station Controller), eine von NTT DATA entwickelte Lösung. Diese herstellerunabhängige Verwaltungs- und Administrationsplattform für E-Tankstellen lässt sich nach den Wünschen der Kunden erweitern.
Auch der Energiedienstleister EnBW erkannte früh das Potenzial von E-Mobilität und entwickelte für seine Ladestationen in Baden-Württemberg eine eigene IT-Infrastruktur. "Wir arbeiten seit 2007 intensiv mit Forschungsprojekten zusammen und haben eine eigene Software entwickelt, die sich an den intelligenten Stromzählern orientiert?, erklärt Dirk Bischoff, der zuständige EnBW-Programmmanager. Mittelweile betreibt das Unternehmen in der Region Stuttgart rund 500 Ladepunkte, in ganz Baden-Württemberg sind es mittlerweile rund 750 Ladepunkte für Elektroautos und E-Bikes.
Ausgeklügeltes System
EnBW will in den kommenden Jahren sein Ladestellennetz weiter entwickeln. Deshalb stand das Unternehmen vor der Frage, ob die eigene IT-Abteilung die Software erweitern und um weitere Features ergänzen soll oder eine Standardlösung eine Alternative wäre. "Wir haben uns vor zwei Jahren etwa 20 Anbieter angesehen und mussten feststellen, dass unser System ausgeklügelter war als viele Angebote am Markt?, erinnert sich Bischoff. Schließlich kam EnBW mit NTT DATA ins Gespräch und fand in der OCC-Lösung ein Produkt, das bereits ausgereift und praxiserprobt war.
Helmut Hesse kümmert sich als Projektleiter von NTT DATA darum, dass seine Kollegen die Wünsche des Kunden EnBW umsetzen. Er stellt sicher, dass alle Projektpartner mit den Fortschritten und Ergebnissen zufrieden sind. Hesse kennt alle Facetten eines Projekts und hat selbst viele Jahre als Software-Architekt gearbeitet. Mit seinem Physik- und Informatikstudium bringt er das nötige technische und wissenschaftliche Wissen mit, als erfahrener Projektleiter weiß er, welche Fähigkeiten gefragt sind.
"Elektromobilität ist technisch anspruchsvoll, neu und dynamisch. Gerade weil es um große Datenmengen geht, spielt die Visualisierung und Benutzerfreundlichkeit eine große Rolle?, sagt Hesse. Zu seinen Aufgaben gehört es, zwischen den Wünschen des Kunden und den technischen Möglichkeiten zu vermitteln. "Ein Projektleiter muss flexibel sein und sollte selbst sehr strukturiert arbeiten?, erklärt Hesse und fügt hinzu: "Wenn es anstrengend wird, braucht man gute Nerven?, gibt er mit einem Lächeln zu. Die Kunst der Diplomatie sollte ein Projektleiter ebenso beherrschen.
E-Mobilität eröffnet neue Märkte
Mit der Energiewende und zunehmender dezentraler Stromerzeugung verändert sich der Energiemarkt rasant. EnBW setzte früh auf neue Technologien wie Smart Home oder E-Mobilität, errichtet und betreibt eigene und fremde Ladestationen und berät beispielsweise auch Firmenkunden, wie sie ihren Fuhrpark mit E-Fahrzeugen weiterentwickeln können.
"In Baden-Württemberg gibt es viele Projekte zum Thema E-Mobilität. Allein im Schaufenster Projekt LivingLab BWe mobil haben wir gezeigt, wie eine ganze Flotte von mehr als 500 e-car sharing Fahrzeugen im täglichen Fahrbetrieb laden können und somit die Umwelt entlasten?, sagt Stephan Wunnerlich, Programmmanager E-Mobilität bei EnBW und fügt hinzu: "Aber weil E-Mobilität noch eine junge Disziplin ist, braucht es starke Partner, die das Thema voran bringen.?
Noch gilt Deutschland als Entwicklungsland in Sachen E-Mobilität. Der Marktanteil von Elektroautos liegt unter einem Prozent, in Norwegen sind es schon heute rund 20 Prozent. Doch die Bundesregierung verfolgt das ambitionierte Ziel, dass bis zum Jahr 2020 mindestens eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen rollen sollen.
Der Branchenverband VDA errechnete, dass dafür 70.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte notwendig seien. Wie hoch die tatsächliche Anzahl jedoch ausfallen muss, wird die Marktentwicklung zeigen. Das Projekt von EnBW und NTT DATA in Baden-Württemberg zeigt, dass viel Elan und Engagement notwendig ist, um diesem Ziel näher zu kommen. Gleichzeitig eröffnet das Zukunftsthema E-Mobilität viele interessante Berufsperspektiven für Software-Entwickler und IT-Berater.