OUTPLACEMENT-BERATUNG

Entlassen ­ aber wie?

05.11.2001
Personalabbau ist eine harte Pflicht für jene, die die Entlassungsgespräche führen müssen. Für die Unternehmen sind Stellenstreichungen zudem riskant. Image-Schäden und Sabotage frustrierter Gefeuerter drohen. Spezialisten helfen, Risiken zu vermeiden.

ALS DEN WEB-ENTWICKLERN eines großen Hamburger Verlagshauses mitgeteilt wurde, dass das geplante Internet-Projekt gestorben sei und ihnen freigestellt wurde zu gehen oder für den Verlag Erotik-Sites zu programmieren, war die Empörung groß. „Ich habe schließlich nicht vier Jahre lang Kommunikationsdesign studiert, um jetzt T(.....) und Ä(.....) zu entwerfen“, schimpft eine ehemalige Angestellte.

Nicht nur in der New Economy, auch in traditionsreichen Konzernen sind die Entlassungsmethoden bisweilen abenteuerlich. Nicht selten werden für die Schmutzarbeit externe Berater ins Haus geholt. Die so genannten Cleaner durchkämmen den Betrieb nach verzichtbarem Personal. Wenn bei einem Mitarbeiter auf dem Display die Nummer des „Inquisitors“ (Branchenjargon) erscheint, erbleicht der Angerufene; die Gespräche im Großraum verstummen. Dem Ärmsten bleibt dann oft nicht einmal mehr die Zeit für das mitgebrachte Pausen-Sandwich.

Entlassenen Perspektive bieten

Derartiger Psychoterror kann Unternehmen irreperable Reputationsschäden zufügen, warnen Experten. Sie empfehlen daher eine weiche Kündigung, bei der Betroffene psychologisch betreut und sozial abgefedert den Betrieb verlassen – möglichst bereits mit einer neuen beruflichen Perspektive. Outplacement-Berater können helfen, diese Voraussetzungen zu schaffen. Die Kündigungsgespräche selbst nehmen sie den Vorgesetzten freilich nicht ab. „Es würde sonst der Eindruck entstehen, der Chef sei zu feige“, sagt Alexander Panitzki von Interaction Consulting.

Die entscheidenden Worte müssen also vom Disziplinarvorgesetzten kommen. Die Berater haben für die undankbare Aufgabe aber zumindest Tipps parat (siehe Kasten). Einige Outplacement-Consultants bieten zudem Seminare; beim Karriereportal Job-Scout 24 gibt es gar eine Online-Trennungsberatung. Danach sollte der Vorgesetzte nett, aber nicht zu nett sein. Eröfnungsfloskeln wie „Wo haben Sie denn heute geparkt?“ sollten vermieden werden. Der beste Zeitpunkt für eine Entlassung ist der frühe Montagmorgen – „bloß nicht vor dem Urlaub oder dem Wochenende“, warnen Berater.

Guter Stil muss gewahrt bleiben

Angst vor erheblichen Image-Schäden oder schlimmstenfalls vor Sabotage durch ehemalige Mitarbeiter, die wertvolles Insider-Wissen geradewegs zur Konkurrenz tragen könnten, veranlasste Personalleiter Karl-Heinz Sternberg vom IT-Dienstleister Level 3, die Dienste der Outplacement-Beratung Mühlenhoff in Anspruch zu nehmen. Die Firma musste sich im Sommer von knapp hundert Mitarbeitern trennen. „Wir haben alle Kündigungen an einem Tag ausgesprochen. So ist es uns gelungen, den Betroffenen zu helfen und Panik unter den verbleibenden Angestellten zu vermeiden“, sagt Sternberg. „Manche Chefs legen an so einem Tag ja sogar den E-Mail-Server lahm, um zu vermeiden, dass sich der Unmut der Mitarbeiter ausbreitet und das Klima vergiftet. Das brauchten wir nicht.“

Speziell New-Economy-Geschädigte kennen das, etwa die von Kabel New Media in Hamburg: Noch vor der Insol- venz des Unternehmens im Mai dieses Jahres wurden sie zwar persönlich, aber ohne jede Vorwarnung zum Kündi- gungsgespräch gerufen. Zurück am Arbeitsplatz mussten sie feststellen, dass man ihre E-Mail-Zugänge gesperrt hatte. Der damalige Vorstandschef, Peter Kabel, hatte den Mitarbeitern versichert, man werde ihr Ausscheiden „würdevoll“ gestalten. Tatsächlich, so sagten Gefeuerte, habe man sie wie Kriminelle behandelt.

Experten für den sanften Abschied

Die rund dreißig Outplacement-Berater in Deutschland haben Hochkonjunktur. Nach Angaben des Bundesverbands deutscher Unternehmensberater (BDU) gaben deutsche Unternehmen im vergangenen Jahr rund 60 Millionen Mark für professionelles Trennungs-Management aus, 20 Prozent mehr als 1999. Fast die Hälfte der Einzel-Outplacement-Kandidaten lagen laut BDU in der Gehaltsgruppe bis 150000 Mark, 39 Prozent zwischen 150000 und 250000 Mark. Beim Einzel-Outplacement fallen in der Regel Honorare von 18 bis 22 Prozent des letzten Jahresbruttoeinkommens des Klienten an. Die Beratung dauert meist fünf bis sechs Monate, umfasst alle Phasen des Trennungsprozesses (von der Werdegang-Analyse bis zur beruflichen Neuorientierung und Bewerbung) und endet oft erst in der Probezeit des neuen Arbeitsverhältnisses. In diesem Zeitraum liegt die Erfolgsquote für eine Wiederanstellung laut BDU bei 80 bis 90 Prozent.

Zehn Tipps für Kündigungsgespräche