Dem Dunkelgrau der Business-Anzüge und dem Hellgrau des Münchener Wetters verleiht ein plötzliches Handyklingeln Exotik: Sapthagiri Chapalapallis Mobiltelefon spielt Sitar-Klänge ab. Der Zentraleuropa-Chef des indischen Konzerns Tata Consultancy Services (TCS) lacht. Dazu hat er auch Grund: Kunden sind unter anderem die Deutsche Bank, Daimler, Nokia Siemens Networks - für TCS läuft es gut in Deutschland. "Wir wachsen hier schneller als der TCS-Durchschnitt", sagt Chapalapalli. Durchschnitt heißt eine Umsatzsteigerung von knapp 21 Prozent im dritten Quartal 2011 (Oktober bis Dezember) des Geschäftsjahres.
TCS unter dem Dach des indischen Mischkonzern Tata aus Mumbai zählt nach eigener Darstellung zu den 20 größten IT-Consulting-Unternehmen der Welt. Im vergangenen Geschäftsjahr setzte TCS insgesamt 8,2 Milliarden US-Dollar um.
Chapalapalli verantwortet seit 2009 das Mitteleuropa-Geschäft von TCS. Seine Strategie für Deutschland lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: Localisation. Dass das klappt, dafür soll Ingo Rosenstein sorgen, Vice President Delivery Germany & Austria.
Rund 80 Kunden in Deutschland
"Deutsche Kunden wollen Ansprechpartner vor Ort", so die Erfahrung von Chapalapalli. TCS unterhält daher neben dem Hauptsitz in Frankfurt/M. Büros in Düsseldorf, Hamburg, München, Stuttgart, Wolfsburg und Walldorf. Walldorf deswegen, weil SAP einer von den gut 80 deutschen TCS-Kunden ist.
Zugleich stellen Services rund um SAP einen von drei Bereichen dar, in denen Chapalapalli Wachstum sieht. Die anderen sind Infrastruktur-Services und Business Process Outsourcing (BPO). Dass dieses Feld in Deutschland nicht gerade blüht, schreckt TCS-Manager Rosenstein nicht. "Wir beobachten, dass sich da was tut", sagt er.
Jetzt 600 Mitarbeiter in Deutschland
Schon vor knapp zwei Jahren hatte Chapalapalli im Gespräch mit CIO.de davon gesprochen, deutsche Mitarbeiter einstellen zu wollen. Mittlerweile arbeiten knapp 600 Leute für TCS in der Bundesrepublik, davon cirka ein Drittel deutsche. Weltweit sind weitere 2.200 Mitarbeiter - neben Kunden in anderen Ländern - auch für deutsche Unternehmen zuständig.
Branchengeflüster, Tata-Mitarbeitern werde wenig Selbstständigkeit und Entscheidungsfreiheit gelassen, lässt Rosenstein nicht gelten. "Das stimmt nicht", sagt er und lobt unisono mit Chapalapalli die flachen Hierarchien in dem Unternehmen.
Dass Unterschiede zwischen den Kulturen überwunden werden müssen, bestreitet Chapalapalli dagegen nicht. Daher ja auch der starke Fokus auf Localisation. Die Erfahrung des Inders: Die operativen Entscheidungen trifft nicht unbedingt der CIO, sondern seine Mitarbeiter zwei oder sogar vier Stufen darunter. An die will er sich herantasten, ihnen will er zuhören, und das ist ein Lernprozess. Zwischen den Zeilen klingt an, dass mancher Deutsche ein bisschen fremdelt.
Experton über die Scheu deutscher Anwender
Eine Einschätzung, die Andreas Zilch von der Experton Group teilt. "Anwender in Deutschland scheuen sich - obwohl selbst zumeist sehr international ausgerichtet - indische Anbieter direkt einzusetzen", erklärt der Analyst. Das sei "ein Widerspruch, aber eine unbestrittene Tatsache". Zilch gesteht beiden Seiten aber "einen Lernprozess" zu. In puncto TCS hält er denn auch eine positive Entwicklung für möglich.
Chapalapalli jedenfalls setzt große Erwartungen auf Deutschland. Die Kunden hierzulande hätten verstanden, dass TCS nicht mehr der Billigheimer ist. "Wir sind schon von deutschen Wettbewerbern unterboten worden", sagt er. Er wolle auf Qualität und Fachlichkeit setzen. Auf die Frage nach interessanten Branchen nennt der Manager zunächst Banken, Automotive und Pharma. Um gleich anzufügen: "Eigentlich alles bis auf Public IT."
Dass seine ehrgeizigen Pläne schlicht am Fachkräftemangel scheitern könnten, glaubt Chapalapalli nicht. Weltweit beschäftigt TCS fast 230.000 Mitarbeiter. Im Schnitt sind sie 28 Jahre alt. Knapp zwei Drittel von ihnen bringen mehr als drei Jahre Berufserfahrung mit.
Deutsche Mitarbeiter im globalen Talent Pool
Der Inder sieht auch seine deutschen Mitarbeiter als Teil eines globalen Talent Pools. Wer darin mitschwimmen will, sollte nicht ortsgebunden sein, auch Rosenstein hat einige Jahre in Indien gearbeitet. Gegen Heimweh kann man ja notfalls den Handy-Ton von einer deutschen Blockflöte spielen lassen.