Bei jedem neuen Management- und Technologie- oder Wirtschaftstrend stellt sich nach einigen Jahren die Frage, ob er sich tatsächlich durchgesetzt hat oder nicht. Einige, wie zum Beispiel Business Process Reengineering oder Bitcoins, haben es eher nicht geschafft, bei anderen, etwas Smartphones oder ERP, ist der Erfolg unübersehbar.
Nun hat sich NewVantage Partners, eine Unternehmensberatung aus dem amerikanischen Boston, die auf Big Data spezialisiert ist, in einer Studie ebenjenem Lieblingsthema und der Frage nach seinem Erfolg gewidmet.
Eine notwendige Definition von Big Data
Eindeutiges Ergebnis, um es vorwegzunehmen: Big Data ist aus Sicht der Autoren Thomas Davenport und Randy Bean eine Erfolgsgeschichte. Wobei, darauf weisen die beiden schon zu Beginn hin, jeder differenzierten Betrachtung dieses weitschweifigen Themas eine Definition vorangestellt werden muss.
Das fünfte "Big Data Executive Survey" betrachtet Big Data als "den Versuch, Organisationen in die Lage zu versetzen, jede Art von Daten mit hohem Tempo zu analysieren. Unabhängig davon, ob es sich dabei um kleine oder große Datenmengen, neue oder vorhandene Bestände, strukturierte oder unstrukturierte Daten handelt.
Im Rahmen der Untersuchung wurden Vorstände und IT-Verantwortliche von 50 führenden amerikanischen Unternehmen befragt. 48,4 Prozent davon gaben an, "maßgebliche Resultate" durch ihre Investitionen in Big Data erzielt zu haben.
Hohe Erfolgsquote
Sogar 80,7 Prozent sind der Ansicht, dass ihre Big Data-Initiativen insgesamt erfolgreich sind. Lediglich 1,6 Prozent gaben, an, entsprechende Bemühungen in ihrem Unternehmen seien ein Fehlschlag gewesen, wobei auch eine ganze Reihe der Befragten sagte, es sei noch zu früh für eine abschließende Bewertung.
Eine gute Nachricht ist das zunächst einmal deshalb, weil Big Data-Programme nicht gerade billig sind. 37 Prozent der befragten großen Unternehmen haben mehr als 100 Millionen Dollar in das Thema investiert, 6,5 Prozent sogar mehr als eine Milliarde.
Big Data weit oben auf dem Hype-o-Meter
Natürlich liegen die Investments auch deshalb so hoch, weil das Thema auf dem "Hype-o-Meter" schon seit Jahren ziemlich weit oben steht, wie es in der Studie so schön heißt. Dass die Sache nicht nur Chic ist, sondern auch was bringt, ist in Anbetracht solcher Zahlen natürlich erfreulich.
Fast alle befragten Unternehmen sind Early Adopters, das heißt sie beschäftigen sich seit mehreren Jahren mit Big Data. Und dass sich ihr Engagement generell gelohnt hat bedeutet nicht, dass es auf dem Weg zu diesem Erfolg nicht auch einige Hindernisse auf dem Weg zu räumen gab. Wichtigste Problembereiche sind dabei weder Hard- noch Software, sondern "Wetware", will sagen der menschliche Faktor, also organisatorische und zwischenmenschliche Probleme, die in der Summe in 43 Prozent der Fälle einen "Mangel an organisatorischer Übereinstimmung" zur Folge haben. Anders gesagt: Die Beteiligten zieht nicht an einem Strang.
Mittleres Management ist der größte Bremsklotz
41 Prozent der Befragten hielten generell das Mittelmanagement für den größten Bremsklotz, derselbe Anteil verweist auf - wie es im Englischen unübersetzbar schön heißt - "business resistance or lack of understanding".
Weitere 29,5 Prozent der Firmen hatten keine kohärente Big Data-Strategie. 86 Prozent sagten, ihr Unternehmen habe an einer datengetriebenen Kultur gearbeitet, aber nur 37 Prozent gaben an, dieser Versuch sei erfolgreich gewesen.
Ziele möglichst konkret fassen
Was die Ziele der Big Data-Initiativen und ihren Erreichungsgrad angeht, so fällt auf: Je größer, allgemeiner das Ziel, desto kleiner in Relation dazu der Erfolg und umgekehrt. Zwei Beispiele: Während das Ziel der allgemeinen Kostensenkung 73 Prozent der Befragten anstrebten und 49 Prozent erreichten, lag dieses Verhältnis bei der "Transformation des Geschäftsmodells" lediglich bei 52 zu 28 Prozent. Wobei auch das in Anbetracht der Ambitioniertheit dieses Ziels als Erfolg betrachtet werden muss.
Die Befragung erlaubte es auch, ein Schlaglicht auf kommende Big Data-Entwicklungen zu werfen. 47 Prozent der Antwortenden sagten, sie wünschten sich große, allumfassende Transformationsprojekte und die seien auch unvermeidlich, weil in den jeweiligen Industrien innerhalb des nächsten Jahrzehnts epochale Umbrüche anstünden.
Neue Wettbewerber: Fintechs, Google und Amazon
Angst vor den Folgen dieser Umbrüche äußerten vor allem Vertreter von Banken und Finanzdienstleistern, die Wettbewerbsdruck von zwei Seiten spüren: Erstens von jungen Fintech-Firmen und zweitens von - eigentlich - branchenfremden Big Playern wie Google und Amazon, die ihre Aktivitäten in puncto Finanzierung erklärtermaßen ausweiten möchten.
Zusätzlich befördert werden die Ängste der Etablierten dadurch, dass so ziemlich alle Befragten der Ansicht zustimmen, Big Data sei nur der erste Schritt auf dem Weg zu Disruptionen durch die Macht der Digitalisierung. Der zweite seien sogenannte kognitive Technologien vulgo künstliche Intelligenz.
Am Thema KI kommt niemand vorbei
44 Prozent der Befragten äußerten die Ansicht, diese Entwicklung würde ihr Unternehmen innerhalb der kommenden zehn Jahre tangieren, und 69 Prozent von dieser Gruppe wiederum müssen sich bereits heute mit künstlicher Intelligenz auseinandersetzen.
Mehr als drei Viertel gaben darüber hinaus an, dass sie sich auch bereits mit den Möglichkeiten der Internets der Dinge auseinandersetzen (müssen).
Es gibt keine Pause
Was aus alldem folgt? Vor allem die Empfehlung, dass sich selbst jene Firmen, die sich seit Jahren mit Big Data beschäftigen, nicht auf den dabei - subjektiv - verdienten Lorbeeren ausruhen sollten. Denn das Thema und sämtliche damit verbundenen Technologien entwickeln sich rasant weiter, vor allem in Richtung Künstliche Intelligenz.
Bei deren Nutzung haben kleine, innovative Firmen häufig die Nase vorn, bestes Beispiel dafür ist das Geldgewerbe mit seinen unzähligen Fintech-Startups.