Der Arbeits- und Fachkräftemangel wird immer stärker spürbar. 2022 waren einer Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom zufolge 137.000 IT-Stellen in Deutschland unbesetzt. Betrachtet man alle Tätigkeiten und Branchen, blieben laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft sogar mehr als 630.000 Stellen aufgrund von fehlenden qualifizierten Bewerbenden unbesetzt - Tendenz steigend.
Laut Prognosen des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen werden bis 2030 allein im öffentlichen Nahverkehr bundesweit rund 70.000 Busfahrerinnen und Busfahrer fehlen. U-Bahn- und Tram-Fahrer und -Fahrerinnen sowie Kolleginnen und Kollegen in kaufmännischen Berufen noch nicht mit eingerechnet. Da alle mit dieser Herausforderung konfrontiert sind, werden nur diejenigen Unternehmen, die konsequent den Wandel zu einem IT-Unternehmen vollziehen, erfolgreich sein.
Für den ÖPNV sind Digitalisierung und Automatisierung von enormer Bedeutung. Ein gelungener Mix aus beidem kann das Angebot deutlich attraktiver machen und zeitgleich die Mitarbeitenden entlasten.
Die Automatisierung repetitiver Aufgaben kann Ressourcen sparen, die an anderer Stelle dringend benötigt werden. Gleichzeitig kann sie Fehlerquoten senken und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden erhöhen. So lässt sich beispielsweise das Phänomen "Fake Work" eindämmen, das Tätigkeiten beschreibt, die aus Sicht der Mitarbeitenden nicht zu sinnvollen Ergebnissen führen. Im Bereich der Effizienz- und Produktionssteigerung verspricht künstliche Intelligenz die größten Potenziale. Das Beratungshaus Accenture geht etwa davon aus, dass generative KI allein die durchschnittliche Produktivität der Mitarbeitenden bis 2030 um rund 29 Prozent erhöht.
Digitale Tools, zufriedenere Mitarbeiter
Es braucht zudem schlanke digitale Prozesse, die den Arbeitsalltag für alle Beschäftigen vereinfachen. Laut dem Marktforschungsunternehmen Gartner ist unter Mitarbeitenden, die mit den vom Arbeitgeber angebotenen Digitalprodukten zufrieden sind, die Wahrscheinlichkeit zu bleiben, doppelt so hoch.
Die IT spielt somit eine entscheidende Rolle für die tägliche Arbeitserfahrung und Zufriedenheit in vielen Bereichen; sie wird zum zentralen Faktor der Mitarbeiterbindung. Bei der BVG funktioniert bereits heute kein Unternehmensbereich mehr ohne IT. Der Fahrbetrieb, also das Kerngeschäft, wird in Zukunft beispielsweise durch den Einsatz von automatisiert fahrenden Fahrzeugen, Communication-Based Train Control, Echtzeitinformationen für Disponenten und Fahrgäste sowie durch die Optimierung der Routenplanung mithilfe datengesteuerter Analysen noch besser gestaltet werden.
Verbesserte Ticket- und Routing-Apps mit personalisierten Reiseinformationen oder die hauseigene Mobilitätsplattform Jelbi sind wesentliche Faktoren der Mobilität von morgen. Jedes Fahrzeug hat einen eigenen Bordrechner. Disponiert und geleitet werden diese über IT-Systeme. In einer Zukunft, in der sich beispielsweise ein Teil der Fahrzeuge autonom und nachfragebasiert bewegt, ist der Fahrbetrieb letztlich auch ein IT-Prozess.
Bereits in den letzten Jahrzehnten haben wir erlebt, dass der Unternehmenserfolg zunehmend von der eigenen IT-Kompetenz abhängt. Denn diese spielt eine wichtige Rolle bei der Steigerung von Effizienz, Produktivität und Innovationsfähigkeit. Zukünftig bestimmt die IT das Business noch mehr und damit auch den Unternehmenserfolg, insbesondere in Hinblick auf den Arbeits- und Fachkräftemangel.
Fazit
Neben der Differenzierung im Wettbewerb und der Steigerung des Mehrwerts für Kundinnen und Kunden trägt die IT-Kompetenz auch dazu bei, die Leistungsfähigkeit von Unternehmen trotz des Fachkräftemangels zu erhalten oder sogar zu steigern.
Eine starke Arbeitgebermarke ist die Grundvoraussetzung, um von Bewerberinnen und Bewerbern überhaupt in Betracht gezogen zu werden. Die Sinnfrage spielt dabei eine entscheidende Rolle. Die Mitgestaltungsmöglichkeiten für eine lebenswertere Stadt sind deshalb für Unternehmen des öffentlichen Nahverkehrs wie der BVG eine klares Differenzierungsmerkmal.
Aber nur diejenigen Organisationen, die konsequent den Wandel zu einem IT-Unternehmen vollziehen, werden die richtigen Antworten auf den Arbeits- und Fachkräftemangel haben. Aufsichtsräte und Geschäftsleitungen bestimmen die Richtung dieser Arbeitgeber und haben daher eine besondere Stellung inne. Hier muss zukünftig ausreichend IT- und Technologie-Kompetenz vorhanden sein.