Zur Zeit überweist die Bundesagentur für Arbeit (BA) monatlich rund 25 Millionen Euro zuviel an die Krankenkassen. Sie ist gesetzlich verpflichtet, den ermäßigten Krankenkassenbeitrag für ALG-II-Bezieher zu zahlen. "Nach Lieferung der entsprechenden Funktionalität der Software wird die BA prüfen, wie sie diese Gelder zurückfordern kann. Den damit verbundenen Mehraufwand und Schaden wird die BA dem Software-Lieferanten T-Systems in Rechnung stellen", heißt es in einer Pressemeldung der BA.
T-Systems-Pressesprecher Rainer Knirsch wollte gegenüber CIO-Online zu möglichen Schadensersatzansprüchen der BA keine Stellung nehmen. Es sei alleine Sache der Bundesagentur zu prüfen, gegen wen sie Ansprüche anmelde, sagte er.
Er verwies darauf, dass die Software A2LL unter enormem Zeitdruck entwickelt worden sei und dass sich seit Januar, dem Inkrafttreten der Hartz-IV-Regelungen, bereits einige Gesetzesänderungen ergeben hätten. Um den Beginn der Auszahlungen sicher zu stellen, sei das System zunächst mit den wesentlichen Funktionen wie Erfassung aller Anträge, Zahlungs- und Meldeläufe, Krankenversicherung, Druckvorlagen zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben gestartet, sagte er.
Inzwischen sei A2LL um neue Programmteile erweitert worden. Die Vorgaben für die Implementierung zusätzlicher Funktionalitäten setze jedoch alleine die BA, betonte Knirsch. So sei aktuell die Jahresendverarbeitung der Krankenkassenmeldung von oberster Priorität für die BA.
Im Laufe des Septembers werde das "Release 4.2.2." an die Nürnberger Bundesanstalt übergeben. Es umfasst unter anderem die Software-Funktionen Sanktionen und Darlehensbearbeitung sowie die flexiblere Anpassung an neue Berechnungsparameter. Bei den hausinternen Tests in Nürnberg will T-Systems die 160 BA-IT-Spezialisten mit einer Testfactory unterstützen.
Überlegungen der Bundesanstalt, A2LL grundlegend zu erneuern, um die bei der Einführung unter hohem Zeitdruck entstandenen Mängel ein für alle mal auszuräumen", sprich die Software endgültig ad Acta zu legen, wollte der T-Systems-Pressesprecher ebenfalls nicht kommentieren. "Wir fokussieren uns darauf, die bestehende Software um die ausstehenden Funktionen zu erweitern", sagte er.
Die so genannten Umgehungslösungen, bei denen auch Software zum Einsatz kommt, die vor Inkraftreten von Hartz IV angewandt wurde oder Berechnungen manuell durchgeführt werden müssen, führen zu einem erheblichen zeitlichen Mehraufwand bei den Mitarbeitern der Arbeitsgemeinschaften. Die Arbeitsgemeinschaften bestehen aus Vertretern der Kommunen und der örtlichen Arbeitsagenturen Sie sind zuständig für die Leistungsberechnung, Beratung und Betreuung der ehemaligen Arbeitslosen- und Sozialhilfeempfänger, die nun ALG II beziehen.
Wie hoch dieser Mehrwaufand genau ist, lasse sich derzeit nicht ermitteln, teilte die Nürnberger BA mit. Ihre Kunden, sprich, die Empfänger von ALG II, sind davon indirekt betroffen, weil sie mit längeren Wartezeiten leben müssen. Deshalb kann ein wesentliches Prinzip der Hartz-IV-Regelung, nämlich "Fördern und Fordern", nicht umgesetzt werden. Die BA-Mitarbeiter kämpfen nämlich häufig mehr mit der Software, als dass sie sich um die Vermittlung von Arbeitsplätzen kümmern können. Doch das verschweigt die Bundesagentur.