Änderungen an ERP-Systemen können Unternehmen nahezu lahmlegen. Das ergab zumindest eine Umfrage der IT-Marktforscher von IDC im Auftrag von Agresso, einem Anbieter von nach eigenen Angaben flexiblen ERP-Lösungen. "Änderungen am ERP-System lähmen das ganze Unternehmen und bremsen das Fortkommen in Bereichen, die wichtig für die Wertschöpfung sind", wird einer der 214 befragten IT-und Business-Manager zitiert.
Das schlägt sich in heftigen Einschnitten nieder. Um ein Fünftel sinke bei größeren ERP-Änderungen der Aktienpreis, um 16 Prozent nehme die Kundenzufriedenheit ab, sagen die Umfrageteilnehmer. Je nachdem, was Anlass einer Änderung ist, sind die Folgen unterschiedlich. Ob Anpassungen an Neustrukturierungen, einen Firmenzukauf oder neue Geschäftsprozesse: In den meisten Fällen ist der Aktienkurs am stärksten betroffen. Nur bei Anpassungen an neue Gesetze leidet nach Ansicht der Befragten vor allem die Kundenzufriedenheit.
Änderungsbedarf an den ERP-Systemen besteht laut der Umfrage ständig. 12 Prozent müssen ihre Software jährlich anpassen, knapp 17 Prozent monatlich und weitere 15 Prozent sogar im Tages- oder Wochenrhythmus. Bei den übrigen besteht in unregelmäßigen Abständen Änderungsbedarf.
Am häufigsten gilt es, neue Module oder Funktionen hinzuzufügen. Fast zwei Drittel der Befragten mussten seit Installation ihrer Software auch Anwendungen aus verschiedenen Systemen integrieren. Und fast die Hälfte musste bestehende Anwendungen anpassen oder neu schreiben lassen.
Häufigster Auslöser für Anpassungen sind veränderte Geschäftsprozesse. Sie haben in drei von vier Firmen schon zu ERP-Anpassungen geführt. Darunter leidet vor allem die Produktentwicklung. Auf kurze Sicht führten neue Prozesse oft genau zum Gegenteil dessen, was sie erreichen sollten, merken die Studienautoren an. Statt Effizienz zu steigern, bremse ihre Einführung Arbeitsflüsse zunächst aus.
Mehr Bußgelder nach ERP-Anpassungen
Änderungen, die Umstrukturierungen geschuldet sind, gab es der Umfrage zufolge in mehr als der Hälfte der Firmen. Außer längeren Entscheidungswegen haben sie indirekt nicht selten noch weitere Folgen: Die Befragten sprachen von Bußgeldern aufgrund von Rechtsverletzungen nach einer Umstrukturierung.
Ebenfalls in mehr als der Hälfte der Firmen machte ein Zusammenschluss mit einem anderen Unternehmen Änderungen nötig. ERP-Anpassungen aufgrund neuer Rechtslagen oder neuer Strategien im Finanz-Management gab es in jeweils etwas mehr als einem Drittel der untersuchten Firmen.
ERP-Systeme zu unflexibel
Die Berater von IDC schlussfolgern aus den Ergebnissen der Umfrage, dass viele ERP-Systeme den Anforderungen von Firmen nicht gerecht würden, weil sie zu unflexibel seien. Nötig sei Software, die leicht zu konfigurieren sei und sich den unvermeidlichen Veränderungen am Markt unschwer anpassen lasse.
Thomas Wailgum von unserer amerikanischen Schwesterpublikation nimmt das Whitepapar "Modifying and Maintaining ERP Systems: The High Cost of Business Disruption", dem die Ergebnisse entstammen, zum Anlass, grundsätzliche Kritik an ERP zu üben. Die drei Buchstaben seien "ein aus der Mode gekommenes, nahezu bedeutungsloses Stück IT-Jargon", wettert er.
Vernichtende Kritik an ERP
Den Begriff ERP solle man schnellstmöglich begraben. Schließlich sollten künftige moderne Geschäftsanwendungen nicht mehr mit den "gescheiterten monolithischen Installationen" von heute in Verbindung gebracht werden.
Allerdings erntet Wailgum nicht nur Zustimmung von seinen Lesern. Sie kritisieren, er zeige keine Alternative auf und erkläre nicht, wie denn die Funktionen eines ERP-Systems ohne dieses System erfüllt werden könnten. Ein anderer Kommentator meint, Wailgum habe sich den falschen Gegner gesucht: ERP-Systeme seien nicht an sich der Grund für hohe Folgekosten. Vielmehr machten sie organisatorische Schwächen in Firmen sichtbar, die die eigentliche Wurzel des Übels seien.