Von einem "weltweit einzigartigen hochsicheren Identitätsdokumente mit Internet-Funktionen" spricht die Bundesdruckerei. Am 1. November feierte der neue Ausweis seinen einjährigen Geburtstag.
Zumindest für den Produzenten, die Bundesdruckerei, die nach einigen Anfangsschwierigkeiten, den Ausweis erfolgreich herstellt, hat sich die Sache gelohnt: Insgesamt knapp 20.000 PC-Arbeitsplätze in rund 5.400 Personalausweis- und Passbehörden der 16 Bundesländer hat die Bundesdruckerei nach eigenen Angaben gemeinsam mit ihren Partnern mit Hard- und Software ausgestattet. Man habe dafür nicht nur ein neues System zur Bestellung und Produktion entwickelt, sondern auch die komplette technische Infrastruktur, damit der Ausweis auch im Internet als Identitätsnachweis genutzt werden kann, teilte die Bundesdruckerei mit.
8,5 Millionen Bürger haben seit der Einführung am 1. November 2010 den neuen elektronischen Ausweis beantragt und erhalten. Rund 50.000 Ausweise können täglich in der dafür speziell entwickelten Produktionsstrecke gefertigt werden. Die Gesamtbearbeitungszeit von der Beantragung bis zur Ausgabe durch die Behörde dauert dabei zwischen drei und vier Wochen. Die reine Produktionszeit der Dokumente beträgt rund sechs Arbeitstage.
„Eine große Herausforderung bestand darin, die Komplexität der enorm heterogenen kommunalen IT-Landschaft mit elf unterschiedlichen Behördenanwendungen verschiedener Hersteller sowie Dutzende kommunaler Rechenzentren und IT-Dienstleister gemeinsam mit allen Beteiligten zu koordinieren und zu meistern. Beantragung, Bestellung und Produktion laufen inzwischen reibungslos", sagte zum Geburtstag Ulrich Hamann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Bundesdruckerei.
In die Entwicklung seien zahlreiche Innovationen aus der Forschungsabteilung der Bundesdruckerei eingegangen, wie etwa die Technologie der Farbpersonalisierung „Innosec Fusion".
Rund 20 Unternehmen und Institutionen haben den Angaben zufolge die Online-Ausweisfunktion in ihre Internet-Angebote bereits eingebunden, darunter auch Versicherungen, das Kraftfahrt-Bundesamt (hier kann man seinen aktuellen Punktestand online einsehen) und einige Kommunen sowie die Deutsche Rentenversicherung. Wer den neuen Personalausweis besitzt, kann bei der Rentenversicherung den Stand der eigenen Rente im Internet abfragen. Viele weitere Unternehmen haben angekündigt, entsprechende Anwendungen in den nächsten Monaten vorzustellen.
Der neue Personalausweis ermögliche „höchsten Schutz der eigenen Identität auch in der Online-Welt" – wenn es denn dafür tatsächlich bald viele Anwendungen gibt. Die Berater von Steria Mummert Consulting sind zuversichtlich, dass die Nutzungsmöglichkeiten bald zunehmen: „Nach einer Phase des Sondierens entdecken nun neben den Kommunen auch die Unternehmen das Potenzial der vielseitig einsetzbaren Karte, schreiben die Berater. Das zeigten Marktbeobachtungen.
Kommunen starten mit Angeboten für den Ausweis
„Immer mehr Kommunen verbessern ihren Service mit Angeboten rund um den neuen Personalausweis. So können die Bürger jetzt beispielsweise in Münster polizeiliche Führungszeugnisse über das Internet beantragen. Ebenso ist die Bestellung des KFZ-Wunschkennzeichens oder von Katasterauszügen online möglich." Insgesamt mehr als 60 Prozent der Kommunal- und Landesverwaltungen planten bis zum Jahr 2013 in Offerten zur Nutzung des neuen Personalausweises zu investieren.
Viele Unternehmen zögen nach, so die Berater: So sei es beispielsweise das Ziel von Versicherungen und Mobilfunkunternehmen, Kunden den Abschluss von Verträgen direkt über das Internet anzubieten, Banken würden demzufolge intensiv die vollständige Online-Kontoeröffnung prüfen. Für Handelsunternehmen böte der neue Personalausweis mit der Möglichkeit der Adressverifikation eine Lösung zur Minimierung von Fehllieferungen. Verwaltung und Unternehmen interessieren sich für Terminallösungen; die Verwaltung im Rahmen von Bürgerterminals, die Unternehmen direkt am Point of Sale.
„Gute Konzepte setzen sich durch – das zeigt sich auch beim neuen Personalausweis", meint Christian Mohser, Senior Manager Public Services bei Steria Mummert Consulting. „Unsere Marktbeobachtungen belegen: Die Unternehmen haben das Potenzial der Identitätskarte erkannt. Das zeigen die vielen Machbarkeitsstudien zu Angeboten rund um den Ausweis. Und auch aus dem Ausland kommen Anfragen: Viele Länder innerhalb und außerhalb der EU informieren sich über die deutsche Lösung. Zuspruch findet dort neben der außerordentlich hohen Berücksichtigung von Datenschutz und Datensicherheit insbesondere die gegenseitige Identifikation von Dienstanbietern und Bürgern bei der Nutzung des Ausweises."
Die Berater von Bearing Point gratulieren ebenfalls: „Der neue Personalausweis stellt im europäischen Raum eine Best Practice dar. Kein anderer Staat bietet bisher ein ähnlich effizientes und sicheres Konzept – Deutschland nimmt hier eine Vorreiterrolle ein", sagte Alexander Schmid, Leiter des Kompetenzzentrums neuer Personalausweis und Partner bei Bearing Point.
"Ein enormer Schritt für die Verwaltungsmodernisierung"
„Die deutsche Wirtschaft und die Verwaltung haben die Potenziale erkannt. Die Nachfrage nach innovativen Einsatzmöglichkeiten des Ausweisdokuments ist in den vergangenen Monaten deutlich angestiegen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für Unternehmen, Einsatz- und Anwendungsmöglichkeiten des neuen Personalausweises zu überprüfen. Die Fragen und Ideen, die an uns herangetragen werden zeigen ganz deutlich: das Innovationspotential ist enorm", so Schmid weiter.
Der Ausweis böte Unternehmen neue Möglichkeiten, Service und Sicherheit für ihre Kunden zu verbessern und gleichzeitig Kosten zu reduzieren. „Die Entwicklung hat sich in den letzten Monaten dynamisiert. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, planen zunehmend mehr Unternehmen im Finanzbereich, ihren Kunden den Vertragsabschluss medienbruchfrei im Internet anzubieten", sagte Schmid.
Gegenüber der Verwaltung können sich Bürger ein Jahr nach der Einführung heute bereits bei zehn Bundesbehörden, Kommunen, Städten und Gemeinden online ausweisen. „Das ist ein enormer Schritt für die Verwaltungsmodernisierung. Unzählige staatliche Datenbestände können den Bürgern durch die sichere Authentifizierung künftig online zugänglich gemacht werden. Die Bevölkerung profitiert von transparenteren Prozessen, mehr Bürgernähe sowie einem deutlichen Effizienz- und Sicherheitsgewinn", so Schmid.
Der neue Personalausweis bietet laut Schmid in Zukunft auch weitere Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle- und Prozesse: So werden die Anwendungen des neuen Personalausweises künftig auch über mobile Endgeräte nutzbar sein. Hier sei aber die IT-Wirtschaft gefordert: Softwareanbieter müssten die Online-Ausweisfunktion in ihre Systeme integrieren, Lesegeräte sollten von den Herstellern zukünftig auch in Tastaturen und Notebooks integriert werden.
Auch für Open Government und Bürgerbeteiligung zu gebrauchen
Open Government ist auf dem Vormarsch. Auch im Bereich der politischen Partizipation eröffne der neue Personalausweis Bürgern und Unternehmen mit seiner sicheren Online-Identität neue Möglichkeiten der Beteiligung. Erste Schritte geht die Stadt Berlin: Bürger sollen sich zukünftig mit dem neuen Personalausweis online für Bürgerbegehren registrieren können. Für die Verwaltung reduziert sich der Aufwand zur Verifikation der Unterschriften. Auch die Beteiligung von Anwohnern in staatlichen Großvorhaben wie zum Beispiel Flughafen- oder Bahnhofsbauten sei vorstellbar.
Und auch die De-Mail profitiere von dem Konzept: De-Mail und der neue Personalausweis schlössen so zusammen eine Sicherheitslücke für Bürger und Behörden auf der einen und für Kunden und Unternehmen auf der anderen Seite. Derzeit begleitet Bearing Point im Rahmen des im Bundesministerium des Innern aufgesetzten Kompetenzzentrums „De-Mail für die deutsche Verwaltung" 15 öffentliche Einrichtungen aus Bund, Land und Kommune bei der Umsetzung von De-Mail-Projekten. Ab 2012 werden die ersten De-Mail-Provider ihre Dienste flächendeckend in Deutschland anbieten.
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Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.