Business-Tipps

Erster Arbeitstag – so punkten Sie bei den neuen Kollegen

02.11.2016 von Michael Sudahl und Silke Blumenröder
Worauf kommt es am ersten Arbeitstag im neuen Job an? Oft sind es Kleinigkeiten, die am neuen Arbeitsplatz einen schlechten ersten Eindruck hinterlassen.
Wohl dem, der an seinem ersten Arbeitstag so freudig empfangen wird!
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Sandra S. ist aufgeregt. Nach ihrer Weiterbildung zum Wirtschaftsfachwirt ist sie einen Schritt auf der Karriereleiter emporgestiegen. Die 27-Jährige hat die Firma gewechselt. Heute ist ihr erster Arbeitstag bei einem großen Handelsunternehmen.

Zwar überwiegt bei der gelernten IT-Kauffrau die Freude auf den neuen Job, aber beim ersten Auftritt am neuen Arbeitsplatz gilt es, Fettnäpfchen zu umschiffen, wie Karriere-Expertin Simone Stargardt weiß. Die 39-jährige Geschäftsführerin einer Privatakademie hält Business-Knigge-Workshops und kennt die Fallstricke beim Jobstart.

"Beim ersten Auftritt am neuen Arbeitsplatz gilt es, Fettnäpfchen zu umgehen."
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"Es sind oft Kleinigkeiten, die einen schlechten ersten Eindruck hinterlassen", erklärt die Betriebswirtin, die früher bei einem Lebensmitteldiscounter arbeitete und neben berufsbegleitenden Fortbildungslehrgängen auch Schulungen speziell für die Einzelhandelsbranche anbietet. Stargardt empfiehlt vor allem jungen Berufsstartern, sich auf die gute Kinderstube zu besinnen. Wer unpünktlich, übermüdet oder ungepflegt erscheint, hätte bereits beim ersten Kontakt mit Chefs und Kollegen einen dicken Malus, der später nur schwer wieder gutzumachen sei.

Empfehlenswert ist es daher, den neuen Arbeitsweg vorher schon zu den üblichen Stoßzeiten abzufahren. So erfahren Sie, wie lange Sie ungefähr brauchen, wie die beste Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln aussieht oder wo freie Parkplätze sind. Überlegen Sie sich zudem rechtzeitig, was Sie anziehen und was Sie mitnehmen wollen. Nichts ist schlimmer als Hektik oder schon im Vorfeld gestresst am ersten Arbeitstag am neuen Arbeitsplatz zu erscheinen.

Beim Einstand Zurückhaltung feiern

Gut gemeint, kann es völlig daneben gehen, wenn der Neue am ersten Tag im Büro gleich seinen Einstand feiert. "Als Chefin wäre ich eher entsetzt", sagt Stargardt, vor allem wenn dann noch Alkohol ausgeschenkt wird. Das ist in manchen Firmen sogar grundsätzlich verboten. Deshalb sollten sich die Einsteiger Zeit lassen, sich einleben und beobachten, wie die Unternehmenskultur gelebt wird. Etwa, wenn jemand Geburtstag hat, ob Kuchen mitgebracht oder ein Sekt ausgeschenkt wird.

Job-Einsteiger sollten zunächst beobachten, wie die Unternehmenskultur gelebt wird.
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Sandra S. hat es sich noch einfacher gemacht und schlicht ihre Kollegin gefragt: "Sag mal, wie wird der Einstand hier gehandhabt?" Daraufhin hat sie am Freitag zur Mittagspause zwei Salate, ein paar Ciabattas und Säfte mitgebracht.

Vorstellung bei den neuen Kollegen

Während Jüngere gerne in die Lässigkeitsfalle tappen oder sich zu schüchtern mit "Hallo ich bin die Neue, haha…" geben, so erwischen ältere Jobwechsler den falschen Ton, indem sie zu selbstbewusst auftreten und signalisieren, dass sie alles kennen, schon mal gemacht haben und keiner ihnen etwas vormachen kann.

Trotzdem sei eine forsche Begrüßung besser als gar keine, meint Stargardt. "Den dicksten Bock schießt der ab, der nicht grüßt, wenn er seinen neuen Kollegen vorgestellt wird", verdeutlicht die Trainerin. Um allerdings gleich zu warnen, nicht jedem Arbeiter oder Anzugträger beim ersten Betriebsrundgang die Hand hinzustrecken. Das käme zu aufdringlich an, so die Personalexpertin.

Ebenso gilt es, mit Vorsicht herauszufinden, wie in der neuen Firma die persönliche Ansprache ist. Auch, wenn sich alle Kollegen untereinander duzen, rät Stargardt zum formalen "Sie" – zumindest so lange, bis der Hinweis kommt, dass sich alle mit "Du" anreden.

Dresscode und Styling

Bereits als sie nach dem Bewerbungsgespräch ihren damals noch potentiellen Arbeitskollegen vorgestellt wurde, hat sich Sandra S. auch den Dresscode angeschaut. Am ersten Tag im neuen Job trägt die brünette Frau ein schlichtes Kostüm, hat ihre Haare hochgesteckt und dezent Make-up aufgetragen. "Am ersten Tag nie underdressed kommen", empfiehlt Stargardt, denn Sakko und Krawatte sind schnell ausgezogen. Aber man fühlt sich selbst verunsichert, wenn man als einziger krawattenlos ist.

"Beim Start etwas zurückhaltender beim Styling zu sein, ist der richtige Weg", erklärt die Business-Trainerin. Je nachdem was Kollegen tragen und wie die Firmenkultur ist, können später Kleidung und Accessoires verändert werden. Genauso verhält es sich mit Piercings und Tattoos. "Bei kreativen Berufen oder im Handwerk ist das Tragen und Zeigen von Körperschmuck oft unproblematischer als in einer Bank", erläutert Stargardt.

Bereiten Sie sich auf den Dresscode im Unternehmen vor und zeigen Sie sich freundlich und interessiert - nicht nur am ersten Arbeitstag.
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Erster Arbeitstag - aber im Home-Office!

Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt, wie wir sie kannten, massiv umgekrempelt. Der Home-Office-Trend ist gekommen, um zu bleiben. Das wirkt sich auch auf Berufseinsteiger aus, denen nun nicht nur die direkten Kontakte mit den neuen Kollegen fehlen. Sie müssen sich auch anders auf den neuen Job vorbereiten. So liegt bei einem Berufsstart im Home-Office vieles in ihrer eigenen Verantwortung. Bei einem Start im Büro finden sie in der Regel einen bereits mehr oder weniger vorbereiteten Arbeitsplatz vor. Zuhause müssen sie sich nun selbst darum kümmern.

Neben Schreibtisch und Computer benötigen sie auch eine schnelle Internetverbindung, damit die Teilnahme an den ersten Videokonferenzen nicht zur Qual wird. Auch sollten schon wichtige Accounts eingerichtet sein, um überhaupt auf die Firmen-Ressourcen aus der Ferne zugreifen zu können. Viele Arbeitgeber unterstützen neue Mitarbeiter bei diesen Aufgaben und stellen etwa eine Mappe mit wichtigen Informationen bereit. Dort stehen meist auch schon, wer die jeweiligen Ansprechpartner für Fragen sind. Diese sollten am besten bereits am ersten Arbeitstag kontaktiert werden.

Empfehlenswert ist zudem vor allem in den ersten Wochen, an möglichst vielen virtuellen Meetings teilzunehmen, um ein Maximum an Erfahrungen über das Unternehmen, dem zugewiesenen Team und den neuen Kollegen insgesamt zu sammeln. Manche Firmen führen mittags auch gemeinsam "Remote-Lunches" durch. Zumindest anfangs ist es von Vorteil daran teilzunehmen, um das neue Umfeld besser kennenzulernen.

Viele Berufseinsteiger erleben ihren ersten Arbeitstag derzeit vom Home-Office aus. Das führt zu völlig neuen Herausforderungen.
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Fettnäpfchen vermeiden

Für Sandra S. sind diese Hürden kein Problem. Allerdings beobachtet die Jobwechslerin bei der Vorstellungsrunde mit anderen Kollegen, die ebenfalls im Unternehmen starten, dass nicht alle richtig zuhören, als die Personalchefin Infos zum Mittagessen in der Kantine gibt. Für Mitarbeiter gelten interne, günstigere Preise. Bringen Sie Gäste mit, müssen diese den regulären Preis zahlen.

Als ein Teilnehmer am Ende des Vortrags der Personalfrau nachfragt, ob denn der interne Preis auch für Besucher gelte, merkt Sandra S. an der genervten Reaktion ihrer Vorgesetzten, dass der Neue soeben Kredit verspielt hat, weil er nicht aktiv zuhört.

Lesen Sie auch: Das zeichnet einen guten Chef aus

Stargardt nennt noch andere Fettnäpfe. Etwa, dumme Fragen zu stellen, die kein Chef gerne am ersten Arbeitstag hört. Zum Beispiel: "Wie lange dauert‘s denn heute?", "Wann habe ich frei?", "Wann habe ich Urlaub?" oder "Wann wird eigentlich mein Gehalt überwiesen?"

Das sollte Sie aber nicht daran hindern, wichtige Fragen zu stellen. Experten gehen davon aus, dass neue Mitarbeiter in den ersten Tagen noch etwas haben, was Biologen gerne auch den "Welpenschutz" nennen. Es ist unmöglich, dass Sie sich in allen Bereichen bereits auskennen. Also fragen Sie, wenn Sie etwas nicht verstanden haben oder noch nicht wissen. Vergessen Sie dabei auch nicht, sich bei den hilfreichen Kollegen zu bedanken.

Die 5 schlimmsten Kollegen
Der Über-Versprecher
Speziell in Situationen, in denen immenser Druck herrscht, neigen manche Mitarbeiter dazu, alle möglichen, absurden Versprechungen zu machen. Entweder um Aufmerksamkeit zu erringen oder um dem Vorgesetzten beziehungsweise dem Management zu gefallen. Versprechungen machen ist immer einfach, aber wenn das Mega-Projekt dann eben nicht in den versprochenen zweieinhalb Wochen abgeschlossen ist, ist das ungünstig. <br><br/> Alexander Maasik empfiehlt: "Wenn es ein Teammitglied gibt, das am laufenden Band falsche Versprechungen gibt, von denen bereits vorher klar ist, dass sie unmöglich einzuhalten sind, sollten Sie seine Worte nicht mehr für bare Münze nehmen. Wenn Sie können, verlängern Sie den Zeitrahmen und/oder erhöhen Sie Budget oder Ressourceneinsatz, um Engpässe in anderen Bereichen kompensieren zu können."
Der Verantwortungsschieber
Dann gibt es diese Kollegen, die das Collaboration-Prinzip der geteilten Verantwortung auf ihre ganz eigene Weise interpretieren. Getreu dem Motto: "Die anderen werden es schon richten." Experte Maasik rät in einem solchen Fall dazu, dem betreffenden Mitarbeiter eine definierte Rolle und spezifizierte Verantwortlichkeiten im Team zuzuweisen. Alternativ könnten Sie den Verantwortungsschieber auch fragen, ob es Bereiche gibt, die ihn besonders interessieren. Eventuell könnten Sie so seine Leistungs-Leidenschaft neu entflammen. <br><br/> "Manchmal können Sie solche Leute motivieren, indem Sie ihnen Führungsverantwortung übertragen oder ihnen die Verantwortung für ein bestimmtes Gebiet/Thema übertragen, das ihnen am Herzen liegt. Sollte betreffender Kollege allerdings für ausschweifende Arbeitsunlust bekannt sein, hilft unglücklicherweise nur, ihn (oder sie) im Auge zu behalten und sich wenn nötig an höhere Instanzen zu wenden."
Der Fremdfeder-Connoisseur
Es ist nur menschlich, nach Wertschätzung und Anerkennung zu streben. Aber einige Menschen übertreiben das in einem Ausmaß, dass sie fast schon selbst daran glauben, wenn sie sich fälschlicherweise die Erfolge anderer zuschreiben. <br><br/> Maasik: "Leider nimmt der Enthusiasmus dieser Leute rasant ab, wenn es darum geht, die Verantwortung für Misserfolge zu übernehmen. Um solchen Entwicklungen entgegenzuwirken, empfiehlt es sich, genau festzuhalten, wer für welchen Part der Projektarbeit zuständig ist. So können auch alle Beteiligten sehen, wer welchen Beitrag leistet. Sollte jemand auf das Einheimsen von Lorbeeren bestehen, stellen Sie sicher, dass derjenige auch im Fall des Misserfolgs sein Fett abbekommt."
Der Makel-Magnat
Nicht führt die Team-Moral schneller und geradliniger in den Abgrund, als einer, der ständig nur kritisiert, auf Fehler "hinweist" oder sich über jeden Aspekt eines Projekts nur beschwert. Egal, ob es um Zuständigkeiten, Workloads oder die Strategie geht, der Makel-Magnat hat einfach immer was zu meckern. <br><br/> "Dieses Verhalten ist absolutes Gift für das Teamwork. Diese Leute verbringen mehr Zeit damit, sich zu beschweren, als mit der Erfüllung ihrer Aufgaben. Der beste Weg solche Menschen zu handlen: 1. Ignorieren Sie das Gemecker, 2. Geben Sie ihm so viel Verantwortung, dass er (oder sie) keine Zeit mehr hat rumzujammern."
Der Aussteiger
Manche Leute arbeiten besser alleine. Ist auch gar kein Problem. Außer es handelt sich um Personen, die in Team-Projekte eingebunden sind. Dann könnte jemand, der Anweisungen aus Prinzip ignoriert und affin für Alleingänge ist, das ganze Projekt auf's Spiel setzen. <br><br/> Deswegen empfiehlt auch Alexander Maasik, solche Leute lieber aufs "Abstellgleis" zu befördern: "Finden Sie einen Bereich im Projekt, an dem ein solcher Mitarbeiter alleine arbeiten oder sich selbst verwirklichen kann. So holen Sie das Maximum an Produktivität aus diesem Kollegen heraus und stellen gleichzeitig sicher, dass der Rest des Teams intakt bleibt."

Der perfekte Einstand gelinge hingegen, wenn neue Mitarbeiter freundlich lächelnd und offen auf ihre Kollegen zugehen und sich aktiv vorstellen – ohne die Hand hinzustrecken. "Erst, wenn einem diese vom Gegenüber gereicht wird, darf man zugreifen und schütteln", sagt Stargardt mit einem Augenzwinkern. Ebenfalls sollten Sie sich nicht in den Mittelpunkt zu drängen versuchen. Das kommt bei den neuen Kollegen meist nicht gut an. Ein wenig Smalltalk, aber nicht zu viel, ist dagegen immer gut. Falls in Ihrer Gegenwart gelästert wird, sollten Sie sich unbedingt heraushalten. Es dauert in der Regel ein wenig, bis Sie herausgefunden haben, mit wem Sie gut Scherze machen oder Privatesd austauschen können. Lassen Sie sich daher Zeit.

Reduzieren Sie zudem vor allem in den Anfangstagen private Kontakte während der Arbeitszeit. Sie hatten vorher eine längere Auszeit und Ihre Freunde und Verwandten sind es gewohnt, Sie tagsüber problemlos anrufen zu können? Weisen Sie sie auf Ihre neue Arbeitsstelle hin und stellen Sie gegebenenfalls Ihr Handy auf leise, damit Sie nicht gestört werden.

Interesse und Pünktlichkeit

Wer in den ersten Gesprächen gut ankommen will, sollte zudem Interesse am Arbeitsgebiet der Kollegen zeigen, indem er aufgeweckt, viele offene Fragen stellt. Geht es dann an den eigenen Arbeitsplatz, sollten Neue engagiert zu Werke gehen und zeigen, dass ihnen das Umfeld und die Arbeit gefallen, sowie Hilfsbereitschaft signalisieren.

Grundsätzlich gilt bei Geschäftsterminen, also auch am ersten Arbeitstag, Pünktlichkeit. "In Deutschland bedeutet das bis zu 15 Minuten vorher da zu sein", sagt die Chefin. Bei internen Meetings reichen allerdings fünf Minuten aus.

Sandra S. hat wie die meisten ihrer Kollegen ihren ersten Arbeitstag gut überstanden. Rundgang, Einführungsrunde und der Empfang aller Arbeitsunterlagen ging glatt. Ihre freundliche Art kam bei Chefs und Kollegen gut an.

Grundsätzlich gilt bei Geschäftsterminen, also auch am ersten Arbeitstag, Pünktlichkeit.
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Jedes Unternehmen hat eigene Prozesse

Wer gleich am ersten Arbeitstag Verbesserungen vorschlägt, ist bei den neuen Kollegen und Chefs schnell untendurch. Jedes Unternehmen hat seine eigenen Prozesse. Mit eigenen Entscheidungswegen und komplexen Strukturen, die Neulinge wahrscheinlich nicht einmal nach einem Monat komplett durchschauen. Sätze wie: "Ich kenne das aber anders – in meiner alten Firma haben wir das so und so gemacht", manövrieren ins Abseits. Engagement zu signalisieren und anpacken zu wollen ist super – Kritik am Arbeitgeber in den ersten Tagen jedoch völlig unangebracht.

Lesetipp: Feedback-Gespräch - Wenn Sie der Chef kritisiert

Sandra S. hat, wie die meisten ihrer Kollegen, ihren ersten Arbeitstag gut überstanden. Rundgang, Vorstellung bei den neuen Kollegen und der Empfang aller Arbeitsunterlagen ging glatt. Ihre freundliche Art kam bei Chefs und Kollegen gut an.

Persönliche Kontakte aufbauen

Unsicherheit am ersten Arbeitstag gehört dazu. Trotzdem empfiehlt Stargardt, sich von Tag eins an zu zeigen und den persönlichen Kontakt zu suchen. Besser, als eine Frage per E-Mail zu stellen, sei zum Telefon zu greifen oder im Büro der Kollegen vorbeizuschauen. "So entstehen Kontakte, die vielleicht bei der nächsten Projektarbeit von Vorteil sind", argumentiert die Expertin. Auch in den Pausen sollten Neue sich nicht separieren. "Wer gemeinsam mit Kollegen Mittagessen geht, erfährt beim Small Talk viel über sie und das Unternehmen."