In seiner jüngsten Studie widmete sich das Münsteraner Marktforschungsunternehmen den Anwendern, deren wichtigster Softwarelieferant gemessen am Lizenzvolumen nicht SAP ist. Sie kamen unter anderem zu dem überraschenden Ergebnis, dass die knapp 1.800 befragten deutschen IT-Leiter insgesamt bei rund 190 ERP-Anbieter einkaufen. Dabei ist SSA (ehemals Baan) mit 12,5 Prozent das einzige Unternehmen, das einen Marktanteil von mehr als zehn Prozent hat. Agilisys (Brain) und Navision kommen noch auf über fünf Prozent, alle weiteren Hersteller liegen darunter.
Zugegeben, bei den großen und größten Unternehmen Deutschlands mag kaum noch etwas ohne die Software aus Walldorf gehen, doch gerade für kleine und mittlere Firmen gibt es nach wie vor ein reichhaltiges Angebot. Dies hängt sicherlich mit der Struktur der deutschen Wirtschaft zusammen, die vor allem aus kleinen und mittleren Unternehmen besteht. Ein Mittelständler verhandelt nun einmal besser mit Gleichgesinnten und nicht mit Vertretern multinationaler Konzerne. Dort kann unmöglich die Rede davon sein, dass sich die Verhandlungspartner auf gleicher Augenhöhe bewegen.
Hinzu kommt die Branchenerfahrung: viele mittelständische ERP-Anbieter haben sich - zu Recht - in ihren Nischen eingerichtet, sie kennen das Umfeld, in dem sich die Kunden bewegen, ebenso wie die Produktionsprozesse innerhalb der Unternehmen. Entsprechend können sie angemessen auf die Bedürfnisse ihrer Klientel reagieren.
Und a propos reagieren: es dürfte unbestritten sein, dass kleinere Unternehmen nach wie vor flexibler und unbürokratischer agieren als internationale Schwergewichte. Auch dies gilt vielen Anwendern als Argument, ihre Anbieter nicht nur aus den nach Umsatz und Mitarbeitern gemessenen Marktführern zu wählen.
Last but not least - und da sind wir wieder bei der Raad-Studie - sind die Erfahrungen, die die so genannten Non-SAP-Anwender mit ihren Herstellern machten, durchaus sehenswert und fallen keineswegs schlechter als Beurteilungen der SAP-Anwenderschaft aus. Dies spiegelt sich zum einen in den durchschnittlichen Bewertungen einzelner Kriterien wie technisches Know-how, Branchenerfahrung oder Problemverständnis und Einfühlungsvermögen wider. Zum anderen geht auch das Noten-Ranking der einzelnen Hersteller in diese Richtung. In der nach Schulnoten bewerteten Skala gehen die ersten drei Plätze an die Command AG (Note 2,1), Ordat (2,1) sowie der Münchner ERP-Spezialist Soft M (2,2). Erst nach Proalpha (2,2) auf Platz Vier folgt mit IBM einer der Global Player der Branche. Navision wurde noch mit einer 2,4 bewertet, dagegen schnitt Microsoft mit seiner auf den Mittelstand zugeschnittenen Business Solution (2,8) schlechter als der Durchschnitt (2,5) ab. Ebenso wie Oracle (2,8). Markt- oder Marketingmacht sind nicht das beste Argument für eine Kaufentscheidung. Viele Anwender haben dies bereits erkannt, einige kommen vielleicht noch drauf.