Das Ende der SIM-Card

eSim: Vorteile, Nachteile, Sicherheit, Kompatibilität

22.03.2016 von Stephan Wiesend
Der Wechsel zur eSIM bedeutet das Ende der herkömmlichen SIM-Card, wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Eine herkömmliche SIM-Karte steckt aktuell noch in jedem Smartphone und ist an einen Betreiber wie T-Mobile, Vodafone oder O2 gebunden. Der Besitzer kann sie aber auswechseln und gegen eine an einen andere Provider gebundene Karte austauschen. Die sechs mal fünf Millimeter große eSIM oder auch Embedded SIM ist dagegen in dem Mobilgerät fest verbaut.

eSIM ist ein weltweit anerkannter Standard, den Gerätehersteller und Telekommunikationsunternehmen unter dem Dach des Mobilfunkverband GSMA vereinbart haben. Eine individuelle Identifizierungsnummer, die IMEI, ist vorgegeben, alle weiteren benötigten Daten lädt der Nutzer als Profil von einem Server des Providers und speichert sie auf der eSIM. Über dieses Profil erfolgt dann auch die Abrechnung der Dienste.

Wichtig ist die eSIM aber nicht nur für Smartphones und Tablets, denn auch Autos und Maschinen sind immer öfter ebenfalls mit Mobilfunktechnologie ausgerüstet. Auch ohne örtlichen Zugriff kann man Daten aktualisieren, beispielsweise, um nach einem Auto-Verkauf die integrierte Karte mit Daten des neuen Benutzers zu überschreiben. Lösungen für die Verwaltung von eSIM und die Karten selbst gibt es etwa von Giesecke und Devrient.

Der Unterschied zur Apple SIM

In einigen Ländern verkauft Apple das iPad Air 2, iPad Mini 3 und iPad Mini 4 mit einer so genannten Apple SIM. Diese SIM-Karte ist zwar eine programmierbare SIM-Karte, sieht aber äußerlich wie eine herkömmliche SIM-Karte aus. Nach dem Kauf ist sie keinem Provider zugeordnet. Über die Systemeinstellungen kann man unter mehreren Mobilfunkanbietern auswählen.

Die Vodafone-eSIM kommt als Kärtchen mit einem Download-Code.
Foto: Vodafone

Kauft man das iPad über einen Provider, erhält man das iPad dagegen mit einer Karte des Anbieters. Allerdings ist nach einer Aktivierung der Apple SIM der Wechsel eines Providers nicht ohne Weiteres möglich. So kann man offenbar eine für AT&T aktivierte Apple SIM nur noch mit diesem Provider verwenden - und muss beim Providerwechsel für fünf Euro eine neue SIM kaufen.

Wer bietet das schon an, wer will das anbieten?

Erstes in Deutschland erhältliches Gerät mit einer eSIM ist die Smartwach Gear S2, die Vodafone seit dem 11. März anbietet - für den einmaligen Gerätepreis von 380 Euro und 20 Euro im Monat für die Internetdienste. Auch O2 nimmt die neue Watch in sein Programm auf.

Samsung Gear S2 classic 3G
Foto: Samsung

Die Smartwatch kann sich direkt in das Mobilfunknetz einbuchen, zuvor muss man sie aber via Smartphone konfigurieren: Um die eSIM zu aktivieren, muss man eine Konfigurationsdatei herunterladen und per Bluetooth auf die Watch übertragen – mit Hilfe einer Samsung-App. Mit iOS ist die Watch nicht kompatibel, die App setzt Android 4.4 voraus.

Im zweiten Quartal 2016 will die Telekom eSIM unterstützen, aber vorerst nur bei Firmenlösungen für die so genannte Machine-to-Machine-Kommunikation.

Wie zukunftssicher sind die Geräte?

Hier gehen die Meinungen etwas auseinander. Laut der Telekom sind nur die Standards für den Bereich Machine-to-Machine abgeschlossen, bei Endgeräten wie Smartphones könne noch kein Hersteller langfristige Kompatibilität versprechen, so Teltarif. Laut Vodafone könne es allenfalls sein "dass die ersten E-SIM-Geräte nicht mit allen Netzen funktionieren." Das liege nicht an der Beschränkung auf das Vodafone-Netz, sondern daran, dass der eSIM-Standard sehr neu sei.

Für welche Apple-Produkte wäre eSIM denkbar, welche Vorteile ergeben sich?

Eine Nano-SIM ist zwar winzig, durch den notwendigen Steckplatz geht aber selbst bei dieser winzigen Karte Platz verloren.

Apple Watch

Besonders bei so genannten Wearables wie der Smartwatch, Datenbrillen und Fitness-Trackern spart die eSIM Raum und löst Designprobleme. Die Öffnungen für die SIM-Karte erschweren außerdem den Bau eines wasserdichten Gehäuses. Auch bei einer Apple Watch und einem Smartphone wird die eSIM Platz sparen – und nebenbei die Produktion vereinfachen. Nach unserer Meinung würde eine eSIM auch gut zu einem zukünftigen Macbook passen ...

Bei der Nutzung vieler Geräte mit SIM ist die Verwaltung einfacher – man kann beispielsweise per iPhone die SIM-Karten seiner Mobilgeräte aktivieren und deaktivieren – statt mit mehreren SIM-Karten zu hantieren. Laut Telekom soll einmal für das Einbinden eines neuen Gerätes das Scannen des Strichcodes per Smartphone genügen.

Man kann außerdem davon ausgehen, dass eine integrierte eSIM zuverlässiger als eine herkömmliche SIM ist - die vielleicht schon in vier oder fünf Smartphones gesteckt hat.

Wie funktionieren Provider- oder dem Rufnummernwechsel?

Will man den Provider wechseln, muss man eigentlich nur ein Profil des neuen Providers aufspielen. Auch vor dem Verkauf eines Smartphones kann man die eSIM löschen.

Was aber nicht mehr funktioniert: Dass man im Urlaub eine lokale Prepaid-Karte kauft und in sein Gerät einsetzt. Laut Aussagen der Mobilfunkbetreiber sollen aber gerade Reisende von der neuen Technologie profitieren - die eSIM unterstützt laut Spezifikation mehrere Provider. Man lädt einfach ein Profil des ausländischen Providers auf sein Gerät und kann sofort lossurfen. Je nach Gerät soll sogar die gleichzeitige Nutzung mehrerer Profilen möglich sein - etwa dem Heimat-Provider und einem Provider im Urlaubsort.

Wie sieht es mit der Sicherheit aus?

Bei der ersten Aktivierung einer eSIM verschlüsselt die Karte das Profil, die Kommunikation mit dem Provider erfolgt ebenfalls verschlüsselt - die eSIM ist laut Giesecke und Devrient so sicher wie die herkömmliche SIM. Kopieren und Manipulation seien so gut wie unmöglich. Ob ein Gerät mit eSIM anfälliger für Hacker ist, ist nach unserer Meinung reine Spekulation. Eine drahtlose Zugriffsmöglichkeit auf die eSIM bietet natürlich eine Angriffsfläche mehr. Beim Thema Datenschutz ändert sich nichts. Wie bisher ist eine einfache Identifizierung und Ortung eines Handy-Nutzers per IMEI möglich. In Deutschland waren schließlich noch nie "nicht zurückverfolgbare Prepaid-Handys" erhältlich.

Werden herkömmliche SIMs (inklusive Makro- und Nano-) verschwinden und wen stört das?

Die herkömmliche SIM hat für Kunden und Gerätehersteller viele Nachteile, es sollte sie aber zumindest als Parallel-Angebot noch die nächsten zehn Jahre geben. Negative Folgen kann die neue eSIM vielleicht für kleine Anbieter und Spezialisten wie z.b. Blauworld haben, die weniger Marktmacht und Online-Präsenz als große Telko-Konzerne besitzen. Ohne die Übergabe einer Karte fehlt den Telekomfirmen schließlich ein Marketing-Mittel, das die Gerätehersteller nutzen können.

Wie der Providerwechsel in der Praxis ablaufen wird, ist unseres Wissens ebenfalls noch nicht ganz klar. Das liegt aber auch in den Händen des Geräteherstellers bzw. Entwickler des Betriebssystems. Wir vermuten aber, dass man noch einige Zeit "Karten" kaufen kann, diese werden aber nur einen Download-Code enthalten.

Fazit

Etwas Misstrauen gegenüber Neuerungen der Mobilfunkbetreiber ist verständlich. Bei der neuen eSIM scheint es aber wenig echte Nachteile für die Nutzer zu geben. Vor allem für zukünftige Mobilgeräte ist die eSIM sehr sinnvoll. Die eSIM bringt vielleicht eher Nachteile für die Provider, da sich der Einfluss der Gerätehersteller erhöhen könnte. Allenfalls für Reisende könnte die fest verbaute SIM Problem bringen – man kann nicht mehr einfach eine Karte des besuchten Landes einsetzen. Für die meisten Endanwender ist es aber wohl schlicht irrelevant, ob ihre Karte bereits eingebaut ist oder nicht. Zumindest das Gefummel mit Mikro-Adaptern und Winz-SIMs bleibt einem dann zukünftig erspart.