Essengehen wird im kommenden Jahr noch mal deutlich teurer. Die Ampel-Koalition hat sich nach Angaben der Chefhaushälter von SPD, Grünen und FDP darauf verständigt, die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie ab dem 1. Januar 2024 wieder auf 19 Prozent anzuheben. Aktuell werden Speisen in der Gastronomie mit sieben Prozent Mehrwertsteuer belegt. Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga reagierte empört.
"Statt Steuerfairness zu schaffen und Essen einheitlich mit sieben Prozent zu besteuern, werden mit der Steuererhöhung auf 19 Prozent ab 1. Januar 2024 Tausende Existenzen gefährdet, der Verlust von Lebensqualität und gastronomischer Vielfalt provoziert", sagte Präsident Guido Zöllick laut Mitteilung. Die Mehrwertsteuererhöhung mache deutliche Preiserhöhungen nötig. "Damit trifft sie Normal- und Geringverdiener besonders hart", so Zöllick. Er warnte vor Umsatzverlusten, Betriebsaufgaben und Jobkündigungen - und in der Folge für den Staat gar nicht so viel höheren Steuermehreinnahmen als gedacht.
Preise seit Januar 2021 um rund 20 Prozent gestiegen
Die Mehrwertsteuersenkung wurde Mitte 2020 eingeführt, also in den ersten Monaten der Corona-Krise. Für einige Zeit galt wegen einer weiteren allgemeinen Mehrwertsteuersenkung sogar nur ein Satz von fünf Prozent, seit Januar 2021 waren es durchgehend sieben Prozent. Die Senkung für die Gastronomie wurde aufgrund der Energie-Krise und der zeitweise hohen Inflation besonders bei Lebensmitteln immer wieder verlängert. Die Bundesregierung verband damit die Hoffnung, dass die Gastronomen die Mehrkosten durch Energie und Inflation nicht sofort an die Kunden weitergeben.
Die Preise in den Restaurants, Cafés und Bars stiegen in den vergangenen beiden Jahren dennoch bundesweit deutlich: Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts kosteten "Gaststättendienstleistungen" im Oktober rund 20 Prozent mehr als im Januar 2021. Im Vergleich zu Februar 2022, also dem Monat, in dem der Ukraine-Krieg begann, liegt das Plus bei etwas mehr als 14 Prozent.
Geben die Gastronomen die Steuererhöhung eins zu eins weiter?
Was die nun anstehende Steueranpassung effektiv für die Preise in der Speisekarte bedeuten könnte, wird anhand einiger Beispiele deutlich:
ein Salat für jetzt 10,70 Euro kostet bald 11,90 Euro
für ein Nudelgericht für aktuell 15 Euro sind bald 16,68 Euro fällig
der Preis für beispielsweise ein Steak springt von 25 Euro auf 27,80 Euro
für weitere Beispiele: die jetzt in den Speisekarten aufgeführten Preise steigen mit dem Mehrwertsteuerplus um 11,2 Prozent
Voraussetzung für die Beispielrechnungen ist, dass die Gastronomen die Steuererhöhung eins zu eins an die Kunden weitergeben. Machen sie das nicht, verdienen sie mit jedem verkauften Gericht weniger als aktuell. Da die Preise für Lebensmittel und Energie absehbar weiter steigen, sind auch Preisaufschläge von mehr als den erwähnten 11,2 Prozent zu erwarten.
Branche steckt Corona-Pandemie noch in den Knochen
Für die Gastronomie und das Gastgewerbe insgesamt (inklusive Beherbergung) stehen damit absehbar weiterhin schwere Zeiten bevor. Die Branche hatte sich von der Corona-Krise mit den für sie besonders schwerwiegenden Einschränkungen noch nicht erholt, als der Ukraine-Krieg ausbrach und die Preise plötzlich in die Höhe schossen. Das zeigen einige Zahlen:
von Januar bis Juni 2023 erwirtschaftete das Gastgewerbe nominal 9,6 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2019, also vor der Corona-Pandemie, rechnet man die Preissteigerungen raus, steht ein Umsatzverlust von 10,4 Prozent zu Buche
die Zahl der Unternehmen im Gaststättengewerbe war vor der Pandemie relativ stabil und lag jahrelang zwischen 163.000 und 165.000; in den Jahren 2020 und 2021 mussten rund 27.000 Unternehmen schließen, für 2022 fehlen noch die Zahlen. Der Dehoga-Verband befürchtet, dass durch die Mehrwertsteuererhöhung nun weitere 12.000 Betriebe verloren gehen könnten.
Das Gaststättenverband war mit seiner Kritik an den Plänen der Bundesregierung zuletzt nicht allein. Anfang November machten sich insgesamt 17 Verbände für sieben Prozent Mehrwertsteuer in der Gastronomie stark. Mit dabei waren etwa der Deutsche Bauernverband, der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft und der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks.
Die Pandemie ist vorbei
Es gab aber nicht nur Kritik an der Entscheidung. Die "Wirtschaftsweise" Monika Schnitzer sagte im Deutschlandfunk: "Die Corona-Pandemie, die ist vorbei. Dass man weiterhin die Gastronomie extra unterstützt, ist nicht einzusehen." Und so entschied am Ende auch die Politik: Aus der Ampel-Koalition hieß es am Freitag, dass sieben Prozent Mehrwertsteuer in der Gastronomie aktuell nicht zu finanzieren seien. (dpa/rs)