Der Outsourcing-Markt stagniert laut Gartner und Everest - vor allem in Europa wegen der Schuldenkrise. Immerhin: Cloud Compute Services legen zu.
Die europäische Währungs- und Schuldenkrise bremst auch die Outsourcing-Aktivitäten der Firmen. Das berichten übereinstimmend sowohl die Analysten von Gartner als auch jene der Everest Group. Der Rückgang der Zahl an Outsourcing-Abschlüssen sei zum Teil auf die Schuldenkrise in Europa und andere ökonomische Faktoren zurückzuführen, sagt Salil Dani, Outsourcing-Experte der Everest Group. Überhaupt stagnierten die IT-Ausgaben in Europa.
Im zweiten Quartal dieses Jahres ist laut Everest Group im Vergleich zum Vergleichszeitraum des Vorjahres die Zahl der Neuverträge für IT- und Business-Process-Outsourcing (BPO) um ein Fünftel gesunken. 411 Abschlüsse zählten die Marktforscher im Vergleich zu 516 im zweiten Quartal 2011.
Verträge werden kleiner
Rückläufig sei ebenfalls das durchschnittliche Volumen der Verträge, so Dani weiter: „Der Markt wächst, aber die Geschwindigkeit des Wachstums verlangsamt sich.“ Neben der ungünstigen Gemengelage in Europa mache sich auch die Anti-Offshoring-Debatte in den USA negativ bemerkbar, die Teil des dortigen Wahlkampfes um das Präsidentenamt sei.
Gartner betrachtet in einer neuen Studie alleine das IT-Outsourcing und prognostiziert weltweit für dieses Jahr einen Anstieg um 2,1 Prozent. Im Vergleich zu 246,6 Milliarden US-Dollar in 2011 werden demnach bis Jahresende 251,7 Milliarden für IT-Outsourcing ausgegeben.
Outsourcing-Flops
Outsourcing-Flops Hier finden Sie einen Überblick über Pannen-Projekte im Outsoucing.
Bundeswehr und IBM/SIS Nach mehr als sieben Jahren Planung ging das Outsourcing-Projekt "Herkules", das noch vom Verteidigungsminister Rudolf Scharping angestoßen wurde, im Jahr 2006 an den Start. Den Zuschlag für das Mammut-Vorhaben im Wert von zunächst 6,8 Milliarden Euro über eine Laufzeit von zehn Jahren erhielten IBM und Siemens. Anfangs war auch T-Systems Mitglied des Bieterkonsortiums, schon vor Vergabe im Jahr 2005 stieg die Telekom-Tochter jedoch aus. Von Beginn an kämpft das Vorhaben zur Modernisierung der maroden TK- und IT-Infrastruktur mit erheblichen Problemen und Kostensteigerungen. Zwischenzeitlich hat der Bund derzeit sogar den Ausstieg aus dem Projekt erwogen. Die Betreiber betonen hingegen, dass acht von zehn Projekten erfolgreich implementiert wurden. Lediglich zwei Vorhaben zur Modernisierung der dezentralen Installationen haken, weil die Anforderungen an die IT-Arbeitsplätze seit dem Herkules-Start gestiegen sind. <br /><br /><a href=" http://www.computerwoche.de/management/it-services/1911724/" target="_blank">Hier geht es zum Artikel </a>
Arcandor und EDS Im Februar 2009 fällte der ums Überleben kämpfende Handelskonzern Arcandor die Entscheidung, seine IT zurück zu holen. Im Jahr 2007 hatte das Unternehmen die Betreuung der Anwendungen und die Mehrheit an der IT-Tochter Itellium an EDS (heute HP) übergeben. Die erhofften Einsparungen hatten sich nicht eingestellt. <br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/heftarchiv/2009/10/1226338/" target="_blank">Hier geht es zum Artikel </a>
Arcandor (Karstadt-Quelle) und Atos Origin Im zweiten Outsourcing-Deal hatte Arcandor (damals noch unter dem Namen Karstadt-Quelle) den Betrieb der Infrastruktur im Jahr 2004 an Atos Origin ausgelagert. Der Vertragswert belief sich auf 1,2 Milliarden Euro. Auch hier zeigte sich der Warenhauskonzern mit den Einsparungen aber auch mit den Leistungen unzufrieden, so dass schon früh Gerüchte über eine Trennung aufkamen. Zur Scheidung der Partner kam es jedoch nicht – beziehungsweise erst durch die Insolvenz des ehemaligen Handelsriesen. <br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/heftarchiv/2006/48/1216971/" target="_blank">Hier geht es zum Artikel </a>
BMW und Arxes Die Betreuung von 36 000 Desktops wuchs dem IT-Dienstleister Arxes im August 2008 über den Kopf. Er kündigte das Abkommen außerordentlich. Im April 2006 hatte BMW den Auftrag mit einer Laufzeit von drei Jahren an den Provider vergeben, der sich bis dato auf mittelständische Unternehmen konzentriert hatte. Das BMW-Abenteuer endete für Arxes bitter. Das Unternehmen wurde im Dezember 2007 von der TDMI-Holding übernommen, die wiederum im Juli 2009 Insolvenz anmeldete. <br /><br /><a href=" http://www.computerwoche.de/heftarchiv/2007/34/1220495/" target="_blank">Hier geht es zum Artikel </a>
BMW und Arxes Die Betreuung von 36.000 Desktops wuchs dem IT-Dienstleister Arxes im August 2008 über den Kopf. Er kündigte das Abkommen außerordentlich. Im April 2006 hatte BMW den Auftrag mit einer Laufzeit von drei Jahren an den Provider vergeben, der sich bis dato auf mittelständische Unternehmen konzentriert hatte. Das BMW-Abenteuer endete für Arxes bitter. Das Unternehmen wurde im Dezember 2007 von der TDMI-Holding übernommen, die wiederum im Juli 2009 Insolvenz anmeldete.
Deutsche Post und HP Im Januar 2008 hatten sich die Deutsche Post und Hewlett-Packard auf ein großes Outsourcing-Projekt mit einem geschätzten Volumen von drei Milliarden Euro geeinigt – im folgenden Juli machte der Logistik-Konzern einen Rückzieher. Man habe Risiken und Vorteile abgewogen und sich dann gegen das Outsourcing entschieden – lautete die Begründung. <br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/management/it-services/1869501/ " target="_blank">Hier geht es zum Artikel </a>
Philips und Dell/Getronics/Atos Origin Gut zwölf Monate nach dem Start war Schluss: Im Dezember 2004 hatte Philips angekündigt, für die kommenden fünf Jahre rund 75.000 Arbeitsplatzsysteme in 60 Ländern mit einheitlicher Hardware von Dell zu bestücken und von Getronics beziehungsweise Atos Origin betreuen zu lassen. Schätzungen zufolge hatte der Deal ein Volumen von 700 Millionen Dollar. Den Anbieter war es nicht gelungen, einen weltweiten Standard für die Arbeitsplatzsysteme einzuführen. Im Februar 2006 endete die Zusammenarbeit. <br /><br /><a href=" http://www.cbronline.com/news/philips_pulls_plug_on_dell_outsourcing_deal " target="_blank">Hier geht es zum Artikel </a>
Deutsche Bank und IBM Das IT-Outsourcing-Abkommen im Wert von 2,5 Milliarden Euro zwischen IBM und Deutschen Bank bereitete erhebliche Probleme. Kaum ein Jahr nach Projektstart schaltete sich etwa die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) ein, um Schwächen in der Notfallfähigkeit der ausgelagerten Systeme zu analysieren. Zuvor war ein Produktivsystem ein Tag lang ausgefallen. Einsparziele wurden anfangs verfehlt. Mittlerweile läuft das Projekt in ruhigen Bahnen. <br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/heftarchiv/2004/18/1053521/index.html" target="_blank">Hier geht es zum Artikel </a>
NHS und Fujitsu Die britische Gesundheitsbehörde National Health Service (NHS) beendete im Mai 2008 die Zusammenarbeit mit Fujitsu Services. Dem IT-Dienstleister oblag die Aufgabe, ein neues IT-System für die NHS im Süden Großbritanniens im Wert von 896 Millionen Pfund (etwa 1,1 Milliarden Euro) einzuführen. Gründe nannte die Behörde nicht. Unbestätigten Meldungen zufolge hatte NHS das Budget gedeckelt, weil die Kosten aus dem Ruder liefen. Für Fujitsu rechnete sich der Deal damit nicht mehr. <br /><br /><a href=" http://www.computerwoche.de/management/it-services/1865233/" target="_blank">Hier geht es zum Artikel </a>
Stadt Leipzig – IBM Kaum länger als ein Jahr währte die Liaison zwischen IBM und der Stadt Leipzig: Im April 2001 ging die Public Private Partnership (PPP) mit der Lecos GmbH an den Start, im Juli 2002 gab die IBM ihren 51 prozentigen Anteil wieder zurück. Die Hoffnung der Stadt auf Anstöße zur Verwaltungsmodernisierung durch einen externen Dienstleister wurde nicht erfüllt. <br /><br /><a href=" http://www.computerwoche.de/heftarchiv/2005/22/1051684/" target="_blank">Hier geht es zum Artikel </a>
KPN und Atos Orgin Der niederländische Carrier nahm im Juli 2007 ein auslaufendes Auslagerungsabkommen mit Atos Orgin zum Anlass, weite Teile der IT zurückzuholen. Die Partner hatten 2001 einen Outsourcing-Vertrag mit einer Laufzeit von sechs Jahren und einem Volumen von 1,1 Milliarden Euro vereinbart. Drei von sechs Rechenzentren wurden wieder in den KPN-Konzern integriert, weil der Carrier selbst Betriebsservices anbieten wollte. <br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/management/it-services/596405/" target="_blank">Hier geht es zum Artikel </a>
Kennen Sie problematische Outsourcing-Projekte? Wenn Sie Outsourcing-Projekte kennen, die gescheitert sind oder mit großen Problemen kämpfen, schreiben Sie uns eine E-Mail oder einen Forums-Beitrag. Gerne erweitern wir die Liste. <br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/forum/showthread.php?t=5413" target="_blank">Hier geht es zum Online-Forum der COMPUTERWOCHE</a> <br /><br /> <a href="mailto:jhackmann@computerwoche.de?subject=Flops im Outsourcing">E-Mail an jhackmann@computerwoche.de</a>
Wie die Everest Group verweist aber auch Gartner auf Schwierigkeiten in Nordamerika und Europa – sogar in China aufgrund ungünstiger Export-Entwicklung. Asien-Pazifik wird als entscheidender Wachstumstreiber betrachtet. Demgegenüber sinken laut Gartner in Westeuropa die Ausgaben für IT-Outsourcing in diesem Jahr um 1,9 Prozent.
Hemmschuh Compliance-Bedenken
„Erneut auftretender wirtschaftlicher Druck bremst das Bestreben vieler kommerzieller Unternehmen aus, ihr Augenmerk auf verbesserte Wettbewerbsfähigkeit anstatt auf Kostensenkung zu legen“, kommentiert Gartner die Lage auf dem Kontinent. Auch die öffentliche Hand werde sich auf Outsourcing-Initiativen verlegen, in deren Mittelpunkt Kostensenkung durch Rationalisierung und Effizienz stehe.
Cloud Compute Services sind laut Gartner mit einem Zuwachs von fast 49 Prozent das weltweit am stärksten wachsend Outsourcing-Segment. Für diesen Teilbereich des cloud-basierten Infrastructure-as-a-Service (IaaS) werden in diesem Jahr fünf Milliarden Dollar im Vergleich zu 3,4 Milliarden in 2011 ausgegeben, so die Prognose.
Noch umfasse dieses Segment vor allem die Automatisierung von Basis-Funktionen, so Gartner-Analyst Gregor Petri. Mit der nächsten Anwendungsgeneration erwartet er Fortschritte bei der Service-Zuverlässigkeit, Agilität und Personaleffizienz. „Bestehende Privacy- und Compliance-Bedenken könnten das Wachstum in manchen Regionen aber negativ beeinflussen – besonders dann, wenn Provider nur langsam lokalisierte Lösungen auf den Markt bringen“, so Petri weiter.
Ein globales Minus von einem Prozent gegenüber dem Vorjahr erwartet Gartner hingegen beim Data Center Outsourcing, einem reifen Segment, das mehr als ein Drittel des Gesamtmarktes ausmacht. „Der Markt für Data Center Outsourcing hat einen Wendepunkt erreicht“, analysiert Bryan Britz von Gartner. Diverse Processing-Systeme werden demnach bis 2016 durch neue Liefermodelle ersetzt, die auch kleinen und mittleren Unternehmen den Einstieg ermöglichen sollen.
Beim Application Outsourcing sagt Gartner bis Jahresende einen Zuwachs um zwei Prozent auf dann 40,7 Milliarden Dollar weltweit voraus. Geschuldet sei dies dem Bedarf vieler Unternehmen, große Umgebungen mit Legacy-Anwendungen und Off-the-Shelf-Paketen zu steuern.
54 Verträge mit hohem Volumen
Die Everest Group beobachtet in ihrer Gesamtschau auf IT-Outsourcing und BPO im Vergleich zum zweiten Quartal 2011 einen Rückgang des Vertragsvolumens von 2,6 auf 2,3 Milliarden Dollar. Wohlgemerkt geht es dabei anders als bei Gartner nur um neue Vereinbarungen.
Eine Vielzahl dieser Abschlüsse liegen laut Everest-Analyst Dani unter der Grenze von 25 Millionen Dollar. Lediglich 54 Verträge mit einem Volumen über 50 Millionen Dollar seien abgeschlossen worden, darunter zwei Megadeals mit einem Gesamtvertragswert von über einer Milliarde Dollar.