Europäische Firmen sind beim Cloud Computing die größten Muffel im internationalen Vergleich. Sie bleiben das auch in den kommenden Jahren, wie eine Studie des indischen Dienstleister Tata Consultancy Services (TCS) zeigt. Befragt wurden dafür 600 Großunternehmen aus aller Welt.
Laut Studie wurden im vergangenen in Europa zwölf Prozent der Anwendungen in der Cloud betrieben. In den kommenden drei Jahren wird dieser Anteil auf 24 Prozent steigen, prognostiziert TCS. Das ist zwar eine Verdopplung, dennoch wird Europa auch 2014 mit weitem Abstand Schlusslicht in dieser Hinsicht bleiben.
Größte Entwicklung im asiatisch-pazifischen Raum
In Reichweite sind dann allenfalls noch die Vereinigten Staaten, für die eine Steigerung von 19 auf 34 Prozent zu erwarten ist. Die klassischen Industrieländer stehen beim Cloud Computing also mitnichten an der Spitze der Bewegung. Das tut im regionalen Vergleich Lateinamerika. Dort werden schon heute 39 Prozent der Applikationen in der Wolke gehostet, 2014 werden es laut Studie 56 Prozent sein. Asien-Pazifik macht demgegenüber Boden gut. Mit einer vorausgesagten Steigerung von 28 auf 50 Prozent sorgt diese Region kurzfristig für die größte Dynamik auf dem Weltmarkt.
„Trotz des Hypes beherrschen Cloud-Anwendungen nicht die großen Firmen, auch wenn sich das erwartungsgemäß signifikant ändern wird“, heißt es in der Studie. Cloud-basierte Anwendungen seien bereits ein wesentlicher Bestandteil der IT-Infrastruktur großer Unternehmen, kommentiert TCS-CEO Natarajan Chandrasekaran. „Die sich unmittelbar daraus ergebenden Vorteile sind zu bedeutend, als dass sie ignoriert werden könnten“, so der Vorstandschef des Dienstleisters. Es gebe ein außerordentliches Wachstumspotenzial sowohl in entwickelten Industriestaaten als auch in Schwellenländern. „Wir sind davon überzeugt, dass Cloud Computing Unternehmen dabei helfen kann, in vielen Bereichen neue Wachstumsmöglichkeiten zu erschließen“, sagt Chandrasekaran.
Gleichwohl stehen gerade die europäischen Firmen nach wie vor fest auf On-Premise-Grund. Von den Cloud-Vorreitern hierzulande und anderswo auf dem Kontinent nennen zwei Drittel das Streben nach mehr Flexibilität bei den Applikationen als Triebfeder für den Weg in die Wolke. Mehr als 60 Prozent wollen so ihre IT-Kosten senken sowie Applikationen und Geschäftsprozesse standardisieren.
Kosten um ein Drittel gesenkt
Mehr als die Hälfte der Befragten nennen als Motive außerdem eine Senkung der Ausfallzeiten, eine Verbesserung der Wartung sowie schnellere Optimierung der Anwendungen. Nur nachrangig geht es europäischen Cloud-Anwendern um eine Verbesserung der Datenqualität und Analysefähigkeit.
Schon bis jetzt konnten diejenigen, die den Schritt in die Cloud wagten, die gewünschten Fortschritte zum Teil realisieren. Laut Studie konnten europäische Anwender ihre IT-Kosten durchschnittlich um 28 Prozent senken. In den anderen genannten Feldern konnten gemittelt jeweils um etwa 30 Prozent Verbesserungen erreicht werden. Deutlich besser sind die Vergleichsquoten in Lateinamerika. Allerdings wurden dort auch in vielen Fällen neue Applikationen als Cloud-Dienste überhaupt erstmals eingesetzt, was in Europa eher selten der Fall ist.
Die Studie zeigt auch, dass es für den Erfolgskurs von Cloud Computing entscheidend sein wird, den Sicherheitsbedenken der Unternehmen effektiv zu begegnen. Während Unternehmen weltweit insgesamt eher die Chancen durch Cloud Computing sehen, plagen europäische und nordamerikanische Anwender vorwiegend Sorgen – allen voran bezüglich der Sicherheit.
Die Unternehmen in Europa fordern von den Anbietern in erster Linie ein, für Datensicherheit zu sorgen. An zweiter Stelle der Forderungen stehen Zuverlässigkeit und Uptime. Erst danach kommen Provisionsfragen sowie rechtliche und regulatorische Kompetenzen ins Spiel.
Vor allen Dingen in Europa und den USA ist die Skepsis gegenüber dem Konzept Public Cloud ausgeprägt. Nur ein Fünftel der Unternehmen in diesen Regionen wäre ernsthaft bereit, unternehmenskritische Anwendungen in Public Clouds zu verlagern. Demgegenüber kommt für zwei Drittel der amerikanischen und die Hälfte der deutschen Firmen der Transfer von Kernanwendungen in Private Clouds prinzipiell in Frage. Kaum Bereitschaft herrscht allerdings darin, Kundendaten in die Wolke zu geben.
Kenntnisse im Projektmanagement fehlen
Interessanterweise fällt der größte Teil der Cloud-Budgets auf Lösungen für Anwendungen für den Kundenkontakt. In den vier Regionen belegen Marketing, Vertrieb und Services mindestens zwei Fünftel des Budgets. So wünschen sich Unternehmen zum Beispiel mit Hilfe von Marketing-Anwendungen aus der Cloud eine stärkere Bindung an ihre Kunden. Im Branchenvergleich gehen insbesondere Healthcare-Firmen, Finanzdienstleister sowie Automobil- und Hardwarefirmen zurzeit mit großen Schritten voran.
Neben den Sicherheitsbedenken nennen die europäischen Anwender drei Hürden auf dem Weg in die Wolke besonders oft: Es müsse erst noch bestimmt werden, welche Applikationen für die Cloud geeignet seien; der potenzielle Nutzen sei noch zu quantifizieren; zudem müssten die nötigen Skills fürs Projektmanagement aufgebaut werden.
Die Studie „The State of Cloud Application Adoption in Large Enterprises” ist bei TCS erhältlich.